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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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ihn mit einem hoffärtigen Selbstbewusstsein. Ich werde es zeigen!, sagte er ohne jeden echten Grund sich selber. Zeigen werde ich’s!
    Unterwegs entsann er sich seines Wortbruchs. Ätsch, Klára war um ihn nur bekümmert, sie hatte Angst um ihn, darum nahm sie ihm das Versprechen ab. Nun denn, sie soll nicht Angst haben! Frauen begreifen das nicht. Er wird’s erklären. Um den, der zu spielen versteht, braucht man keine Angst zu haben. Und er versteht es, das hat er diese Nacht bewiesen. Er wird es ihr erklären, und sie muss einsehen … sie wird einsehen … Und selbst wenn sie ein wenig besorgt sein sollte, es schadet nicht, wenn die Frauen um einen besorgt sind …

    Klára hatte die vier vollen, seit dem Rennen um den Königspreis vergangenen Tage in anderem Gemütszustand verbracht als László. Dass sie einander nicht treffen konnten, bedrückte sie, auch ihr fehlte die tägliche Nähe ihres Liebhabers, an die sie sich nun seit mehreren Monaten gewöhnt hatte. Zugleich aber war sie seit ihrer Kindheit gewohnt, dass andere über sie verfügten, dass sie irgendwo hingebracht, dass sie stets von jemandem begleitet und bewacht wurde und man ihr beinahe für jede Stunde des Tags ein Programm vorschrieb. Für sie war das nichts Neues, sondern gehörte zur Ordnung ihres Alltagslebens, so wie die Strenge des Klosters für die Nonnen keine Last, sondern einen natürlichen Zustand bedeutet, wo sie sich doch innerhalb der Regeln und trotz allen Bindungen frei fühlen. Die Stiefmutter hegte offensichtlich die Absicht, sie von László fernzuhalten; die Ausflüge und Besuche auf dem Land, die bis zur letzten Minute geheim gehaltenen Pläne, von denen László nichts erfahren konnte, veranlassten Klára zu einem mitleidigen Lächeln. Wie viel Mühe Mama Ágnes doch auf sich nahm, wie viele heimliche Telefongespräche sie führte und Botschaften austauschte, wie viel Schlauheit sie verschwendete, um dies alles zuwege zu bringen! Und wie vergeblich! Was verschlug es, wenn es für einige Tage oder sogar Wochen gelang, die Treffen zwischen László und ihr zu verhindern? Sie lieben einander, László spielt nicht mehr, und sie würde früher oder später vor den Vater hintreten und diese Tatsache eröffnen; und sie fühlte, sie werde am Ende siegreich bleiben. Lászlós Gelübde war für sie wie ein vergrabener Schatz, von dessen Vorhandensein nur sie wusste, und den kein anderer berühren, keiner wegnehmen konnte. Dieser Glaube machte sie glücklich, und während sie Frau Kollonich auf den von ihr ersonnenen Ausflügen ohne jeden Widerstand folgte, lächelte sie innerlich beinahe mitleidsvoll über die Fürstin.
    Auf diese Art durchlebte Klára die Tage, während Gyerőffy immer mehr von Verzweiflung überwältigt wurde.
    Der Fall der kleinen Zofe, der László so erschüttert hatte, berührte Klára kaum. Sie erfuhr über dessen Einzelheiten nicht das Geringste. An jenem Abend war sie von Fräulein Schultze bedient worden, und als sie nach Ilus fragte, sagte die deutsche Vorgesetzte der Dienstmädchen nur so viel: »Sie musste nach Hause gehen.« 22 Klára glaubte, die Eltern der Ilus hätten sie vielleicht gerufen, denn sie wusste nichts über sie, obwohl sie von ihr seit Jahren bedient worden war. »Unschön, dass sie sich von mir nicht verabschiedet hat«, dachte sie, »aber vielleicht musste sie wegen eines Todesfalls oder wegen einer Erkrankung gar plötzlich abreisen.« Sie meinte, Ilus werde zurückkommen, und so ging sie über die Angelegenheit zur Tagesordnung über.

    Zur Mittagszeit am Tag, an dem László am frühen Morgen in der Stimmung des triumphierenden Kartenspielers nach Hause gegangen war, saßen die Lubiánszky-Töchter und Frédi Wuelffenstein im Palais Kollonich beim Gabelfrühstück. In einer der Konversationspausen sprach Niki über den Tisch hinweg Wuelffenstein an: »Stimmt es, dass gestern im Casino ein ganz verrückt großes Spiel stattgefunden hat?«
    Frédi schob den krumm geschnittenen Mund vor und gab, vor sich hin blasend, nur so viel zur Antwort: »Pfuh! … Pfuh!« Denn er, in allem ein Engländer, war der Meinung, dass man über die Geschehnisse im Casino, zumal vor Damen, nicht zu sprechen habe.
    »Spielen auch Sie Karten, Graf Frédi?«, fragte Fürstin Ágnes scheltend, worauf Wuelffenstein die eckig wattierten Schultern hochzog und mit den Händen eine ungewisse Bewegung machte.
    »Oh natürlich«, antwortete der böse Niki an seiner Stelle, »er will es nur nicht eingestehen.« Und

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