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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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vorbeigekommen bist. Wir würden dich ja gern zum Abendessen einladen, aber wahrscheinlich hast du schon gegessen. Warum kommst du also nicht ein andermal wieder?‹
    Sagt Zerelda: ›Clete, ich fasse es nicht. Wie kannst du nur so unhöflich sein?‹
    ›Tut mir Leid‹, sag ich. ›Bleib da und iss mit. Wenn ich noch ein paar Kartoffeln brate, reicht’s vielleicht für drei.‹
    Sagt sie: ›Tja, iss doch einfach allein, Clete Purcel.‹ Worauf die zwei die Straße runter zu der Eisdiele gehen. Und ich bin zum zweiten Mal von ’nem Beknackten ausgestochen worden, der einen Koffer voller Illustrierten und Bibeln auf ’nem Rollschuh durch die Stadt zieht. Meine Selbstachtung ist auf dem Hund, ich komme mir vor wie ausgespuckt und liegen gelassen.«
    »Klingt so, als ob du Zerelda los bist. Sei doch froh«, sagte ich.
    Er rieb sich das Gesicht. Ich hörte, wie seine Hand über die Stoppeln scharrte.
    »Nachdem Zerelda und der Dussel weg sind, kommt Frankie Dogs zu mir und sagt: ›Den Typ hab ich schon mal gesehn.‹
    Ich frag ihn, wo, als ob’s mir an dem Punkt wirklich drauf ankommt.
    ›Er hat früher den Niggern oben an der Tchoupitoulas Staubsauger angedreht‹, sagt Frankie Dogs. ›Die Staubsauger haben vierhundert Dollar gekostet, waren aber koreanischer Schrott. Er hat die Nigger belabert, bis sie einen Ratenzahlungsvertrag unterschrieben haben, aus dem sie nie wieder rausgekommen sind.‹
    Ich sage: ›Danke für die Mitteilung, Frankie.‹
    Sagt Frankie: ›Er hat drei-, viermal vorbeigeschaut und Zerelda gesucht. Joe will ihn hier nicht sehen. Du musst dir also keine Sorgen machen, dass er dich aus der Kiste schmeißt.‹«
    Clete schnaubte, griff zu seiner Kaffeetasse und starrte aus dem Fenster, als könnte er nicht fassen, dass sein Liebesglück von der Gunst der Mafia abhing.
    »Was hast du gesagt?«, fragte ich.
    »Gar nichts. Ich bin aus dem Motel ausgezogen. Warum passiert immer mir so was?«, sagte er.
    Bin ich überfragt, dachte ich.
    Am nächsten Tag versuchte ich mich auf die Ermittlungen im Mordfall Linda Zeroski zu konzentrieren. Aber die Zuhälter, Crackdealer und Huren, die mit Linda befreundet gewesen waren, ließen mich abblitzen, sodass ich kein Stück weiterkam. Außerdem machte mir noch etwas anderes zu schaffen. Der Mann, der sich Legion nannte, ging mir nicht aus dem Kopf. Mitten in einem Gespräch oder beim Essen hatte ich seinen Mund vor Augen, als er sich zu mir herabbeugte, roch seinen nach Tabak stinkenden Atem, den trockenen Männerschweiß, der an seiner Kleidung klebte, worauf ich alles liegen und stehen lassen und unter den verwunderten Blicken der anderen weggehen musste.
    Die erste Geschichte über Legion hatte mir Batists Schwester erzählt. Mir fiel ihre Schilderung wieder ein, wie Legion auf Poinciana Island eintraf und ein ehemaliger Sträfling seine Hacke an den Zaun lehnte, nachdem er einen Blick auf den neuen Aufseher geworfen hatte, sieben Meilen weit bis New Iberia lief und nie wieder zurückkehrte, nicht einmal, um seinen Lohn abzuholen.
    Ich rief einen pensionierten Gefängniswärter namens Buttermilk Strunk an, der einst bewaffneter Wachposten in Angola gewesen war, meldete mich in der Dienststelle ab und fuhr zu einer unweit vom Tor zur Haftanstalt gelegenen kleinen Pfefferfarm und einem mit Wellblech gedeckten Holzhaus. Buttermilk war nicht der rundliche, teigige und allzeit fröhliche Bursche, wie man aufgrund seines Namens hätte meinen können. Er zählte vielmehr zu den Menschen, zu denen weder Psychiatern noch Theologen ein passender Begriff einfällt.
    Wie es im Louisiana meiner Jugendjahre in Angola zuging, lässt sich nur schwer beschreiben, weil niemand glauben, geschweige denn einsehen mag, zu welchen Auswüchsen es innerhalb der menschlichen Gesellschaft kommen kann, wenn wir zulassen, dass die Schlimmsten unter uns, diejenigen, die für gewöhnlich selbst Psychopathen sind, Macht über die Ohnmächtigen bekommen.
    Die Häftlinge in der Red-Hat-Gang, die ihren Arbeitsdienst am Flussdeich leisteten, mussten ständig im Laufschritt gehen, sich sputen und spuren, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, beziehungsweise von »Siehtnix bis Siehtnix«, wie es die Wachen nannten. Die Posten, die auf sie aufpassten, erschossen mutwillig renitente Häftlinge und verscharrten sie irgendwo, ohne mit ihrem Arbeitsplan auch nur einen Moment in Verzug zu geraten. Die Gebeine dieser Häftlinge ruhen nach wie vor in unbekannten Gräbern unter den Butterblumen und

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