Die Schrift in Flammen
und gepflegt hatte, bereitete ihr allerdings fast so viel Schmerz wie die Aussicht, Bálint entbehren zu müssen. Tränen standen in ihren leicht vortretenden Augen, als sie auf dem großen, hufeisenförmigen Hof die drei Pferde einzeln entließ, als diese ihren Abschiedszucker fraßen und dann unter heftigem Geklapper zum Tor hinaustrabten. Hinterher polterte ein Lastkarren, auf dem Decken, Herrensättel, Bandagen, Hafersäcke und tausenderlei Waren reisten, damit die Pferde in nichts Not litten.
Der Geländeritt bergauf und bergab, bei dem man beim steilen Anstieg das rasch außer Atem geratende Pferd schonen musste, talwärts aber mit allen Kräften rasen, um die Hundemeute einzuholen, war für Bálint neu. Er gewöhnte sich aber bald, indem er dem Beispiel Gazsi Kadacsays folgte, der bei der Meute die Funktion eines »gentleman-whip« erfüllte und jeden lehmigen Berghang, mochte er noch so steil sein, wie der Wind hinuntersauste. So kam es, dass sich Bálint mit seinen Altersgenossen, mit Gazsi, Pityu Kendy und den Alvinczy-Jungen, die sich jeden Tag zum »meet« einstellten, näher anfreundete. Gemeinsam getriebener Sport bedeutet wohl ein stärkeres Band als alles andere. Es war ein schönes, sorgloses Leben und zugleich starke körperliche Arbeit, nach welcher das verlangende Fieber in angenehmer Müdigkeit nachließ, die Sehnsucht nach Adrienne, das Begehren, das ihn in letzter Zeit immer, wenn er allein geblieben war, so sehr geplagt hatte.
Auf diese Weise vergingen der Monat Oktober und die erste Hälfte des November. Da die Reitjagden in der Umgebung von Klausenburg stattfanden, nahm er sich für die Abendstunden einen rumänischen Studenten, der ihm Sprachlektionen gab. In seiner Überzeugung, dass es notwendig sei, das Rumänische korrekt zu beherrschen, hatten ihn nicht nur seine schwerfälligen Kontakte mit den Gebirgsleuten bestärkt, sondern auch seine Unterhaltungen mit Timișan. Es war notwendig, auch die rumänischen Blätter zu lesen, nicht nur die notdürftigen Auszüge, welche die ungarische Presse brachte; man musste die Frage in ihrem ganzen Ausmaß – audiatur et altera pars – kennenlernen und sich über alles ein selbständiges Urteil bilden.
Mitte Oktober war er zwischendurch nochmals ins Hochgebirge aufgestiegen. Er brachte einen Anwalt aus Bánffyhunyad nach Pejkója mit, den er nach langwieriger Suche zur Übernahme der Prozessangelegenheit der Bergler für geeignet befunden hatte. Der Mann stand in gutem Ruf, er verstand es, mit dem Volk in dessen Sprache zu reden, und hatte früher schon die Sache zahlreicher Gebirgsbewohner vertreten.
Er fand eine ganz andere Stimmung vor als erwartet. Der alte Ioane alui Maftei hatte zwar auf seinem Grundstück acht bis zehn Männer versammelt, die aber immer wieder die Achseln zuckten und allerlei Ausflüchte fanden, um die Erteilung der Vollmacht an den Anwalt nicht zu unterzeichnen. Sie gingen immerhin nicht so weit wie Turturica, das »Turteltäubchen« mit dem fürchterlichen Gesicht; dieser Mann verweigerte die Unterschrift offen und unter höhnischem Gelächter.
Nicht zu leugnen, das war misslungen. Als sie gegen Abend auf der kurvenreichen Straße im Schritt abwärts ritten, trat bei einer Kehre Cula, der Enkel des greisen Ioane, aus dem Haselnussgebüsch heraus. Bestimmt war er ihnen auf einem kürzeren Pfad zuvorgekommen. Bálint ließ seine Begleiter vorausgehen und blieb bei dem schmächtigen Burschen zurück, der vielleicht von seinem Großvater eine vertrauliche Nachricht gebracht hatte. Abády saß zu Pferde, während der junge Mann auf dem steilen Hang über dem Straßenrand kauerte, sodass sein flüsternder Mund das Ohr des Reiters gerade erreichte.
»Ich wollte Ihnen melden«, begann er, »was sich begeben hat, seitdem Sie fortgegangen sind, Mariasa.« Und nun berichtete er im Einzelnen, dass der Kreisnotar in Begleitung von zwei Gendarmen erschienen war, ihre Sägemühle für feuergefährlich erklärt und darin jede weitere Arbeit untersagt hatte. Der Notar sorgte dafür, dass ein junger Mann – man hatte ihn als den Erhalter der Familie vom Militärdienst befreit – als Rekrut einrücken musste. Gegen drei Bauern, einst in irgendwelche, schon längst in Vergessenheit geratene Forstfrevelgeschichten verwickelt, erneuerte er das Verfahren. Dem alten Ioan alui Maftei auferlegte er eine Buße, weil er auf der Straße von Mereggyó mit seinem Wagen der Kutsche des Notars rechts statt links ausgewichen war. Er sprach mit
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