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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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leichthin. »Diese Dinge sind weder für Sie noch für mich so wichtig. Wenn Sie mich also schon um Rat fragen, dann ist das wirklich meine Empfehlung.«
    »Habe ich Sie etwa beleidigt?«, fragte Wickwitz mit vorzüglicher Traurigkeit.
    »Ach, wo! Im Gegenteil, es ist gut, dass Sie mir die Ehre erwiesen und mich Ihres Vertrauens gewürdigt haben … Und vorläufig, bis die Ehe geschlossen wird, sind Sie bei mir willkommen … so wie bisher. Wirklich! Das macht keinen Unterschied!« Und nun erlaubte sie, dass Baron Egon ihren Arm mit Küssen bedeckte. Als aber Wickwitz vor Aufbruch die Briefe wieder an sich nehmen wollte, gab sie die Frau nicht her.
    »Ich werde sie aufbewahren. Es ist tatsächlich gefährlich, sie in einem Hotelzimmer zu halten«, sagte sie auf ihre entschiedene Art. Sie trat zum Schreibtisch und verschloss die Briefe in der Schublade. »Da sind sie am richtigen Ort.«
    Das schlaue Manöver war also schlecht ausgegangen. Und noch viel schlechter, als Wickwitz glaubte, denn nachdem er mit der Kutsche weggefahren war und die Frau ihm aus dem Fenster zum Abschied gewinkt hatte, stellte sie über ihn Folgendes fest: Ein angenehmes Tier, aber ein niederträchtiger Mensch. Und dämlich. Noch dämlicher, als ich geglaubt hatte. Mich hat er mit diesem Trick aus dem Busch klopfen wollen. Und er stellt dabei das arme Mädchen bloß. Gut, dass ich ihre Briefe bei mir habe. Dann streckte sie sich wollüstig, öffnete ihren Sonnenschirm und begab sich zum Kuhstall, um sich um das abendliche Melken zu kümmern.

    Wickwitz ärgerte sich. Zu Hause angekommen, machte er Kasse. Er hatte kaum mehr als einige hundert Kronen. Er prüfte seine Rechnungen. Richtig. Die Prolongation von Dinóras Wechseln hatte im Februar 830 Kronen gekostet und im Mai nochmals gleich viel. Und inzwischen hatte er auch leben, beim Fasching mitmachen müssen. Das Geld war ihm allerdings durch die Finger geronnen. So konnte das mit ihm nicht weitergehen. Er geriet im Hotelzimmer tief ins Grübeln. Irgendetwas musste er unternehmen. Nun blieb nur noch Judith übrig. Ihre Entführung war vorzubereiten. Etwas anderes bot sich nicht an. Dazu aber brauchte er Zeit und Geld. Er musste folglich jene Wechsel einlösen, die er »zur Sicherheit« aus Frau Abonyi herausgelockt hatte. Es gab keinen anderen Weg.
    Einige Tage später machte er die Reise nach Vásárhely, wo er bei Bankdirektor Soma Weissfeld vorsprach. Der Herr Generaldirektor fügte sich aber nicht. Als Baron Egon die Unterschrift Dinóras vorlegte, wies er rundweg jede Verhandlung zurück.
    »So etwas tun wir nicht, bitte. Schon das letzte Mal, bitte, nur darum, bitte, weil Sie zu sagen beliebten, dass die Gräfin alles begleichen werde, sobald sie ihre Rapsernte verkaufe, bitte, nur darum, bitte. Seither haben wir auch prolongiert, bitte! Das ist keine ordentliche Sache, bitte …«
    Wickwitz starrte den Herrn Direktor vergeblich unheilverkündend an, dieser gab jetzt kein bisschen klein bei, ja er drohte beinahe: »Wenn der gnädige Herr Abonyi das erfahren sollte, bitte, was würde dann passieren, bitte?«
    Der Weg war offenbar unbegehbar, man musste etwas anderes versuchen.
    Wickwitz ging später, schon in Klausenburg, in ein Kaffeehaus auf der Vasút-Straße, wo sich, soviel er wusste, Agenten zu versammeln pflegten. Dort steckte er als Erstes dem Oberkellner ein gut bemessenes Trinkgeld zu und fragte ihn dann, ob er jemanden kenne, von dem sich Geld borgen ließe. Als Ergebnis dieser Vermittlung reiste er nach Großwardein. Von einem »Privatbankier« namens Blau bekam er dort für zwölftausend Kronen neuntausend. Berechnet wurde ihm das freilich für sechs Monate. Ein hoher Preis, allerdings, aber er stand unter Zwang. Noch schlimmer, dass er diesmal die Wechsel auch selber hatte unterzeichnen müssen. Das ist nicht gut, stellte er nachträglich für sich fest, kein bisschen gut. Solange einzig Dinóras Name dastand, hätte man alles leugnen können. Es gab keine nachweisbaren Spuren, niemand hätte gegen ihn auftreten können. Und im Notfall wäre es ihm freigestanden, alles in Abrede zu stellen. In einer Frauenangelegenheit war sogar ein Ehrenwort zulässig und allgemein akzeptiert. Die Diskretion galt als die erste Pflicht eines vornehmen Herrn. Doch so, dass er nun selber unterschrieben hatte, war es nun ernst, sehr ernst. Sechs Monate! In dieser Frist musste er die Sache in Ordnung bringen. Es eilte. Ein Glück, dass er dem kleinen Zoltánka bereits vor dem Ausflug nach

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