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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Stelldichein eine kleine Unterkunft mieten. Lászlós Wohnung in der Museumstraße lag zu weit entfernt und befand sich in einem großen Mietshaus, wo jemand die schöne Fanny auf der Treppe hätte erkennen können; zudem stand das Gebäude in einem Viertel, wo es viele Paläste und Bekannte gab. Nein, dort durfte sie sich nicht zeigen. Ihr Nest musste hier in der Nähe der Burg sein, wohin sie sich in wenigen Minuten heimlich begeben konnte, in einer stillen Gasse, in einem kleinen Haus. László fand denn auch bald eine solche Bleibe in einem Häuschen am Berghang, das auf zwei Straßen ausgerichtet war und im oberen Teil nur ein Zimmer aufwies. Im Stockwerk des unteren Trakts war eine Näherei untergebracht, was sich gut traf, da sie sich als Alibi eignete. Das Zimmer – es war natürlich ärmlich – ließ László ohne Aufschub herrichten. Die Wände wurden zeltartig eingehüllt; die schweren Vorhänge und die riesige Liegestätte – alles matt schimmernder, metallgrauer Stoff, selbst der Teppich war von dieser Farbe, denn diese passte gut zu Fannys blondem Haar und zu ihrem rosaroten Körper. Es wurde auf diese Weise eine sehr hübsche kleine Wohnung und bildete einen seltsamen Gegensatz zu den zwei hässlichen möblierten Zimmern, in denen er immer noch lebte. Doch er würde ja möglichst bald wegziehen.
    Die Liebesgrotte war ziemlich kostspielig, etwa viertausend Kronen, doch um dergleichen kümmerte sich László nie. Man gewinnt beim Kartenspiel, oder man verliert. Gewann er, dann spielten Ausgaben keine Rolle, und wenn er verlor, war es eh egal. Er hielt auch brühwarm Geld in der Hand. Der vorzügliche Ázbej hatte dem alten Szaniszló mit einem »Gesuch um die Beendigung der Gemeinschaft« gedroht, worauf Onkel Szaniszló den László gehörenden Teil des Waldes selber kaufte, sodass Gyerőffy die meisten seiner Schulden begleichen konnte und ihm darüber hinaus eine nette Summe verblieb. Ein großartiger Mann, dieser Ázbej! Gewisse Leute meinten zwar, er habe den Wald viel zu billig hergegeben. Möglich. So aber kam László gleich ans Geld, und das war wichtig und die Hauptsache – die Wucherzinsen hätten die Differenz ohnehin aufgefressen. Somit waren also alle sehr gut gefahren, sowohl László als auch Szaniszló und vielleicht auch Ázbej.
    Ermuntert durch Frau Berédy, schrieb er sich erneut an der Musikakademie ein. Er besuchte zwar die Kurse, tat dies aber ziemlich nachlässig. Er hatte das Gefühl, Kláras Verlust habe auch seine musikalischen Fähigkeiten vernichtet. Jetzt meldeten sich in ihm keine Melodien mehr wie zuvor, als sich alles, was er gesehen und gehört, gleich in Musik umgewandelt hatte. Zwar lebte er in Musik, doch in fremder Musik, ohne eigene schöpferische Leidenschaft. Auch sein Lebenswandel trug dazu bei, seine Arbeitsenergie zu schmälern. Er stand spät, schläfrig auf. Einige Stunden spielte er lustlos Klavier. An Tagen, an denen er die schöne Fanny nicht traf, trieb er sich schon am frühen Nachmittag im Casino oder im Park-Klub in Erwartung einer Pokerpartie herum, da zu Beginn der Saison noch keine Bakkarat-Runde zustande kam; unterbrochen wurde das Spiel nur durch das Nachtessen. Am Abend pflegte er immer mehr zu trinken, um sich von den unterschwelligen Selbstanklagen und den stets von neuem aufbrechenden, beißenden Erinnerungen zu befreien. Der Alkohol diente als Narkotikum und die Karten ebenso.

    Die parteipolitischen Leidenschaften gingen in diesem Jahr im September hoch. Zuversicht und Erbitterung lösten einander Tag für Tag ab. Die Trabanten-Minister erkühnten sich, ein Mandat zu gewinnen, die Trabanten-Minister dankten ab. Programmrede und Rücktritt innerhalb von drei Tagen. Der König bestellte die parlamentarischen Anführer nach Wien – allgemeine Freude und Hoffnung –, doch dort las er ihnen fünf strenge Punkte vor, er hatte sie einzig deshalb kommen lassen – Wut und heller Zorn überall. Es zeigte sich immer klarer, dass die ganze Politik in eine Sackgasse geraten war, aus der ohne eigene Demütigung keine Seite hinauskonnte. Zu all dem kam die Anregung zur Einführung des allgemeinen Wahlrechts, die Mitte September dreißig- bis vierzigtausend Arbeiter vor das Parlament brachte und das bisherige Parteienleben wie eine dunkle Gewitterwolke bedrohte.
    László wusste von diesen Vorgängen kaum etwas. Er war zu Fuß gerade auf dem Weg zur Musikakademie, als die demonstrierenden Arbeiter in seiner Nähe vorbeizogen: eine dunkel gekleidete

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