Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Dean Styles war nicht der Typ, der dazu bereit war, sein eigenes Wohlergehen hintanzustellen und zur Belustigung der Oberschicht in der Arena aufzutreten.
Soeben waren eine Studentin und ihr Freund in den Raum gekommen. Das Mädchen war reich, allgemein bekannt im Club, weil sie ziemlich laut, im Übrigen aber hohl, beschränkt und verzogen war, durch das Vermögen ihrer Familie vor Anfeindungen geschützt, ohne sich auch nur im Geringsten bewusst zu sein, wie sehr sie die Geduld und Nachsicht anderer Menschen strapazierte. Ihre schweißnassen blonden Haare waren hochgesteckt, die knappen weißen Shorts spannten sich um die braun gebrannten Schenkel. Sie schob eine Kassette in die Stereoanlage, drehte sie so laut auf, dass die Fenster klirrten, warf die Beine in die Luft und kaute auf ihrem Kaugummi herum.
»Ich will ja kein Ärger machen, aber ich brauch mein Trommelfell noch«, schrie Styles und ließ die Hände sinken.
Aber sie machte weiter, die Hände in die Hüfte gestützt, mit hüpfenden Brüsten, zählte mit dem Mund stumm mit, eins-zwei, eins-zwei, warf einen kurzen Blick zu Jimmy Dean Styles, schaute dann wieder geradeaus, eins-zwei, eins-zwei, und achtete nur noch auf ihr Ebenbild in dem vom Boden bis zur Decke reichenden Wandspiegel.
»Sag mal, vielleicht hast du mich nicht gehört, aber hier is zurzeit kein Aerobic-Kurs. Das heißt, dass ich keine Lust hab, mir hier Kopfschmerzen zu holen«, brüllte Styles und versuchte die Musik zu übertönen.
Sie hielt inne und tupfte sich mit einem Handtuch das Gesicht ab, wischte sich dann die Arme und den Ausschnitt ab und warf das Handtuch auf den Teppichboden. Ich dachte, sie würde die Kassette aus der Anlage nehmen, aber stattdessen schlug sie ein Rad quer durch den Raum, atmete hörbar aus, ging zum Trinkwasserspender, füllte sich einen Pappbecher mit Wasser und streifte sich vor dem Spiegel die Haarsträhnen aus der Stirn.
Styles drehte die Musik leiser, griff zu einem zweiten Paar Handschuhe, die auf einem Stuhl lagen, und warf sie dem Freund des Mädchens zu.
»Hier, ich zeig dir, wie man schwirrt wie ein Schmetterling und zusticht wie ’ne Biene«, sagte er.
»Ich boxe nicht«, erwiderte der Junge und wandte den Blick von Styles ab. Seine Wangen waren leicht gerötet, wie ein Pfirsich, den man zum Reifen ans Fenster gelegt hat. Seine dünnen Arme, die schmale Brust und die Befangenheit, die er vorschützte, deuteten darauf hin, dass er vermutlich sein Leben lang gehänselt und drangsaliert worden war. »Ich meine, Sie verschwenden wahrscheinlich bloß Ihre Zeit mit mir«, fügte er hinzu, als fragte er sich, mit welcher Ausrede er durchkommen könnte.
»Zieh sie lieber an, Mann«, sagte Styles und schlug dann eine Links-rechts-Kombination, die er knapp einen Zentimeter vor der Nase des Jungen abstoppte.
»Okay, Sie haben’s mir gezeigt. Danke.«
»Hier, ich mach’s noch mal. Bist du bereit? Sag mir, ob du bereit bist. Nicht blinzeln. Ich hab gesagt, du sollst nicht blinzeln«, sagte Styles.
»Ich versteh nichts davon.«
Styles’ Fäuste schössen vor, zischten haarscharf an Auge und Kinn des Jungen vorbei, worauf der zurückzuckte und sich duckte, ängstlich das Gesicht verzog, beschämt und sich seines Versagens bewusst.
Styles lächelte und zog den rechten Handschuh aus.
»Hey, war nicht bös gemeint. Mit dem entsprechenden Training kannst du auch mal jemand die Hucke vollhaun. Frag deine Frau da drüben. Die erkennt ’nen Killer, wenn sie einen sieht«, sagte er. Er steckte den Finger in den Mund und schmierte dem Jungen einen Klumpen Speichel ins Ohr.
Ich saß allein im Dampfbad, als Styles zehn Minuten später hereinkam, nackt, ein Handtuch um den Hals gebunden. Er hockte sich mit bloßem Hintern auf die gekachelte Sitzbank.
»Sie mögen Weiße nicht besonders, was?«, sagte ich.
Er betastete die Naht an seiner Wange, knüpfte das Handtuch auf, das er um den Hals gebunden hatte, und breitete es über seine Oberschenkel und seinen Phallus.
»Zwei Cops haben mich draußen vor meiner Hütte in die Mangel genommen. Ham den Teppichboden von meinem Auto aufgerissen. Ich hab gehört, wie sie Ihren Namen erwähnt haben. Wie wenn Sie denen womöglich gesagt ham, dass ich deale«, sagte Styles.
»Haben die Ihnen die Naht verpasst?«, fragte ich.
»Ich hab Ihnen nix getan, Mann. Warum ham Sie mich ständig auf dem Kieker?«
»Sie machen auch Menschen das Leben schwer, die die gleiche Hautfarbe haben wie Sie.«
Er musterte die
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