Die Schrift in Flammen
ereignen. Gheorghe Crișan trat als gewaltbereiter Mann für das System »la noapte« ein; Ioan Omului wiederum schwieg, denn er, ein Bessergestellter, glaubte, er sei es sich selber schuldig, den Standpunkt »Schulden sind zu bezahlen« zu verteidigen; das hatte er beim Feuer auch einmal vorgetragen, und da ihm deswegen natürlich alle zürnten, hüllte er sich seither in seine Würde, ohne weitere Worte zu verlieren.
Im ungelüfteten Zimmer, wo es nur ein kleines Fenster gab, setzte sich Bálint auf eine Bank, über welcher eine Ikone hing. Er nahm seine Notizen hervor, schilderte den Fall und zuletzt das Angebot der Einwohner von Pejkója. Er schloss mit dem Satz: »Ich halte das für äußerst recht und billig.«
Pantelimon Rus hörte sich alles stehend an. Er schaukelte auf seinen langen Beinen hin und her wie ein Pferd, das »webt«. Vielleicht war seine Aufregung daran schuld, oder vielleicht tat er es aus Gewohnheit. Eine Weile schien er zu zögern. Endlich stieß er mühevoll aus: »Es geht nicht, bitte, es geht nicht.«
»Nein? Dann wird etwas anderes geschehen!«, erwiderte Bálint drohend. »Dann besorge ich für diese Leute einen Anwalt, und ich selber werde mich für sie ins Zeug legen. Laut Gesetz steht Ihnen nicht mehr zu als die Summe, die Sie tatsächlich geliehen haben, sowie acht Prozent Zinseszinsen. Ich lasse ihnen beibringen, wie sie Einspruch erheben und gegen Sie strafrechtlich klagen sollen. Dafür, was Sie tun, bekommt man zwei Jahre Gefängnis.«
»Das geht nicht, bitte, das geht nicht …«, wiederholte Rus.
»Und ob das geht! Es ist eine regelrechte Schurkerei, was Sie tun, drei- bis vierhundert Prozent von Ihren Schuldnern zu nehmen!«
»Bitte, das ist nicht wahr, und das gehört nicht alles mir, bitte, auch ich bekomme das Geld teuer …«
»Von wem bekommen Sie es?«
Der frühere Schulmeister trat von einem Fuß auf den anderen. Sein runzliges Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, und er antwortete nicht auf die Frage.
»Teures Geld, teuer und viel Verlust, viel … Herr Graf nicht wissen, was das ist hier im Hochgebirge. Das Grundbuch von den Leuten ist nie ordentlich, in den meisten sind noch Namen von Großvater. So ist hier das Volk. Und dann gehen sie fort, und ich sehe sie nie mehr, nie. Und nichts man kann machen. Und ich geben Giro, und man muss bezahlen. Viel Schaden, viel … Darum man muss, weil sonst mein Schaden …« Er zählte noch etliche solche Argumente auf und wiederholte, dass das Geld nicht ihm gehöre, dass er aus all dem nur wenig Nutzen ziehe und dass er nichts tun könne.
»Dann wenden Sie sich an Ihre Auftraggeber, die nachgeben sollen!«, warf ihm Abády zornig hin.
»Das geht nicht, bitte, das geht nicht …«
»Nun gut, auf zwei Dinge muss ich Sie aber aufmerksam machen. Erstens werde ich, und das richtet sich auch an Ihre verehrten Partner, dies hier als meine persönliche Angelegenheit betrachten. Das andere geht nur Sie an: Seitdem ich das Hochgebirge durchstreife, stelle ich immer wieder fest, wie sehr die Menschen Ihretwegen erbittert sind. Es ist meine Pflicht, Sie hierauf aufmerksam zu machen. Schauen Sie also selber, was Sie tun.«
Pantelimon Rus zuckte die Achseln: »Ich weiß, bitte, böses Volk, bös. Böses Volk …«
Bálint, verabschiedet unter Verbeugungen des Pantelimon Rus, verließ den Raum, setzte sich aufs Pferd und entfernte sich. Das Eichentor schloss sich donnernd hinter seiner Karawane. Die Hunde bellten noch eine Weile, vielleicht beschämt, weil man sie so geringgeachtet hatte.
Als er in der Eisenbahn saß, ärgerte sich Bálint über sich selber. Dafür gab es auch manchen Grund. Schon wieder hatte er sich hinreißen lassen! Hatte er anfänglich etwas versprochen, so geschah es darum, weil der alten Mann aus Pejkója sich auf seinen Großvater berief; und wegen der schlechten Visage des Kerls, der »la noapte« ständig im Mund führte. Doch nun war er in die Sache hineingerutscht, er hatte sie sich Rus gegenüber zu eigen gemacht. Was zuvor eine Vermittlung gewesen war, das galt nun als seine Angelegenheit. Sollte er aber die Leute von Pejkója nicht beschützen können, dann würde sein Ansehen in den Augen der Hochgebirgsbewohner Schaden nehmen. Doch das durchzustehen, sagte er sich, wird nicht leicht sein! Er sah klar, wer die geheimen Partner des Wucherers waren: der Pope von Gyurkuca und der Notar, der feine Herr Simó. Die beiden würden Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit Rus nichts nachgewiesen
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