Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
Vom Netzwerk:
zwei hübschen Töchter mitgebracht hatte. Ihnen gegenüber die wunderbare Fanny, die schöne und junge Frau Berédy, die sich im Kreise der älteren Damen hier gewiss nur aus Anstand aufhielt und lieber die Jugend im Roten Salon gewählt hätte.
    Die jungen Leute drüben tranken Tee, verzehrten warme Muffins und dünne mit Butter bestrichene Sandwichs – denn selbst das Gebäck war hier englischer Art. In der Nähe der Verbindungstür stehend, servierten Szabó, der Butler mit dem Blick eines Imperators, ein langbärtiger livrierter Jäger und ein blaubefrackter Lakai, alles großgewachsene, stumme Diener, die sich unter den Gästen lautlos wie Schatten bewegten. Klára und ihre Brüder, ihr Cousin und ihre Cousine, Stefi und Magda Szent-Györgyi, sowie die beiden Lubiánszky-Comtessen bildeten sitzend einen Kreis, zu dem auch ein etwas älterer junger Mann, Frédi Wuelffenstein, der Bruder von Frau Berédy, gehörte.
    László hatte beim Durchqueren des langen Roten Salons und zuvor schon bei der Begrüßung unwillkürlich Bálint beobachtet. Welch ruhiges, selbstbewusstes Benehmen! Sehr ehrerbietig und höflich, gewiss. Doch sieht man ihm an jeder Geste an, dass er sich nicht geringer einschätzt als irgendwer, dass er sich in diesem Kreis für keinen Außenstehenden hält. Vielleicht hat ihn die Auslandserfahrung diese selbstsicheren Umgangsformen gelehrt. László vermerkte dies mit einigem Neid. Wenn es doch auch ihm je gegeben wäre, auf solche Weise aufzutreten! Ihm, den in diesem Kreis doch stets das Gefühl plagte, als wäre es eine Ehre, eine Gnade, aufgenommen zu werden; als wäre er ein Häusler, von Herrenmenschen gerade noch geduldet.
    Warum diese grundlose Demut? Warum? Was hatten diese Leute ihm voraus? Seine Familie war älter, die Gyerőffys hatten schon im Mittelalter zum Hochadel gehört. Sein bescheidenes Vermögen reichte doch aus, ihn von jedermann unabhängig zu machen. Und es war keine Schenkung, sondern ein altes Gut aus der Zeit der Landnahme, während diese Kollonichs erst am Ende des 17. Jahrhunderts dank dem Kardinal emporgestiegen sind. Und ihr großes Vermögen? Das brachte doch die Tochter des Bankiers Sina mit, die Großmutter seiner Cousins, und mit ihr kam auch das riesige Schloss, der Gutsbesitz, alles. Und der alte Sina war doch nur ein griechischer Bankier gewesen und kein altungarischer Kämpfer, der das Land erobert hatte. Warum also hielt er diese Menschen, zumal sie auch seine Verwandten waren, für besser und vornehmer? Mehr als vorbeihuschende Gedanken waren es nicht, und sie verschwanden gleich, als er Kláras weiche Hand fasste, in ihre vor Freude weit geöffneten, grünlichgrauen Augen blickte und das warme, freudige Lächeln des Mädchens spürte.

    Abády, der Simonvásár schon einige Jahre nicht mehr besucht hatte, plauderte kurz mit den anderen und erkundigte sich dann nach dem Hausherrn. »Onkel Louis ist in seinem Rauchsalon«, sagte Stefi, »denn hier darf man Zigarren nicht in Brand stecken. Seitdem man die Salonräume renoviert hat, duldet Tante Ágnes selbst Zigaretten nur noch selten.«
    So begaben sie sich also dorthin. Sie ließen eine Seitentür hinter sich und durchschritten einen breiten, teppichbedeckten Korridor, der, den Ecken des hufeisenförmigen Hofes folgend, zweimal eine Wende beschrieb, dann erreichten sie den Rauchsalon. Es war ein dunkler, geräumiger, in Tabakfarbe gehaltener Saal. An den Wänden hatte man zahllose Geweihe befestigt. Die Möblierung bestand, ohne jede Eigenart, aus braunen Lederfauteuils und schiefgesessenen Diwanen. Zwar galt sonst in jedem Raum des Schlosses strengstens Empire, aber Onkel Louis hatte seinen Wohntrakt gegen die auf reinen Stil versessene Leidenschaft seiner Frau erfolgreich verteidigt. Denn ihm lag an seiner gewohnten Bequemlichkeit, und keine der Moden war ihm auch nur einen Pfifferling wert.
    Zu dritt saßen sie da: der Hausherr, ein dicklicher Mann von mittlerem Wuchs, in österreichischer Jägertracht, an den Füßen abgetragene Pantoffeln; neben ihm sein Schwager, Antal Szent-Györgyi, und gegenüber der stattliche Pali Lubiánszky. Louis Kollonich war gerade dabei, eines seiner schrecklich weitläufigen Jagdabenteuer zu erzählen, das er zuletzt in der Brunftzeit der Hirsche erlebt hatte. Offensichtlich, dass Lubiánszky bei diesem Bericht eine entsetzliche Langeweile plagte. Dabei erzählte der Hausherr mit großem Gusto. Mit breiten Gesten ahmte er nach, wie die Hirsche ihr Geweih schwenkten, er

Weitere Kostenlose Bücher