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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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hielt nicht so viel von Ausschließlichkeit …
    Er wandte sich heimwärts. Acht Uhr war schon vorbei. Er musste zum Frühstück bei der Mutter im Schloss sein. Dahin stand ihm aber noch ein weiter Spaziergang bevor. Zurück ging er einen anderen Weg, der zwischen den Parzellen mit Luzernen führte. Bevor er die Insel verließ, blieb er auf der Brücke stehen und drehte sich um. Wie anders das Bild nun war! Die Sonne hatte einen vollen Triumph errungen. Alles glänzte nun hell, das Bild der Landschaft hatte seine Rätselhaftigkeit verloren, es war immer noch wunderbar, aber offenkundiger, nüchterner … Er bedachte nochmals den Beschluss, den er auf der Kiesbank gefasst hatte. Dinóra also? Ja, das wäre klug … Der innere Kritiker, der stets so hellwach war, meldete sich zu Wort: Und du sollst nicht nach Almáskő, sonst würdest du die Sache mit Addy neu beginnen!
    Sein anderes Ich, das leichtfertigere, widersprach. Es redete nicht aufrichtig, sondern heuchlerisch. Dies ist, was es sagte: Aber wir haben es Pali Uzdy versprochen. Adrienne spielt keine Rolle. Ihr Mann dagegen würde es merkwürdig finden, es sähe so aus, als ginge ich nirgends hin, wo er sich aufhält. Das ist ungut, unklug, es könnte Verdacht erwecken …! Der richtende Teil wies den anderen zurecht: Erzähl keine Lügengeschichten! Du willst nur darum hinfahren, um die arme Frau weiterhin zu betören, das ist gewissenlos! Und der zweite: Ach, keineswegs! Wer will schon wissen, ob ich dort mit ihr je allein bliebe, die Schwiegermutter, der Gatte, alle sind da, dort kann ich wirklich nichts derartiges tun, und ich täte es auch nicht, nein, nicht um die Welt! Auf solche Art stritten die Besonnenheit und das Begehren in Bálints Seele. Zu einem Ergebnis kamen sie nicht, denn Bálint erblickte den Stallmeister und einige Pferdeburschen, die mit drei Reitpferden von der Galoppbahn gerade heimwärts zogen und jetzt aus östlicher Richtung auf die große Lindenallee zuhielten. Er ging auf sie zu und ließ sie anhalten.
    »Ich war im Auwald«, sagte er, »bei der alten Furt. Ist sie noch begehbar?«
    »Das Hochwasser im letzten Jahr hat sie zerstört«, antwortete der Stallmeister, »aber wenn Sie es wünschen sollten, bitte, werden wir nach einer anderen Stelle suchen.«
    »So? Zerstört? Nun, ich werde sehen. Es eilt nicht. Sehen Sie bei Gelegenheit nach.«
    Er tätschelte den schönen, von der seidenen Mähne bedeckten Hals des Pferdes. Die anderen setzten ihren Weg zur Allee fort, während Bálint auf dem Weg ging, entlang welchem die Paddocks der Stuten standen. Er betrat sie nicht, obwohl er die Stuten und ihre Fohlen gern gesehen hätte, aber ihm war eingefallen, dass er die Freude der Mutter verderben würde, sollte er die Tiere ohne sie besichtigen. Ihr Gestüt war der größte Stolz von Róza Abády, sie zeigte und erklärte ihre wunderbaren Pferde überaus gern; sie würden gemeinsam hingehen. Eilig schritt er zwischen den Pyramideneichen und lief dann hinauf in sein Zimmer, wo er sich rasch umzog, um nicht durchnässt und beschmutzt vor die alte Frau zu treten.

    Der Kleiderwechsel und das Waschen nahmen mehr Zeit in Anspruch, als er gedacht hatte. Als er fertig war und sich in den ersten Stock hinaufbegab, saß Róza Abády schon auf der Veranda, die Aussicht vor sich, und hatte dem Frühstück bereits zugesprochen. Es war ein üppiges Siebenbürger Frühstück: kaltes Fleisch, geräucherter Speck, Schmalzgebäck, Flammkuchen und Gebackenes anderer Art, Butter, Tropf- und Wabenhonig, Früchte und natürlich Kaffee mit Büffelmilch. Gräfin Róza kostete von all dem kaum, sie trank nur Kaffee und aß reichlich Erdbeeren, doch weil ihr daran lag, alles so weiterzupflegen, wie es von eh und je gewesen, ließ Frau Baczó jeden Morgen eine Unmenge von Speisen auf den Tisch stellen, als decke man für zehn Personen. Für Bálint stand heute auch Tee da.
    Nach dem Handkuss und der Begrüßung machte sich Bálint an das Frühstück. Vom ausgiebigen Spaziergang ermüdet, verspürte er nun einen Wolfshunger. Frau Abády weidete sich am Anblick des Sohns. Ab und zu rollte sie auf ihrem Teller eine dicke Erdbeere im Puderzucker, doch zumeist dauerte es eine gute Weile, bis sie hineinbiss.
    Ein schalkhaftes Licht spiegelte sich in ihren leicht vorquellenden, grauen Augen. Das aber kam daher, dass sie nach ihrer Gewohnheit auch heute zu den Stallungen hinuntergegangen war, da sie anwesend sein wollte, wenn die Reitpferde vom Training heimkehrten. Bei

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