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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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machte? Nein, das nicht! Du hast anderes zu tun, hast deine Arbeit und Berufung, früher oder später solltest du auch heiraten, eine Familie, einen eigenen Herd gründen, zu Hause in Ruhe und Frieden arbeiten – wozu ohne jeden Grund einen Sturm heraufbeschwören, ja, ohne jeden Grund, wozu?
    Rasch schritt er auf dem gewundenen Pfad dahin, und jetzt, in seiner Erregung, gab er auf nichts acht. Beinahe vollständiges Dunkel umgab ihn hier. Die Kronen der Bäume schlossen sich oben, aus ihren Rinden brachen tausend Seitentriebe hervor, lauter von Blättern vollbesetzte Besen, um ihren Stamm schossen Weidenbüsche von drei- oder vierfacher Menschengröße in die Höhe, dicht nebeneinander wie Hanf, und unter und zwischen ihnen leuchtete tiefgrün der Holunder, dazu Spindelstrauch und Bocksdorn sowie alle Arten von Waldstauden, und als genügte dies alles noch nicht, fand sich allerlei Unkraut mit seinen an Schirmen fliegenden Samen, Bocksdorn, Kälberkropf und Knollenkerbel wuchsen, Engelwurz, Haarstrang und stattliche Schierlinge zu Hunderten mit Stengeln, die zwei Meter erreichten und so dick waren, als gehörten sie einem Bäumchen. Und diese Unzahl von Pflanzen, unter welchen dicht geschlossen auch große Kletten standen, wurden verwoben, herabgezogen oder gebunden von den Ranken des wilden Hopfens, der auf den Ästen nach oben geklettert war, um dann wieder zurückzufallen und sich mit den Fäden der Winde zu vereinigen, die mit ihren matten Knospen zu dem Ganzen, den Hunderten wuchernder Gewächse und zum Astwerk von Bäumen und Büschen, eine weitere bunte Note beitrug; an mancher Stelle flatterte bereits die eine oder andere ihrer offenen Blüten, als wäre sie ein frei schwebender Schmetterling. Über den Pfad wiederum krochen Brombeerranken auf hinterhältige Art.
    Ein richtiger Urwald, als stünde er in den Tropen, so üppig und reich war diese von Überflutung durchtränkte Erde, welche die Pestwurzblätter zu Tausenden bedeckten; sie entzog sich denn auch dem Blick, nur die darüber sprießende Pflanzenwelt kündete davon, wie fett und wahnwitzig fruchtbar sie war.
    Bálint konnte sich den Weg durch das Dickicht an manchem Ort nur unter Aufgebot aller Kräfte bahnen, obwohl er dem ausgetretenen Pfad folgte. Anderswo hätte es für ihn gar kein Durchkommen gegeben. Der Hauptarm des Aranyos war nun nahe. Dämmriges Licht verbreitete sich bereits im Laubwerk. Hier musste er eine von Riedgras bewachsene morastige Stelle überqueren; der sumpfige Boden gluckste bei jedem Schritt. Das Wasser, vom vorjährigen Schilf wie von einer Wand verdeckt, war noch nicht sichtbar. Endlich gelangte er ans Ufer, an eine flache Kiesbank; der Fluss hatte sie auf diese Seite gedrückt, das andere Ufer aber zu einem waagrechten Abhang ausgewaschen. Ein alter, angeschwemmter Baumstrunk lag da, in den Kieshaufen vergraben. Bálint blieb daneben stehen.
    Hier musste sich die Furt befinden, die er mit seinem Pferd so oft durchquert hatte – damals bei seinen Abstechern zu Dinóra. Hier führte der kürzeste Weg nach Marosszilvás. Er kannte ihn gut. Oft war er hier auch in stockdunkler Nacht vorbeigeritten. Dort weiter unten musste man sich am anderen Ufer hocharbeiten und dann der Akazienreihe folgen. Die Gemeinde Hadrév war linker Hand zu passieren, und dann ging es über den Eisenbahndamm. Hernach kam Marostere, und dann war man schon da.
    Das vielleicht brauchte es … vielleicht wäre dies am besten … Die kleine Dinóra aufsuchen, sie hatte ihn ja eingeladen, und alles neu beginnen … Das sollte man tun. In Budapest hatte ihn die Erinnerung an Adrienne nicht so schwer verfolgt. Sie war von Zeit zu Zeit erwacht, doch nicht so wie hier, nicht auf diese zudringliche, gebieterische Weise … Dinóra war lieb, er kannte ihren Duft, ihre Haut, alte Erinnerungen verbanden sich mit ihr, bei ihr würde er nicht von jener Art von Ekel erfasst wie bei den Mädchen in Pest nach einer Liebesnacht … Genau! Das war es, was zu tun war! So musste man Träumereien dieser Art besiegen. Wenn er mit jemandem ein Verhältnis einging … Dergleichen kam doch nur davon, dass sein Körper seine Wünsche hatte … Nun, man musste ihn ermüden. Man muss die Bestie befriedigen, dachte er lächelnd, und dazu taugt die kleine Dinóra am besten …
    Ihm fiel der »Bikfic« ein. Ach, der wäre doch auch egal, und die kleine Frau hatte ohnehin gesagt, sie habe ihm den Laufpass gegeben. Und selbst wenn das nicht wahr sein sollte – einerlei! Dinóra

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