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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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wenn Adrienne seine Geliebte würde. Der nach Frauen jagende Mann war zum Vorschein gekommen, er hatte alle Rücksichten von sich getan, geblieben war das auf Beute und Eroberung sinnende Urtier der Liebe, das weder Hindernisse noch Gesetz, noch Erbarmen, sondern einzig das rasende und unterjochende Begehren kennt und dafür notfalls auch zu töten bereit ist.
    Und seine Einbildungskraft malte ihm in ungewissen Vorstellungen betörend lüsterne Bilder aus.

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Sechster Teil

I.
    Das großstädtische Leben kam in Budapest im Frühherbst 1905 allmählich wieder in Gang. Die Theater öffneten ihre Tore. Auch einige Konzerte waren bereits angesetzt. Frau Berédy kehrte vom Gut ihres Mannes zurück. Der Aufenthalt auf dem Land, besonders im Anwesen ihres Gatten, war ihr zuwider. Sie verbrachte dort nur so viel Zeit wie unbedingt nötig. Ihr Hof, Szelepcsényi, d’Orly und die anderen, weilten schon in der Hauptstadt. Deshalb eröffnete sie wieder die Reihe ihrer Mittwoch-Diners.
    Sie empfing nun einen Gast weniger; den Platz Wárdays hatte sie durch keinen anderen ersetzt. Der Unterschied bestand jetzt einzig darin, dass es nun László war, der sich vor den anderen Eingeladenen verabschiedete; er murmelte irgendeinen Vorwand und entfernte sich eine halbe Stunde vor Schluss. Zuoberst auf der Treppe zog er den Mantel an und huschte durch die von einem Vorhang verdeckte Tür gegenüber. Dort befand sich ein kleiner Vorraum, von dem eine Tür links zur Dienstbotentreppe führte, und diejenige rechts in Fannys Schlafzimmer. Er trat rechts ein und schob sofort den Riegel vor. So war es jedes Mal genau auszuführen. Die schöne Fanny hatte ihn ausführlich instruiert. So solle er handeln, jeden Zufall ausschließen. Es könnte vorkommen, dass ihr Stubenmädchen aus irgendeinem Grund ins Schlafzimmer wollte, und sie würde ihn vorfinden! … Ihn entdecken, alles erfahren! … Das dürfe nicht geschehen. Das wäre fatal! Ihr Mann hatte klar erklärt: »Du kannst tun, was dir beliebt, es interessiert mich nicht. Auch ich tue, was mir passt. Ich will aber nichts wissen, und ich will nicht, dass sonst jemand etwas weiß. Auch die Bediensteten nicht, niemand. Es sollte dir klar sein, worauf du dich gefasst machen musst, wenn es je eine klar belastende Aussage gegen dich geben sollte.« Dies war vor langer Zeit und nur einmal gesagt worden, damals, als sie das Leben von Eheleuten aufgegeben hatten, aber Fanny kannte ihren Mann und wusste, dass er sie, wenn sie dazu Gelegenheit böte, gern verjagen würde. Sie sah nach acht Jahren noch immer seine kalten Reptilaugen und den erbarmungslosen Zug um seinen lippenlosen Mund vor sich.
    Sie passte ihr Leben entsprechend an. Ihr jeweiliger Liebhaber besuchte sie einzig in Gesellschaft beim Diner. Das Personal begab sich nach Beendigung des Dienstes zur Ruhe. Wach blieb im kleinen Palais einzig der Pförtner, der das nach französischem Vorbild gestaltete Tor mit einer Schnur auf ein Glockenzeichen öffnete, das man ihm aus der Wohnung gab. Fannys jeweiliger Freund blieb nur eine Stunde länger als die anderen Gäste; wer aber wann, zusammen mit anderen oder allein fortging, das konnte niemand kontrollieren, und wenn die letzte Öffnung des Tors nicht allzu spät nach Mitternacht erfolgte, fiel dies weder auf, noch galt es gemäß den gesellschaftlichen Konventionen als ungewöhnlich. Innerhalb dieser einen Stunde durfte sie denjenigen, den sie liebte, im luxuriösen Bett umarmen. Dies war eine wilde, glückliche Stunde in dem liebeskundig möblierten Zimmer, wo sie eines ihrer listig ausgeklügelten Nachthemden – bei jeder Gelegenheit ein anderes – anziehen konnte, mit dem sie betörender wirkte, als wenn sie nackt gewesen wäre. In der zuckersüßen Beleuchtung, auf dem tiefen Teppich, zwischen den hinterhältig kombinierten Spiegeln durfte sie jede Wonne herauspressen, die in einer kurzen Stunde Platz fand, und der Genuss wurde womöglich noch gesteigert dadurch, dass sie den Liebhaber hier in Berédys Haus empfing – etwas Siegreiches lag darin, ihren Mann überlistet zu haben. Und wenn nach sechzig Minuten die Weckeruhr geklingelt und der junge Mann sich verzogen hatte, schlief sie über den unzüchtigen Erinnerungen im sturmgepeitschten Bett süß und glorreich ein.
    Doch dies war nur einmal in der Woche möglich. Um einander sonst treffen zu können, mussten sie für ihr

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