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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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tun pflegt. »Ja, freilich, du bist sehr lieb, und das zwischen uns war sehr gut … jedoch … nicht wahr«, fügte sie lachend hinzu, »die Regel lautet so, dass man die Speisen dann von sich schieben soll, wenn sie am besten schmecken … Was aber die kleine Klára angeht, dafür ist jetzt Zeit.«
    Ihre weise blickenden Katzenaugen verengten sich zu einer länglichen Linie. Sie dachte daran, was der immer wohlunterrichtete Devereux ihr tags zuvor gemeldet hatte: Es scheine, dass die Klára-László-Gyerőffy-Angelegenheit zu Ende sei; Gyerőffy gehe seit Tagen mit verdüstertem Gesicht in der Stadt herum, und die Kollonichs seien gestern unerwartet aufs Land verreist.
    Mehr wusste sie nicht, aber das reichte. Gyerőffys Geschichte mit Klára war aus, Frau Berédy wollte folglich frei sein und Wárday abtreten. Nach einer kurzen Pause griff sie die Frage wieder auf: »An deiner Stelle würde ich mich morgen in mein Auto setzen und nach Simonvásár fahren. Du kannst das ohne jedes Aufsehen tun, es wäre nur ein kleiner Abstecher, es liegt dir fast am Weg, wenn du in Richtung Baranya nach Hause fährst. So gegen Mittag ankommen … Station machen zur Essenszeit … Und bist du einmal dort, dann wirst du ohnehin sehen …«
    »Aber wirklich … Ich weiß gar nicht … Ja, es ist ein nettes Mädchen … aber ob ich ihr gefalle …?«
    Die schöne Fanny zuckte die Achseln. »Männer sind in solchen Dingen dümmlich. Wenn ich es dir sage … Und jetzt muss man handeln! C’est le moment psychologique!« Sie redete ihm weiter zu, während sie sich den Hut aufsetzte und die Handschuhe anzog. Schließlich trat sie zu Wárday und bot ihm die dünnen, geschwungenen Lippen: »Küss mich! … Und wir bleiben auch hernach gute Freunde …«

    Wárday hatte den Rat beherzigt. Sein Telegramm war am heutigen Nachmittag angekommen. Fanny schien wahrscheinlich, dass die Kollonichs auch die Lubiánszkys unterrichtet hatten, die ja ihre Nachbarn waren und mit denen sie intim auf gutem Fuß standen, und Gleiches galt wohl für Frau Szent-Györgyi. Sie würde, zusammen mit ihrer Tochter Magda, an der Gardenparty mit dabei sein. Wenn aber so viele die Nachricht bereits kannten, dann wird sie am Abend zur Sprache kommen, und die schöne Fanny wollte in der Nähe sein, wenn Gyerőffy die Neuigkeit erfährt. Ja, sie musste dabei sein … in seiner Nähe, unbedingt … ein verrückter Junge das, sehr ungestüm … und … und … sie musste unbedingt dabei sein … Deshalb war Fanny am Gartenfest der Lubiánszkys zu so ungewohnt früher Stunde erschienen.
    Sie schritt durch den anderthalb Meter breiten Vorgarten und stieg linker Hand ein paar Treppenstufen hinauf zur Halle der Villa, wo sie ihren Ballumhang abgab. Die Halle durchschnitt das ganze Haus. Sie war kaum beleuchtet, vielleicht darum, weil für den Blick, der von hier auf den Garten fiel, die dort brennenden Lampions besser zur Geltung kamen.
    Die Gastgeber empfingen sie tatsächlich auch schon mit der Nachricht von der Verlobung. Breit handelten sie die Neuigkeit mit Frau Berédy ab. Darin steckte keine Boshaftigkeit, denn die schöne Frau, stets peinlich darauf bedacht, nicht in Verruf zu geraten, zeigte sich mit ihren Liebhabern nirgends, sie trat mit ihnen in der Gesellschaft öffentlich nie auf, und dass Wárday jeweils am Mittwoch bei ihr speiste, wurde von der Außenwelt nicht zur Kenntnis genommen. Die schöne Fanny hörte ruhig und allem Anschein nach unbeteiligt dem uferlosen Gerede zu, das die Nachricht in Gang gesetzt hatte: »Wie unerwartet das gekommen ist, meine Liebe! So überraschend! Kein Mensch hat bisher bemerkt, dass er ihr den Hof machte. Klára macht eine wundersam mittelmäßige Partie, denn ihr Bräutigam hat ja nur ein bescheidenes Vermögen, und auch seine Verwandtschaft ist nicht gerade glänzend. Wir haben bisher gemeint, Montorio werde sie heiraten oder sonst einer aus Wien, das jetzt ist also eine Liebesheirat, etwas anderes kann es gar nicht sein, wenn sich ein so vornehmes, schönes und reiches Mädchen mit einem solchen eher zweitrangigen und uninteressanten jungen Mann vermählt.«
    Frau Berédy hörte all dem scheinbar gleichgültig zu, sie verteidigte ihren bisherigen Liebhaber mit keinem Wort, sie nickte, lächelte, zeigte sich einverstanden, aß Gefrorenes und fächelte sich – hatte aber ein forschendes Auge stets auf der breiten Treppe, über welche die Gäste immer zahlreicher in den lampionbeleuchteten Garten strömten. Allmählich wurde

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