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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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winkte ihr mit hoch gerecktem Daumen zu.
    Spät am Abend, nachdem Joe Zeroski und seine Männer aus dem Gefängnis entlassen worden waren, fuhr ein Auto auf das Motelgelände und hielt vor Zerelda Caluccis Cottage. Ein junger Mann mit einem weißen Strohhut und einem hellblauen, mit Blumen bestickten Cowboyhemd stieg aus, ging zur Tür und bückte sich kurz, setzte sich dann wieder ins Auto und fuhr weg.
    Als Zerelda Calucci am nächsten Morgen die Tür öffnete, fand sie ein Dutzend rote Rosen, die in grünes Seidenpapier eingewickelt waren und über einer Bibel mit goldenen Lettern auf dem Einband lagen.

12
    Freitagnacht machte ich etwas durch, das trockene Alkoholiker als Sufftraum bezeichnen, nächtliche Ausflüge in die Vergangenheit, die entweder aus Sehnsucht entstehen, weil man wieder die Sau rauslassen will, oder aus Angst davor. In meinem Traum suchte ich einen Saloon an der Magazine Street in New Orleans auf, wo ich vor der verspiegelten Bar stand, ein drei Finger breit eingegossenes Glas Jim Beam vor mir hatte und daneben eine Flasche Jax-Bier mit langem Hals. Ich trank so wie früher, bevor ich zu den Anonymen Alkoholikern ging, kippte die Doppelten mit einer Selbstverständlichkeit weg wie jemand, der gedankenlos Rasierklingen isst, im festen Vertrauen darauf, dass ich diesmal frühmorgens nicht zitternd aufwachen würde, voller Wut, Selbsthass und dem unstillbaren Verlangen nach mehr Schnaps.
    Dann war ich in einem anderen Saloon, der sich in einem alten, aus Kolonialzeiten stammenden Hotel in Saigon befand, einem Lokal mit hölzernen Ventilatoren an der Decke, gerippten Fensterläden, Marmorsäulen und Topfpalmen, die zwischen den mit weißen Tüchern gedeckten Tischen standen. Ich trug eine frisch gebügelte Uniform und saß auf einem hohen Stuhl an einer Teakholzbar neben einem Freund, einem Engländer, dem dort eine Import-Export-Firma gehörte und der Geheimdienstagent in Hanoi gewesen war, als die Vietminh, die man später Vietcong nannte, noch mit Amerika verbündet waren. Er trug einen weißen Anzug mit Panamahut, hatte einen tadellos gestutzten Schnurrbart und war stets freundlich und zuvorkommend zu denen, die meinten, sie könnten sich dort als Kolonialherren durchsetzen, wo Leute wie er gescheitert waren. Die Unmengen Scotch, die er trank, zeigten bei ihm kaum Wirkung, wenn man von dem roten Gesicht einmal absah.
    Er stieß mit mir an, wandte mir die blauen Augen zu und musterte mich mit bekümmertem Blick. »Sie sind so ein schmucker junger Offizier. Ein Jammer, dass Sie und Ihre Kameraden hier sterben müssen. Ach ja, macht den kleinen Scheißern die Hölle heiß.«
    Dann war es tiefe Nacht, und ich blickte auf ein Meer aus wogendem, vom Wind gepeitschten Elefantengras hinaus, das im Phosphorschein der Leuchtkugeln flackerte. Draußen im Grasland hatten kleine Männer mit spitzen Strohhüten und schwarzen Pyjamas, die mit amerikanischen Beutewaffen oder französischem und japanischem Schrott ausgerüstet waren, einen mit leeren Rationsbüchsen bestückten Stolperdraht ausgelöst. Die Flammenwerfer legten los, maunzend wie ein Wurf kleiner Kätzchen, sprühten in hohem Bogen Feuerstrahlen über das Gras, aus dem Schreie schallten und ein Geruch zum Himmel aufstieg, den man sich auch mit noch so viel Alkohol nicht von der Seele spülen kann.
    Ich setzte mich auf und rieb mir auf der Bettkante den Schlaf aus den Augen. Die Vorhänge an den Fenstern bauschten sich im Wind, über dem Sumpf hingen rußschwarze Wolken, in denen Blitze flackerten, und ich nahm den Geruch eines Müllfeuers wahr, das irgendwo an einem Bachlauf brannte, und hörte den schrillen Schrei einer Nutria, die nach ihrem Gefährten rief.
    Ich ging ins Badezimmer, öffnete ein Fläschchen mit Aspirin und kippte mir acht Stück in die Hand, nahm eine nach der anderen in den Mund und zerbiss sie, bis sie bitter schmeckten, spülte sie mit einem Schwung Wasser aus der hohlen Hand hinunter und ließ sie einwirken, bis ich das Gefühl hatte, ich hätte eine Hand voll Aufputschpillen geschluckt.
    Ich legte mich wieder aufs Bett und zog mir das Kissen über die Augen, schlief aber bis zur Morgendämmerung nicht mehr ein.
    Am Samstagmorgen fuhr ich nach Morgan City und suchte im Archiv der Lokalzeitung nach einem Bericht über eine Schießerei, an der ein gewisser Legion Guidry beteiligt gewesen war. Er war nicht schwer zu finden. Eines Abends, an einem Werktag im Dezember 1966, hatte ein freischaffender Schriftsteller aus New

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