Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Schattens, konnte mich keine Macht der Welt abbringen.
Später, als ich im Büro saß, kam Wally aus seinem Telefonistenkabuff und schlurfte den Flur entlang, öffnete die Tür und beugte sich zu mir herein.
»Dieser Soldat, der Irre, der behauptet, er kennt dich aus Vietnam«, sagte er.
»Was ist mit ihm?«, fragte ich.
»Er hat sich bei der New Iberia High rumgetrieben. Dort laufen zurzeit die Sommerkurse. Eine der Lehrerinnen hat angerufen und gesagt, dass sie ihn von dort weghaben wollen.«
»Was hat er gemacht?«
»Sie hat gesagt, er hat sein ganzes Geraffel auf dem Bürgersteig aufgetürmt und versucht, mit den Kids ins Gespräch zu kommen, wenn sie an ihm vorbeigehen.«
»Ich halte ihn für harmlos«, sagte ich.
»Kann schon sein«, sagte Wally. Er hatte kupferrote Haare und sauber ausrasierte Koteletten. Mit strahlendem Blick schaute er mich an, als wollte er noch etwas loswerden.
»Was ist denn?«, fragte ich.
»Hast du heute Morgen schon in deine Post geguckt?«
»Nein.«
»Wenn du’s gemacht hättest, war dir eine Nachricht aufgefallen, die ich dir gestern Abend noch reingelegt habe. Bei uns ist eine Beschwerde eingegangen, weil er drüben an der Railroad zwei Nutten belästigt hat. An der gleichen Ecke, an der Linda Zeroski früher immer angeschafft hat.«
»Danke, Wally«, sagte ich.
»Gern geschehn. Ich wünschte, ich wäre Detective. Ihr Jungs seid so schlau und voll auf Zack, dass ihr immer den Ton angebt, während wir vom Fußvolk die Klos putzen dürfen. Meinst, ich krieg ein bisschen mehr Grips, wenn ich auf die Abendschule gehe?«, sagte er.
Ich besorgte mir einen Streifenwagen und fuhr zu der Highschool. Ich sah den ehemaligen Soldaten an einer schattigen Stelle sitzen, wo er sich auf seinem Zelt niedergelassen hatte, den Rücken an einen Zaun lehnte und den vorbeirauschenden Verkehr betrachtete. Sein Gesicht war glatt rasiert, die Haare waren frisch gewaschen und geschnitten, und er trug eine neue Jeans und ein viel zu großes T-Shirt, auf dessen Brust und Rücken die amerikanische Flagge prangte.
Ich fuhr an den Straßenrand.
»Wie wär’s mit Kaffee und einem Donut, Doc?«, sagte ich.
Blinzelnd blickte er zu der Palme auf, musterte dann einen Helikopter, der mit schrappendem Rotor über den Himmel flog.
»Meinetwegen«, sagte er.
Wir verstauten seinen Kleidersack, das eingerollte Zelt und einen Plastikwäschekorb voller Kochgeräte, Zeitschriften und Konservendosen auf dem Rücksitz des Streifenwagens, fuhren dann ins Stadtzentrum und über die Bahngleise zu einem Donut-Laden.
»Warten Sie hier. Ich hole uns was«, sagte ich.
»Wollen Sie nicht reingehen?«, fragte er, als wäre er irgendwie verletzt.
»Es ist ein wunderschöner Tag. Wir essen im Park«, erwiderte ich.
Ich ging in den Laden und besorgte das Gebäck und zwei Pappbecher mit heißem Kaffee, fuhr dann über die Zugbrücke in den City Park und hielt bei einem überdachten Picknicktisch am Bayou Teche.
Er saß unter dem Blechdach, hatte seinen Kaffee und ein Donut auf einer Serviette vor sich und blickte zwischen den immergrünen Eichen hindurch zu den Kindern, die im Stadtbad schwammen.
»Haben Sie schon mal was angestellt?«, sagte ich.
»Ich bin im Knast gewesen.«
»Weshalb?«, fragte ich.
»Wegen allem, was denen eingefallen ist.«
»Sie sehen einwandfrei aus, Doc.«
»Ich bin in dem katholischen Männerheim in Lafayette gewesen. Die haben mir neue Klamotten gegeben und die Haare geschnitten. Das sind nette Menschen.«
»Was haben Sie gestern drüben an der Railroad Avenue gemacht?«
Er lief rot an. Er biss einen großen Happen von seinem Donut ab und trank einen Schluck Kaffee, richtete den Blick dann auf den Garten hinter den Shadows, auf der anderen Seite des Bayous.
»Sie haben doch nicht etwa eine Freundin an der Railroad, oder?«, sagte ich und lächelte ihn an.
»Die Frau hatte keine Zigaretten. Deshalb bin ich in den Laden und habe ihr welche besorgt.«
»Aha?«, sagte ich.
»Sie hat die Zigaretten genommen. Dann habe ich sie gefragt, warum sie kein anderes Leben führt.«
Ich hatte den Blick abgewandt und verzog keine Miene. »Aha. Was ist dann passiert?«, sagte ich.
»Sie und die andere Braut haben mich ausgelacht. Eine ganze Zeit lang, haben sich regelrecht ausgeschüttet.«
»In dem Bericht steht, Sie hätten einen Stein auf sie geworfen.«
»Ich habe mit dem Fuß gegen einen Stein getreten. Er hat das Auto von ihrem Zuhälter getroffen. Bringen Sie mich wieder dorthin
Weitere Kostenlose Bücher