Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Vermieter an und ließen uns die Tür aufschließen. Der Regen hatte aufgehört, und der Himmel über uns war blau und mit rosa Wolken geriffelt, aber draußen über dem Golf braute sich ein weiteres Unwetter zusammen, und der Donner hallte dumpf durch Marvins Blechdach, als wir sämtliche Schubladen auskippten, seine Kleidung von den Bügeln zerrten, seine Matratze umdrehten, sämtliche Kochutensilien aus den Küchenschränken räumten und ein allgemeines Chaos in seinem Haus anrichteten.
Aber wir fanden nichts, was wir hätten verwerten können.
Von fünf Streifen Isolierband einmal abgesehen, die lose in einer Wandnische hinter der Kommode hingen – Klebeband, das stark genug war, um damit eine Faustfeuerwaffe am Holz zu befestigen.
»Ich wette, hier war die Neunmillimeter versteckt, mit der er Frankie Dogs umgebracht hat«, sagte ich.
»Ich kann mir immer noch nicht recht vorstellen, dass der Typ irgendwas anderes als ein Knallkopf ist, Dave«, sagte Helen.
»Ich kannte einen alten Schwarzbrenner, der mal zu mir gesagt hat, der Mann, der einen umbringt, geht einem an die Gurgel, ehe man weiß, wie einem geschieht«, sagte ich.
»Yeah? Kapier ich nicht«, sagte sie.
»Was für ein Typ könnte nah genug an jemanden wie Frankie Dogs rankommen, dass er ihn abknallen kann?«, sagte ich.
Bevor ich mich an diesem Abend auf den Heimweg machte, fuhr ich bei Cletes Apartment vorbei, aber die Jalousien waren geschlossen, und sein Auto war fort. Ich schob eine Nachricht unter der Tür durch, mit der ich um einen Rückruf bat.
Als ich nach Hause kam, war der Himmel rötlichbraun, voller Vögel, und knapp über dem Horizont bauten sich die Gewitterwolken zu einer breiten schwarzen Front auf. Eine von Alafairs Freundinnen, die über Nacht bei uns blieb, blockierte mit ihrem Auto die Auffahrt, daher parkte ich meinen Pickup bei der Bootsrampe und lief zum Haus hinauf. Als ich ein paar Minuten später aus dem Wohnzimmerfenster schaute, sah ich, wie mein Freund, der ehemalige Soldat, den Pickup abspritzte und dann mit einem langen Schrubber den Campingaufsatz auf der Ladefläche abbürstete.
Ich ging die Böschung hinab.
»Das nächste Unwetter ist schon im Anzug. Vielleicht sollten Sie mit der Autowäsche noch ein bisschen warten«, sagte ich.
»Ist schon gut. Ich wollte bloß den Schlamm wegmachen. Dann kann ich später einfach mit dem Schlauch drübergehen«, sagte er.
»Wie kommen Sie zurecht?«, fragte ich.
»Das Einschlafen ist mir ein bisschen schwer gefallen. Die Geräusche von Ihrem Kühlschrank dringen durch die Wand. Wenn ich mir ein Kissen über den Kopf lege, hör ich nicht so viel.«
»Möchten Sie mit uns zu Abend essen?«
»Ist schon in Ordnung, Lieutenant. Ich war mit Batist in der Stadt und habe mir ein paar Lebensmittel besorgt«, sagte er.
Ich drehte mich um und wollte zum Haus zurückkehren.
»Ein alter Mann mit einem roten Pickup war hier«, sagte er. »Er hat gefragt, ob jemand mit einem lila Cadillac vorbeigekommen wäre. Eine gewisser Purcel.«
»Wie hat der Mann ausgesehen?«, fragte ich.
»Groß, mit tiefen Falten im Gesicht. Ich hab ihm gesagt, dass ich keinen Purcel kenne.« Der ehemalige Soldat kratzte sich an der Wange und schaute mit sonderbarem Blick ins Leere.
»Was ist los?«, sagte ich.
»Er hat gesagt, ich soll reingehen und den Nigger fragen. Genau diesen Ausdruck hat er gebraucht, als ob das so üblich wäre. Ich hab ihm gesagt, er sollte ein bisschen aufpassen, wie er andere Menschen bezeichnet. Das hat ihm nicht gepasst.«
»Er heißt Legion Guidry. Er ist einer derjenigen, denen wir nicht den Rücken zukehren sollten.«
»Wer ist er?«
»Ich wünschte, ich wüsste es, Partner«, sagte ich.
Nach dem Abendessen ging ich hinaus auf die Galerie und versuchte die Zeitung zu lesen, konnte mich aber nicht konzentrieren. Der Himmel wurde allmählich dunkler, und im Sumpf stieg ein Schwarm Reiher auf, die über mein Haus hinwegflatterten wie ausgezupfte Blütenblätter einer weißen Rose. Dann frischte der Wind auf, und ich hörte, wie der Regen auf die Bäume schlug. Ich faltete die Zeitung zusammen und ging wieder hinein. Bootsie las im Schein einer Stehlampe einen Roman von Steve Yarbrough. Sie legte den Daumen auf die Stelle, an der sie war, schlug das Buch zu und schaute mich mit verhangenem Blick an.
»Findest du, dass dein Freund, der Kriegsveteran da draußen, ganz bei Sinnen ist?«, sagte sie.
»Wahrscheinlich nicht. Aber er ist harmlos«, erwiderte
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