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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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leise und fasste die Hand neben sich. Sachte streichelte er die langen, biegsamen Finger und die weiche Handfläche, das glatte Handgelenk. Adrienne entzog ihm die Hand nicht, sondern beließ sie ihm vertrauensvoll. Vielleicht war ihr wohl dabei, es mochte sie beruhigen, so wie ein Kleinkind, das sich wehgetan hat, den Schmerz vergisst, wenn man es liebkost. Ihre Hand verblieb zwischen den Händen des Mannes, und sie setzte ihre Rede fort: »Und ich muss zurück, selbst wenn ich mich widersetzen könnte … denen dort widersetzen. Doch auch Mutter weiß, dass man mich zurückbestellt hat. Sie ließe nicht zu, dass ich hierbleibe. Dabei ist es so gut, hier zu sein. Mit den Mädchen da vergesse ich, wie schrecklich allein ich bin.«
    Die letzten Worte flüsterte sie schon beinahe, und dann verstummte sie. Unverändert blickte sie in die Weite. Sie weinte nicht, aber die Glasur der Tränen bedeckte ihre weit geöffneten Augen; die dicht schirmenden Wimpern übertraten sie indessen nicht.
    Nun begann Bálint zu sprechen – mit Zuneigung, in großer Liebe. Er sagte ihr, für wie edel und einzigartig er sie halte. Er sagte, welche Gedanken er über sie gehegt, wie hoch er sie schon als junges Mädchen geschätzt habe, wie anders sie sei. Mit niemandem sei sie zu vergleichen. Bisher nie erwogene Gefühle wurden ihm drängend bewusst, sie riefen nach vielen lieben, hingerissenen Worten, die fortschwebten und huldigend von seiner jetzt aufbrechenden Begeisterung kündeten. Lange sprach er so.
    Seine Hände streichelten im Rhythmus der Worte die Hand der Frau, und sie setzten sich am nackten Arm unwillkürlich in Bewegung – hinauf zum Ellbogen und wieder zurück zu den Fingerspitzen. Vorerst war es nur der gute Freund, der aus Bálint sprach, der verständnisvolle Tröster, doch vielleicht lag es an der blütenreinen Glätte ihrer Haut, vielleicht an der passiven Willfährigkeit der sich matt zurückbiegenden Finger oder vielleicht daran, dass hier nun etwas Form und Ausdruck gewann, was in ihm bisher unbenannt im Herzen herangereift war, seine Worte entsprangen aber allmählich nicht nur der Freundschaft, und seine Hände suchten nicht mehr bloß zu beruhigen. Als wollte er im Fluss seiner gebetsartigen Sätze manchmal einen Punkt setzen, küsste er den einen und anderen Finger der Frau, küsste die biegsame Hand, das kühle Handgelenk, und seine Lippen rückten langsam den immer noch willenlosen Arm aufwärts.
    Nun redete er bereits über die Liebe, die Sehnsucht, über Forderungen; die Freundschaft war schon ganz verschwunden, die Leidenschaft allein sprach von der Schönheit der Frau, von ihren fein gebogenen Lippen, vom flatternden Wahnsinn ihrer Haare, von ihrer Haut und ihrem Hals, von Tod und von Erfüllung …
    Waren einige Minuten vergangen oder eine lange Zeit? Keiner der beiden wusste es. Adrienne schwieg unbeweglich. Sie hörte vielleicht nicht den Worten, sondern deren Musik zu. Doch als der Mund des Mannes an ihrer Armbeuge länger haften blieb, erwachte sie plötzlich. Sie riss ihren Arm weg und sprang auf.
    »Sie also auch? … Sie auch! Auch Sie nur deshalb … deshalb! Habe ich denn niemanden? Gar niemanden?«
    Mit hasserfüllten Augen blickte sie ihn an, steif aufgerichtet, dann machte sie sich auf den Weg zurück zum Haus.
    »Schauen Sie, Addy, schauen Sie … und verzeihen Sie …« Doch die Frau schritt mit erhobenem Kinn und unerbittlichem Trotz weiter. Zuletzt gingen sie stumm nebeneinander. Abády fuhr noch am gleichen Nachmittag nach Hause. Er nahm von den Gastgebern lange Abschied. Er schüttelte allen die Hand, Papa Milóth, den Mädchen, Zoltánka und selbst der alten französischen Jungfer. Er hätte gern Gelegenheit gefunden, mit Adrienne einige Worte zu wechseln. Er begleitete sie unentwegt mit einem Blick, der um Verzeihung bat, doch sie wich ihm aus, und als er sich mit tiefer Ehrerbietung verbeugte, reichte sie ihm frostig die Hand und wandte sich gleich ab. Als sich seine Kalesche in Bewegung setzte, blickte er zurück. Judith und Margit winkten ihm auf der Veranda zum Abschied. Adrienne war nicht bei ihnen; vielleicht hatte sie sich ins Haus zurückgezogen.
    Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er den Garten hinunterfuhr, vorbei am Tor der Meierei, dann die steile Strecke hinab, hinaus auf die Straße den See entlang, auf der er tags zuvor in so glücklicher Laune gekommen war.

    Ihm schien, er habe Adrienne Milóth für immer verloren.

    4 Zakata – mit einem Anklang an das Verb

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