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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Verlobung jetzt mit Wárday bedeutete einen Dolchstoß und eine Selbstanklage mehr. Hätte Montorio Klára geheiratet, wäre es auch schrecklich gewesen, aber dann hätte es zumindest die Begründung gegeben, dass Klára sich mit einem sehr großen Namen und Vermögen vermählt habe, dass sie für ihn von jeher unerreichbar gewesen sei. Doch so? Mit diesem Wárday? Der ihn weder an Vermögen noch an gesellschaftlichem Rang überragte?! Wenn Wárday nicht nur von Klára aus Zorn akzeptiert wurde, sondern auch von der Familie Kollonich, dann bedeutete das so viel, dass er, László, an allem schuld war, dass auch er sie hätte erringen können, wenn er, minder schwach, der Sünde nicht verfallen wäre und das eigene Glück am Kartentisch nicht verspielt hätte. Und bei allem Leiden war dies der schmerzlichste Gedanke. Nun hatte er niemanden, in der ganzen Welt niemanden mehr!
    Wozu noch leben …
    Die Terrasse mit ihrem Betonboden eignete sich wenig zum Tanzen, und auch die Nacht war warm. Die Jugend stieg darum bereits kurz nach ein Uhr auf den Rasen hinunter, wo es sich die Einzelnen auf Stühlen und Bänken bequem machten, und ihre Schar unterhielt sich bei Zigeunermusik. Ungarische Weisen, denen man nur zuzuhören pflegte, und westliche »Schmachtfetzen« lösten einander ab.
    László setzte sich zu den Leuten. Vom Kreis her, den die älteren Damen bildeten, nahm man ihn im Profil wahr. Fanny konnte ihn von hier aus gut beobachten. Er hatte seinen Korbstuhl ein wenig nach hinten gezogen, regungs- und wortlos saß er da. Bei dem einen oder anderen Lied hob er die Hand und markierte den Rhythmus, er schützte offenkundig vor, dass er die Musik genoss. Die ausgeliehenen Diener servierten Bowle. Einer von ihnen trat mit einem großen gefüllten Glas zu Gyerőffy und bot es ihm auf dem Tablett an, doch er wies es zurück. Heute Abend trank er nicht. Frau Berédys Herz verkrampfte sich bei diesem Anblick. Sie wusste, und manchmal hatte sie auch beobachtet, dass László dem Alkohol oft ausgiebig zusprach. Bei solchen Gelegenheiten beschloss sie jeweils, ihm dies, wenn sie über ihn gebieten würde, abzugewöhnen. Jetzt barg sich etwas Tragisches und Unheilverkündendes darin, dass er nicht trank, zur Linderung seines Leids kein Mittel suchen, sondern nüchtern bleiben wollte … als hegte er die Absicht, einen großen Entschluss ins Auge zu fassen und seinen Gram lebendig zu erhalten, damit er ihm zur Vollstreckung des selbstgefällten Urteils Kraft verlieh. Außer ihrer Männerkenntnis wurde die schöne Fanny auch durch ihre Liebe zu László zur Seherin, zu einer Frau mit instinktiver Einfühlungsgabe, sie bestärkte sie noch mehr im Vorsatz, achtzugeben und bei ihm zu bleiben.
    Manch eine der Mütter begann bereits zu dösen. Einige junge Paare machten sich zu einem Csárdás bereit. Mitten in dieser Bewegung erhob sich auch Gyerőffy, doch nahm er den Weg nicht zu den Tänzern, sondern schritt von der Rasenmitte zurück zur Villa. Frau Berédy spürte, dass er aufbrechen wollte. Sie musste ihm zuvorkommen! Ohne Aufsehen schlich sie sich fort aus dem Kreis um die Hausfrau, und da sie sich nahe beim Haus befand, brauchte sie bis zur Vorhalle nur einige Schritte; hier warf sie sich ihren Ballumhang um die Schultern, und ein wenig zurückweichend blieb sie vor einem der Wandspiegel stehen, als wäre sie dabei, ihr Kopftuch zurechtzurücken, damit der junge Mann, der auf den Treppenstufen vom Garten her erst jetzt langsam heraufstieg, sie bereits dort vorfinden sollte. Als er dann ganz nahe war, sprach sie ihn an: »Sie wollen auch gehen?«
    László fuhr leicht zusammen. »Ja … es ist genug …«
    »Dann begleiten Sie mich bis zur Kutsche … Hier gleich in der Nähe gibt es einen Stand.«
    »Gern, natürlich.«
    Die Frau wickelte sich das Spitzentuch um den Hals und den Kopf, beobachtete indessen im Spiegel den jungen Mann. Er stand neben ihr, sah aber nicht sie an, sondern musterte die vergoldete Jardiniere am Fuß des Spiegels, die mit künstlichen Blumen gefüllt war: geschickt verfertigte bunte, jedoch Jahre alte und staubbedeckte Blumen, für deren Ersetzung durch lebendige Pflanzen die Lubiánszkys nichts vorgestreckt hatten – die Vorhalle ließ man ohnehin im Halbdunkel, wozu sich hierfür auch noch in Unkosten stürzen?
    László betrachtete diese Kunstblumen und zeigte dann hin: »Die da, sehen Sie, sie sind wie das Leben. Aus der Ferne würde man meinen, es seien Blumen … Erst aus der Nähe, erst da

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