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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Nagyvárad einen schön gefühlvollen Brief übergeben hatte; darin hatte er das zuletzt zerrissene Band wieder angeknüpft und gefragt, ob sie sich insgeheim irgendwo in der Umgebung treffen könnten.
    Die Antwort des Mädchens traf nach etwa zwei Wochen ein. Sie bestand aus einem dicken Päckchen, dem auch der Brief beigefügt war, den Abády Adrienne übergeben und den sie der Schwester zurückgeschickt hatte. Der Brief war damals geschrieben worden, als Judith von Wickwitz die Zeilen über den Bruch erhalten hatte. Dies galt nun als gegenstandslos, da doch Wickwitz zu ihr zurückgekehrt war. Die arme Judith legte den Brief nur zur eigenen Rechtfertigung bei und berichtete, dass sie ihn dem Pferdeburschen Abádys anvertraut, BA ihn aber seinem Knecht ohne Berechtigung weggenommen habe, dass aber daraus weiter nichts Schlimmes entstanden und der Brief zu ihr zurückgekommen sei. Dann folgten verliebte Sätze – »Ich stehe voller Glück zu Ihnen … Ich lege mein Leben in Ihre Hand …« – sowie Einzelheiten darüber, dass sie streng überwacht werde, dass es unmöglich sei, sich zu treffen, dass dies aber in Klausenburg leichter wäre, wenn man mit ihr aus irgendeinem Grund dorthin fahren sollte.

V.
    Abády war doch nicht nach Budapest gereist. Es hätte sich tatsächlich kaum gelohnt wegen einer einzigen Sitzung, an der das Abgeordnetenhaus über ein Verbot entschied und alle Staats- und Kommunalbeamten zum Widerstand aufrief. Das ganze Land wurde von heftigem Fieber geschüttelt. Jeden Tag wandten sich mehr und mehr Komitate und Städte gegen das neue Kabinett, das man, da Fejérváry bisher Befehlshaber der Trabanten-Leibgarde gewesen war, als die »Trabanten-Regierung« verspottete. Kristóffy, der Innenminister der Trabanten, antwortete mit der Ankündigung des allgemeinen Wahlrechts, worauf sich die gewichtigeren Persönlichkeiten der miteinander verbündeten Parteien in Bewegung setzten, um die Wirkung auszugleichen, welche die demokratische Parole hätte auslösen können: »Wir wollen das Volk hinter den Festungsmauern der Verfassung unterbringen, nicht in den Ruinen der Verfassung.« Apponyi hatte diese These in Sopron als Erster ausgesprochen, und sie wurde zum Wahlspruch des gesamten nationalen Widerstands. Es war ein treffender Satz, denn er drückte die Überzeugung aller aus. Allgemein herrschte die Auffassung, dass es nun nicht wie bisher um Parteiengeplänkel ging, nicht um die Gefechte zwischen der Rechten und der Linken, sondern um etwas anderes, viel Ernsthafteres, um den Terror, mit dem sogar der Ausgleich von 1867 beiseitegeschoben und die ganze bisherige Lebensform umgestürzt worden war. Unausgedrückt und ohne Begründung stieg doch in allen die Ahnung auf, dass geheime, unsichtbare Kräfte am Werk waren, feindliche Einflüsse, die zum Ziel hatten, das Land unter Wiens zentrale Herrschaft zu zwingen. Besonders bestärkt wurden die Leute in dieser Annahme durch die Tatsache, dass sich auch Tisza gegen die Trabanten-Regierung wandte. Gegner wie Anhänger legten seine Stellungnahme in diesem Sinn aus. Es schien, als wäre die Ernennung einer außerparlamentarischen Regierung die erste Station eines weiter reichenden Plans. Selbst Abgeordnete wie Abády, die von der Notwendigkeit der militärpolitischen Vorschläge überzeugt waren und wegen der Obstruktion und der lauten Phrasen sich der Opposition entfremdet hatten, traten deshalb jetzt in die Schranken, um die Trabanten-Regierung zu bekämpfen. Abády tat dies umso eher, als das, was ihm Slawata über die Pläne des Thronfolgers mitgeteilt hatte, mit dem übereinstimmte, was die Öffentlichkeit, obwohl uneingeweiht, doch zu spüren meinte.
    Die Regierung annullierte die Beschlüsse der Komitate. Die Vizegespane, die sich widersetzten, wurden suspendiert. Anstelle der Obergespane, die abgedankt hatten, ernannte man neue. Die Regierung ordnete an, dass zu deren Amtseinsetzung Komitatsversammlungen abzuhalten seien. Dieser Akt stand nun in Maros-Torda bevor.
    Nicht nur im Komitat, sondern im ganzen Land sprach man schon seit Wochen darüber, dass diese Amtseinführung verhindert werden müsse. Am Tag vor der Versammlung stellten sich in Vásárhely bereits unzählige Leute ein. Die Stadt bot ein feierliches Bild. Zahllose Menschen spazierten auf dem Hauptplatz. Der Gehsteig vor dem Café Transsylvania war dicht besetzt. Wie sollte es anders sein, wo doch der große Sámuel Barra, der Stolz des Komitats, an einem der Marmortische saß,

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