Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
frisch geweißten Wände und den Zementboden entweihte, auf dem sich kein Tropfen Öl befand, die Sauberkeit und Ordnung störte, die seit jeher Barbaras Umfeld prägten. Sie nahm einen eigentümlichen Geruch war, wie nach ungewaschenen Haaren, Bayouwasser und fauliger Kleidung. Ein Fenster an der Seitenwand war aufgestemmt worden, und an der Wand zeichneten sich schwarze Streifen ab, die von Schuhen oder Stiefeln stammten.
Sie ging um die Kühlerhaube des Autos herum und sah unter dem Fenster eine Gestalt, die sich in die Plane eingerollt hatte, mit der sie ihren Gemüsegarten abdeckte, wenn es Frost gab.
Sie zog den Schlitten der 25er zurück, ließ ihn wieder los und hebelte die oberste Patrone aus dem Magazin in die Kammer.
»Ich kann auch einfach durch die Plane schießen, wenn Ihnen das lieber ist. Entscheiden Sie sich«, sagte sie.
Tee Bobby Hulin zog die Plane vom Gesicht, stützte sich auf die Hände und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Seine Augen wirkten wie ausgebrannt, die Haare sahen aus wie schmutziges Fasergeflecht. Er trug einen schwarzen, von Motten zerfressenen Pullover, der einen stechenden Geruch verströmte.
»Was, um alles auf der Welt, denken Sie sich dabei?«, fragte Barbara.
»Ich kann nirgendwo hin. Sie müssen mir helfen, Miss Barbara«, sagte er.
»Sind Sie bescheuert? Ich bin Ihre Anklägerin. Ich habe vor, die Todesstrafe für Sie zu fordern.«
Er schlang die Arme um den Kopf und drückte das Gesicht auf die Knie. Sein linker Unterarm war mit Einstichen übersät, die sich entzündet hatten, und sah aus, als hätten sich lauter rote Drähte unter der Haut verheddert.
»Was schießen Sie?«, fragte sie.
»Speedballs, pures H, manchmal H mit Whiskey, manchmal weiß ich’s auch nicht genau. Ein paar von uns kochen manchmal mit demselben Löffel ab und schießen mit demselben Besteck.«
»Ich lasse Sie festnehmen. Ich rate Ihnen, dass Sie sich mit Ihrem Anwalt in Verbindung setzen, wenn man Sie telefonieren lässt. Danach soll er mich anrufen.«
»Ich hab früher Ihren Rasen gemäht. Ich hab Botengänge für Ihren Opa erledigt. Perry LaSalle sind Schwarze ganz egal. Dem geht’s bloß um sich selber. Die wollen meine Oma umbringen. Und meine Schwester ebenfalls.«
»Wer will sie umbringen?«
Er ballte die Fäuste und drückte sie sich an die Schläfen. »An dem Tag, wo ich das sage, sind meine Oma und meine Schwester tot. Damit kann ich mich nirgendwo hinwenden, Miss Barbara«, sagte Tee Bobby.
Barbara zog das Magazin aus dem Griff ihrer 25er, warf die Patrone in der Kammer aus und steckte Magazin und Pistole in die Tasche ihres Bademantels.
»Wie oft haben Sie heute schon gefixt?«, fragte sie.
»Dreimal. Nein, viermal.«
»Stehen Sie auf«, sagte sie.
»Wozu?«
»Sie müssen unter die Dusche. Sie stinken.«
Sie zog ihn an einem Arm hoch, stieß ihn dann vor sich her, die Treppe hinauf.
»Wollen Sie mich anzeigen?«, fragte er.
»Im Moment rate ich Ihnen, den Mund zu halten.« Sie schubste ihn ins Badezimmer. »Ich habe ein paar Sachen von meinem Bruder hier. Ich werfe sie Ihnen rein. Und eine Papiertüte. Wenn Sie geduscht haben, packen Sie Ihre dreckigen Sachen in die Papiertüte. Danach wischen Sie die Dusche und den Boden auf und stecken das schmutzige Handtuch in den Wäschekorb. Wenn Sie noch einmal in mein Haus einbrechen, schieße ich Ihnen den Schädel weg.«
Sie schloss die Badezimmertür, griff zum Telefon und tippte eine Nummer ein.
»Barbara Shanahan. Jetzt können Sie beweisen, was für ein toller Typ Sie sind«, sagte sie.
»Es ist ein Uhr morgens«, sagte ich.
»Wollen Sie Tee Bobby in meiner Wohnung abholen, oder ist es Ihnen lieber, wenn er seine vierfache Dröhnung in einer Gefängniszelle ausschwitzt?«, fragte sie.
Als ich zu Barbara kam, saß Tee Bobby im Wohnzimmer, hatte eine viel zu große Khakihose und ein rot-goldenes T-Shirt der Louisiana State University mit abgeschnittenen Ärmeln an. Er schniefte ständig und wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab.
»Die ham Sie geschickt?«, sagte er.
»Gehen Sie runter zu meinem Pickup und warten Sie dort«, sagte ich.
»Die Entgiftung hat noch nicht offen. Was ham Sie vor?«, sagte er.
»Ich schmeiße Sie gleich die Treppe runter«, sagte Barbara.
Als Tee Bobby weg war, berichtete sie mir, was vorgefallen war.
»Warum haben Sie ihn nicht von der Stadtpolizei abholen lassen?«, fragte ich.
»Bei diesem Fall gibt es zu viele Fragezeichen«, erwiderte sie.
»Zweifeln Sie an
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