Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
seine Brust, schlang die Arme um ihre Rippen und drückte zu, bis sie vor Schmerz den Kopf zurückriss, die Knie öffnete, die Beine um seine Hüfte klammerte und mit den Händen an seinem Hals Halt suchte.
    »Hat dich ein Farbiger schon mal so fest gedrückt, Ladice?«, sagte er.
    In dieser Haltung trug er sie durch den Vorhang, der an der Tür zu ihrem Schlafzimmer angebracht war.
    Nachdem er sie auf die Tagesdecke geworfen hatte, dass ihr das Wasser in die Augen schoss, setzte er sich auf die Bettkante, beugte sich über sie und schaute ihr ins Gesicht. »Ich bin kein schlechter Mann, nein. Ich werd dich viel besser behandeln als dieser alte Mann. Du wirst schon sehn«, sagte er.
    Vielleicht versuchte sie Legion bei Mr. Julian zu melden. Niemand sollte es je erfahren. Mr. Julian empfing keine Besucher und war häufig ungewaschen und betrunken. Er vergaß seinen Labrador zu füttern, sodass das Tier an den Hintertüren der Negerhäuser entlang der Bucht um Essensreste betteln musste. Für die Leute an der East Main Street, wo viele Bekannte von ihm wohnten, bot er ein Bild des Jammers, wenn er, von seinem alten schwarzen Chauffeur begleitet, die Arztpraxis aufsuchte. Einmal überredete ein alter Freund, ein Mann, der im Ersten Weltkrieg mit der Medal of Honor, dem höchsten Orden der Vereinigten Staaten, ausgezeichnet worden war, Mr. Julian dazu, mit ihm im Frederick Hotel zu speisen. Als sie am Tisch saßen, wurde Mr. Julian plötzlich sehr still und wirkte zutiefst beschämt. Der alte Soldat wusste nicht, was los war, und fragte sich, ob er irgendetwas gesagt haben könnte, das seinen Freund verletzt hatte, bevor ihm klar wurde, dass Mr. Julian sich in die Hose gemacht hatte.
    Aber eines schönen Morgens wachte Mr. Julian kurz vor der Dämmerung auf und wirkte wie neu geboren. Er arbeitete in seinem Blumengarten, badete sich in einer großen Eisenwanne im Waschhaus hinter der Hütte und betrachtete den Sonnenaufgang und die Meeräschen, die draußen in der Bucht sprangen. Er packte einen Koffer und pfiff ein Lied, zog einen weißen Leinenanzug an, setzte seinen Panamahut auf und ließ sich von seinem Fahrer zum Bahnhof in New Iberia bringen, wo er in den Sunset Limited nach New Orleans stieg. Mit einem Drink in der Hand sah er vom Salonwagen aus zu, wie die vertraute Welt, in der er aufgewachsen war, eine Welt voller Häuser mit Säulenportalen, von Eichen gesäumten Straßen und liebenswürdigen Menschen, am Fenster vorüberglitt.
    In New Orleans stieg er in einem luxuriösen Hotel an der Canal Street ab, und während er seine Sachen auspackte, hörte er auf der anderen Seite der Wand eine Frau weinen. Als er an ihre Tür klopfte, erklärte sie ihm, dass ihr Mann sie und ihre zehnjährige Tochter verlassen hätte, und entschuldigte sich für ihren Gefühlsausbruch.
    Er trank an der Bar ein paar Whiskey Sour und tanzte mit der Cocktail-Kellnerin. An diesem Abend speiste er im Court of Two Sisters, spazierte durchs French Quarter und nahm am Gottesdienst in einer Ladenzeilenkirche teil, deren Gemeindemitglieder hauptsächlich Schwarze waren. Vor dem St. Louis Cemetery unterhielt er sich mit einem Streifenpolizisten über Baseball und schob einer blinden Bettlerin einen Zwanzig-Dollar-Schein in ihre Sammelbüchse.
    In seinem Hotel fand an diesem Abend eine offizielle Tanzveranstaltung statt, und er stand im Eingang zum Ballsaal, betrachtete die Tänzer und hörte dem Orchester zu, hielt den Hut locker in der Hand und wirkte so wehmütig, dass eine Hostess ihn einlud. Danach schaute er auf eine Tasse Kaffee an der Bar vorbei und bat darum, dass man ihm ein Dutzend Rosen und eine Schale Eis, mit Zimt bestreut, auf sein Zimmer schicken sollte. Als das Tablett auf einem Servierwagen gebracht wurde, wies er den Kellner an, die Karre auf dem Flur stehen zu lassen.
    Kurz darauf schob Mr. Julian den Wagen vor die Tür der Frau, deren Mann sie und ihre Tochter hatte sitzen lassen. Er schlug mit dem Messingklopfer an die Tür und ging in sein Zimmer zurück, öffnete die Glastür, die auf den Balkon führte, und schaute auf den rosig schimmernden Himmel über dem Lake Pontchartrain, während der Wind die Vorhänge um seinen Kopf bauschte. Dann stieg Julian LaSalle auf das Balkongeländer und segelte wie ein riesiger weißer Reiher hinaus, über die Straßenbahnen, den Verkehrsstrom und die vom Neonschein erleuchteten Palmen, die zwölf Stockwerke tiefer am Mittelstreifen standen.

8
    Am Morgen ließ ich den Namen von Marvin

Weitere Kostenlose Bücher