Die Schrift in Flammen
mit ihren Liebhabern in Gesellschaft kaum auf ein Gespräch einließ, damit man sie nicht mit demjenigen in Verruf brachte, mit dem sie tatsächlich ein Verhältnis unterhielt. Denn dieses eine war gefährlich; falscher Klatsch dagegen galt eher als nützlich, denn er führte den Verdacht in die Irre.
Sie überdachte sämtliche Einzelheiten des Ausflugs. Sie war in den kleinen Vorortszug am Ostbahnhof eingestiegen, László dagegen erst bei der nächsten Station. Im Wagen gab es kaum Leute. Von der Endstation gingen sie auf Feldwegen zu Fuß nach Besnyő. Auch den Wald durchquerten sie zu Fuß. Im kleinen Wirtshaus saß kein Städter, niemand, von dem man hätte annehmen können, dass er sie kannte. Zum Nachtessen kehrten sie in einem anderen Gasthaus ein. Dort gab es keine Menschenseele, und hernach fuhren sie mit dem Wagen des Wirts zur Bahnstation … Nein, da hatten sie keinen Fehler begangen, alles war aufs umsichtigste und vorsichtigste vor sich gegangen. Gegen den Zufall gab es allerdings keine Medizin. Einer unter den Mitreisenden mochte ein Elektriker gewesen sein, der einmal in ihrem Haus gearbeitet hatte und sie kannte … oder ein Ofensetzer … Doch selbst dann, welches Interesse hätte er gehabt? Und wie sollte es ihm einfallen, sich gerade an ihren Mann zu wenden? Warum aber dann dieses beklemmende Gefühl der Besorgnis?
Die schöne Fanny grübelte lange auf solche Art. Und sie sprach sich vergeblich Mut zu. Sie wurde immer unruhiger. Schon einige Male hatte ihr Blick das Telefon gestreift, ihr direktes Telefon, dessen Nummer nur Eingeweihte kannten. Zu welchen natürlich auch ihr Mann zählte. Und sie erwartete jede Minute, dass der Apparat läuten und ihr Mann etwas Verhängnisvolles mitteilen werde. Es war Unsinn, aber gerade dies erwartete sie trotzdem.
Und das Telefon klingelte tatsächlich.
Aufgeschreckt, mit hervortretenden Augen starrte sie auf den Apparat. Dann schöpfte sie Mut und hob den Hörer ab. Lászlós Stimme sprach zu ihr: »Ich bin’s … Verzeih, dass ich dich geweckt habe … Etwas sehr Schlimmes ist passiert … Ich habe eine gewaltige Summe verloren … Ich möchte dich treffen … vielleicht zum letzten Mal …«
»Woher rufst du an?«, fragte die Frau.
»Aus unserer Wohnung … Ich bin schon seit etwa zwei Stunden da … aber ich muss mit jemandem sprechen, denn ich halte es nicht mehr aus …«
»In einer halben Stunde bin ich bei dir, Liebster! Warte auf mich! Warte auf mich!«, sagte Fanny, und sie sprang aus dem Bett.
Als sie in ihr Liebeszimmer eintrat, fand Fanny László auf dem großen Diwan vor; in völliger Dunkelheit lag er da, die Augen an die Decke gerichtet. Er war angezogen, einzig seinen Kragen hatte er irgendwo fortgeworfen. Die Frau setzte sich zu ihm und zündete auf dem Tischchen nebenan die kleine elektrische Lampe an, die zuvor in so vielen leidenschaftlichen Stunden geleuchtet hatte. Ein zusammengefalteter, zerknitterter Zettel lag neben der Lampe.
»Liebster. Was, was ist geschehen?«
»Ich habe eine riesige Summe verloren. Denk dir, 86.000 Kronen! Wie ein Wahnwitziger, so bin ich hineingeschlittert! … Und natürlich habe ich nicht so viel, ich kann mir die Summe so von heute auf morgen auch nicht beschaffen … So ist halt alles zu Ende! Wenn ich bis morgen nicht bezahle, wirft man mich aus dem Casino hinaus … Und das überlebe ich nicht … Das warte ich nicht ab! Darum wollte ich dich noch sehen … mich verabschieden, bevor ich verschwinde …«
Fannys Herz verkrampfte sich, aber sie beherrschte sich. Sie beugte sich über das Gesicht des jungen Mannes und küsste ihn auf die Augen wie gewöhnlich, wenn sie ihn bemutterte. »Wie deine Augenlider brennen! Warte, ich bringe einen Schwamm!« Sie eilte hinaus in den kleinen Waschraum, kehrte kurz darauf mit dem Schwamm und mit kaltem Wasser in einer Schüssel zurück und machte sich daran, die schweißbedeckte Stirn und die Augen des jungen Mannes abzuwischen. »Gelt, das tut wohl? Gelt, du wirst gleich ruhiger? Es ist gut, nicht wahr?«
Lászlós Spannung ließ tatsächlich ein wenig nach. »Wir wollen auch das da ablegen«, sprach die Frau abermals. »Lass, ich tue es. Du weißt ja, dass ich dich gern entkleide!« Bei diesen Worten lachte sie leise, und mit geschickten Händen schälte sie die Kleider von ihm. Nun fuhr sie ihm mit dem kalten Schwamm auch über die Brust, und dann legte sie ihm einen seiner seidenen Schlafröcke an. All dies, wie sie an ihm herumhantierte und ihn
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