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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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dem grünen Gras am langen Uferdamm des Mississippi.
    Die Schwitzkästen, eiserne Kessel, in denen die Menschen Höllenqualen erlitten, standen auf dem blanken Beton in Camp A, dort, wo Leadbelly, Robert Pete Williams, Hogman Matthew Maxey und Guitar Welch gesessen hatten. Wenn ein Sträfling bei der Arbeit das Bewusstsein verlor, wurde er auf einen Ameisenhaufen gelegt. Kapos, die hoch zu Ross saßen und mit abgesägten, doppelläufigen Flinten bewaffnet waren, passten auf, dass keiner ihrer Mithäftlinge flüchtete, denn sonst mussten sie deren Strafe mit verbüßen. Dementsprechend hoch war die Zahl der Todesopfer unter den Sträflingen, die einen Fluchtversuch unternahmen.
    Die Vorhänge bauschten sich im Wind, als ich mit Buttermilk Strunk am Küchentisch saß. Sein Gesicht war platt wie ein Kuchenteller, die Haut nahezu haarlos und die Augen wirkten so blau wie bei einem neugeborenen Baby, rein und unschuldig, als wüsste er gar nicht, was Zweifel oder Gewissensbisse sind. Bei jedem Atemzug drang ein dumpfes Pfeifen aus seiner mächtigen Brust, und er roch nach Seife, Talkumpuder und dem Whiskey, den er aus einem Marmeladenglas trank. Sein Hemd war unter der Brust abgeschnitten, und die Stelle, an der sich die Leber befand, sah aus, als hätte man ihm einen Fußball unter die Haut genäht. Nach seiner Pensionierung war er noch fünf Jahre für die Staatspolizei tätig gewesen. Jedes Mal, wenn ein Sträfling ausgebrochen war, wurde Buttermilk Strunk von Staats wegen damit beauftragt, ihn wieder einzufangen. Buttermilk hatte acht Männer getötet und nicht einen Sträfling lebend ins Gefängnis zurückgebracht.
    »Können Sie sich an einen Wachmann namens Legion erinnern, Cap?«, fragte ich. »Guidry hieß er möglicherweise mit Nachnamen.«
    Er wirkte einen Moment lang unsicher, wandte den Blick ab, schaute mich dann wieder an. »Er hat in Camp I gearbeitet. Das war damals noch zur Hälfte mit Frauen belegt«, erwiderte er.
    »Wissen Sie mehr über ihn?«
    »Man hat ihn rausgeschmissen. Ein paar von den farbigen Mädels haben gesagt, er hat sie belästigt.«
    »Ist das alles, was Ihnen dazu einfällt?«
    »Warum wollen Sie das überhaupt wissen?«
    »Ich bin mit ihm aneinander geraten.«
    Er setzte das Marmeladenglas an, als wollte er einen Schluck trinken, stellte es dann wieder ab. Er stand auf, kippte den Whiskey in die Spüle und wusch das Glas unter dem Wasserhahn aus.
    »Habe ich irgendwas Falsches gesagt?«, fragte ich.
    »Lesen Sie manchmal in der Heiligen Schrift?«
    »Ab und zu.«
    »Dann sind Sie schon auf seinen Namen gestoßen. Behelligen Sie mich bloß nicht mit diesem Mann und erzählen Sie keinem, dass ich über ihn geredet habe. Sie sollten sich jetzt lieber auf den Weg machen, Mr. Robicheaux«, sagte er, spitzte den Mund und wich beharrlich meinem Blick aus.
    Am nächsten Tag zeigte Barbara Shanahan mir einen Aspekt ihres Charakters, der mich nachdenklich stimmte, was meinen bisherigen Eindruck von ihr anging.

13
    Sie war zeitig zu Bett gegangen und gegen Mitternacht aufgewacht, weil sie von einem Vogel geträumt hatte, der an ihre Fensterscheibe flog. Sie setzte sich auf und schaute aus dem hinteren Fenster, sah aber nur die Spitzen der Bananenstauden und die grüne Gartenböschung, die an der Ziegelwand eines Lagerhauses aus dem neunzehnten Jahrhundert endete. Dann hörte sie das Geräusch wieder.
    Sie zog einen Bademantel an und schaute aus dem Wohnzimmerfenster auf den Bayou Teche, auf die dunklen Umrisse der Eichen und die grauen Steinmauern des alten Klosters, die sich schemenhaft auf der anderen Seite des Wassers abzeichneten. Dann wurde ihr klar, dass das Geräusch von unten kam, aus der Garage, wo ihr Wagen stand.
    Sie zog die Schreibtischschublade auf und holte eine 25er Selbstladepistole heraus. Sie ging in die Küche, öffnete die Tür zu der nach unten führenden Treppe und schaltete das Licht ein. Das Garagentor war geschlossen, von innen elektronisch verriegelt, und ihr viertüriger brauner Honda, dessen Lack makellos sauber und frisch gewachst war, schimmerte im Schein der Deckenlampe. Ihr Zehngang-Fahrrad, die Skier und die Bergsteigerausrüstung, die sie immer mitnahm, wenn sie im Urlaub nach Colorado und Montana fuhr, hingen ordentlich an Wandhaken oder waren auf den Regalen verstaut. Ihr Nylonrucksack und die Winterjacken leuchteten in sämtlichen Regenbogenfarben.
    Aber als sie die Treppe hinabstieg, meinte sie etwas zu spüren, das nicht hierher gehörte, etwas, das die

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