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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Abendstunden waren um diese Jahreszeit noch lau. Wenn er abends nach dem Nachtmahl heimgekehrt war und sich zur Nachtruhe bereitmachte mit dem disziplinierenden Gedanken, er müsse am nächsten Tag frisch und arbeitsfähig sein, lehnte er sich hie und da aufs Fenstersims und blickte über den Museumsgarten. Er tat es selten, denn er wusste, dass er sich dabei an sein früheres, um so viel leichteres und fauleres, doch angenehmeres Leben zurückerinnern würde, das er bisher als Student der Rechte geführt hatte. Und er bedachte auch, wie schön es wäre, auf dem Land zu leben. Nicht in Siebenbürgen. Nicht im kleinen Schloss in Szamoskozárd, das sein Vater gebaut, aber nie vollendet hatte; das Schlösschen bedeutete für László gar nichts. An die dort verbrachten frühen Kinderjahre erinnerte er sich kaum. Nein, nicht in Siebenbürgen! Sondern am anderen Ende, im Komitat Nyitra bei den Szent-Györgyis. In einem Zuckerrübenfeld Rebhühner jagen, oder in den Wäldern der Klein-Karpaten auf einem Hochsitz den Wildschweinen auflauern. Oder noch eher in der Veszprémer Region, in Simonvásár sein. Ja, dort wäre es schön! Weit hinaus ausreiten in die sanften Hügel – gemeinsam mit den Kollonich-Jungen und, ja, mit Klára. Ganze Nachmittage beim Tennisspiel verbringen und abends in dem weit gedehnten, dunklen Musiksaal für Klára Klavier spielen, lange Phantasien, denen sie mit weit geöffneten Augen stumm zuzuhören wusste … Das, das wäre schön.
    Jeweils am Abend, wenn er allein am Fenster lehnte, kam in ihm die Sehnsucht auf hinzufahren. Die Reise dauert ja nur einige Stunden! Was verschlüge es, wo er doch nur ein bis zwei Tage bliebe und nicht viel verpassen würde? Es fiele ihm leicht, alles gleich wieder nachzuholen, sobald er zurück wäre; er könnte sich auch erholen und hernach besser arbeiten. Wozu diese Gefangenschaft? Arbeiten, ja, allerdings. Aber was soll dieses Eremitenleben? So sprach der Verführer, der in jedermann lebt, insbesondere aber in jungen Männern, denen das Leben noch unendlich lang vorkommt.
    Bisher hatte er die Reden des Verführers nicht beachtet. Bisher war er beharrlich bei der Arbeit geblieben. Meldeten sich solche Gedanken, so verjagte er sie. Denn László wusste wohl, dass er, sollte er sich auch nur einmal gehenlassen, die Kraft zur baldigen Rückkehr nicht mehr aufbrächte und all dem, was ihn dorthin zog, nicht würde widerstehen können. Und selbst wenn er zurückkäme, es gelänge hernach nicht mehr, sich der alten Disziplin zu unterwerfen. In den letzten Tagen verzichtete er deshalb darauf, das Fenster zu öffnen, um Gedanken solcher Art zu vermeiden. Zu sich selber sagte er: »Es ist kalt, wir sind schon im November. Am Ende wirst du dich erkälten!« Denn manchmal sucht man sogar sich selber zu überlisten.

    So vergrub er sich auch an einem Sonntag von Mittag bis zur Abenddämmerung tief in seine Arbeit. Dunkelheit verbreitete sich allmählich, doch beim Reißbrett vor dem Fenster gab es noch etwas Licht. Es läutete im Vorzimmer. Und dann wieder, lang. Viermal. Fünfmal. László erhob sich zuletzt verärgert, ging hinaus und öffnete. Zwei der Kollonich-Jungen, Péter und Miklós – sprich: Niki –, stürmten den Vorraum.
    »Da bist du also? Schon seit langem! Und versteckst dich. Wann bist du angekommen? Haha, dich haben wir erwischt!« So riefen sie, während sie ihm fröhlich die Hand schüttelten und auf die Schulter klopften, um dann mit stampfenden Schritten ins Zimmer zu dringen. Dort nahmen sie Platz auf dem durchgesessenen Diwan, diesem ständigen und charakteristischen Zubehör möblierter Budapester Wohnungen. Ihre brandneue englische Kleidung, ihr gepflegtes Haar und elegantes Äußeres passten schlecht zu dem Kanapee und dem ganzen Raum. László war die mittlerweile eingebrochene Dunkelheit ganz recht, da die anderen die Hässlichkeit der Wohnung nicht wahrnehmen konnten. Wieder einmal beschloss er, von hier wegzuziehen, von zu Hause Möbel kommen zu lassen und für sich ein Quartier einzurichten, in dem er sich bei zufälligen Besuchen der Pester Verwandten nicht zu schämen brauchte. Dabei hatte er keinen Grund, sich wegen dergleichen zu schämen. Seine Cousins, die im Palais Kollonich in ihren ein wenig altertümlichen Junggesellenwohnungen hausten, scherten sich keinen Deut um derartige Dinge. Sie waren die eigene luxuriöse Möblierung dermaßen gewohnt, dass sie die Abweichung in anderen Häusern nicht einmal bemerkten.
    »Unerhört, dass

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