Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
Vom Netzwerk:
es spät. Sie ängstigte sich bereits ein wenig, warum Gyerőffy so lange säumte, als er endlich im Eingang der Villa erschien.
    Sobald sie ihn erblickte, war sie gewiss, dass László von der Verlobung bereits wusste. Sie nahm ein merkwürdiges Licht in seinen etwas weiter aufgesperrten Augen wahr sowie einen kaum bemerkbaren, verzogenen Zug um den Mund, als presse er beißend die Zähne aufeinander. Mit erhobenem Haupt, hoch aufgerichtet und mit dem langsamen Gang eines Automaten kam er in seinem wie angegossen sitzenden Frack heran, näherte sich dem Kreis um die Hausfrau, und während er sich wiederholt mit leicht steifer Feierlichkeit verbeugte, küsste er den Damen die Hand.
    Eine der Frauen, versteht sich, sagte auf der Stelle: »Haben Sie es schon gehört? Klára Kollonich hat sich verlobt.«
    »Natürlich, sie ist ja meine Cousine«, antwortete Gyerőffy, und seine Lippen ahmten ein Lächeln nach, »sie hat es mir heute Nachmittag in einem Telegramm mitgeteilt.« Und er verzog sich leise, in den gegenüberliegenden Teil des Gartens, wo auf der Betonterrasse der Tanz bereits munter im Gange war. Fanny folgte ihm nicht, sie begleitete ihn nur mit den Augen. Gut so. Möge er nur tanzen, sie wird hier unter den Bäumen in der Nähe des Buffets und im Kreis der älteren Damen verbleiben. Keine Gefahr droht, solange Gyerőffy unter den Tanzenden weilt. Erst hernach, wenn er fortgeht, erst dann muss man achtgeben, sich bei ihm einfinden. Und die schöne Frau schien, wie sie sich weich im Gartenstuhl zurücklehnte, beinahe schläfrig zu sein, so gleichgültig hörte sie der allgemeinen Konversation zu, die man um sie herum führte. Nur eine dünne Spalte blieb zwischen ihren Wimpern offen – niemand hätte geahnt, wie wachsam sie beobachtete.

    Nach der Ungewissheit der Todeserwartung die Gewissheit des Todes – dies war Lászlós Empfindung, als er am Nachmittag das gewisse Telegramm erhalten hatte: »Seit heute Mittag bin ich Wárdays Braut. Klára.«
    So weit der Text. Damit beantwortete Klára den Brief, den er vier Tage zuvor nach Simonvásár geschickt hatte. Es war ein schlechter Brief gewesen: langfädig und verworren, voller ungeschickter Rechtfertigungen; die Sätze, lauter Versuche, sich reinzuwaschen, begannen mit: »Ich habe es nicht so ernst genommen …« »Verurteile mich nicht, solange Du nicht weißt …« »Am Ende, wenn Du es Dir richtig überlegst, ist es keine so gewaltige Angelegenheit …« Und dann enthielt der Brief halbwegs ausgedrückte Verdächtigungen, Klára sei gegen ihren Willen aufs Land fortgebracht worden, hernach aber folgten, unter Widerlegung des Vorangehenden, an sie selber gerichtete flehentliche Bitten, viele unnütze Worte, die, unter vier Augen mündlich vorgetragen, vielleicht Wirkung gezeitigt hätten, auf dem Papier hingegen bloß leere Phrasen blieben. Mit einem einfachen, demütigen Schreiben, mit einigen warmen, aus tiefster Seele aufbrechenden Worten hätte er vielleicht etwas Echo gefunden. Doch nichts ist schwerer, als das Unaussprechliche niederzuschreiben, und er hätte seine Gefühle selbst in gesprochener Rede nicht in Worte zu fassen vermocht, geschweige denn in einem Brief! Und zu allem Unglück hatte er alles noch mit einem Fehler vollends verschlechtert. Er hatte ihr auf einem Briefbogen des Nationalcasinos geschrieben, wo für das Mädchen selbst der Briefkopf für seinen Wortbruch stand, für sein Kartenspiel, allein das Papier schon schrie dies, bevor sie zu lesen begann.
    László erfuhr nie, was in Wirklichkeit geschehen war. Auch sonst bekam es niemand zu wissen. An jenem Morgen, an dem Papa Louis seiner Tochter erzählte, dass László vor seinen Augen Karten gespielt habe, und zwar auf die schlimmste Art eines Hasardeurs, bat Klára den Vater sogleich, sie möchten aufs Land wegfahren. Sie selber sprach die Bitte aus, denn sie wollte demjenigen, der sie betrogen und hintergangen hatte, nicht einmal mehr zufällig begegnen, nein, nein, nie, nie mehr! Ihm, von dem man nun jede Niedertracht und Falschheit glauben konnte, auch die Sache mit Frau Berédy, oh ja, jetzt auch schon die … dass er zu gleicher Zeit mit der Frau Berédy … und vielleicht sprachen und lachten die Leute darüber … Nein, nein! Nie mehr wollte sie ihn sehen … Und sie beschloss bereits jetzt, zwischen ihn und sich selber eine Mauer hochzuziehen, auf dass sie nie mehr … nie und nimmer!
    László wusste von all dem nichts, aber etwas ahnte und spürte er, und die

Weitere Kostenlose Bücher