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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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für einen Spinner. Der Sheriff hat Sie hängen lassen. Sie sind selbstzerstörerisch. Ich wünschte, Sie hätten Jimmy Dean Styles umgebracht. Suchen Sie es sich aus.«
    »Wer ist der Anwalt?«
    Sie zwinkerte mir zu. »Legen Sie ein Stück Eis auf das Auge, mein Hübscher«, sagte sie.
    Der Duft ihres Parfüms hing in der Luft, als sie wieder wegging und die Bemerkungen, die ihr durch die Gitterstäbe der angrenzenden Zellen zugeworfen wurden, mit einem leichten Lächeln quittierte.
    Zehn Minuten später kam Perry LaSalle mit einem Wärter den Korridor entlang.
    »Kennen Sie einen Song von Lazy Lester mit dem Titel ›Don’t Ever Write Your Name on the Jailhouse Wall‹? Mann, ich liebe diesen Song. Übrigens, Jimmy Dean Styles hat seine Brücke verschluckt und musste sich den Magen auspumpen lassen. Wie finden Sie das, Dave?«, sagte er.
    Cops bezeichnen es als »Findling«, manchmal auch als »Alteisen«. Es kann sich um einen Tränengasstift handeln, um eine Spielzeugpistole oder auch eine echte Knarre, mit weggeätzter oder abgeschliffener Seriennummer.
    Es kann aber auch ein Schnappmesser sein.
    Wenn bei einer Schießerei etwas schief geht, und der Verdächtige liegt tot am Boden und aus seiner offenen Hand fallen nur die Autoschlüssel statt der Westentaschenautomatik, die man glaubte gesehen zu haben, kann man entweder vor dem internen Untersuchungsausschuss die Wahrheit sagen und hochkant rausfliegen, fährt vielleicht sogar ein und sitzt dann zusammen mit den Leuten, die man selber dort hingebracht hat, oder man nimmt den Findling, den man sich mit Klebeband am Knöchel befestigt hat, wischt ihn mit einem Taschentuch ab, wirft ihn auf die Leiche und bittet Gott darum, dass er mal kurz in die andere Richtung schaut.
    »Barbara muss Sie ziemlich mögen«, sagte Perry, als wir in Richtung New Iberia fuhren. Das Verdeck seiner Gazelle war heruntergeklappt, die Luft war warm, und im Schatten der Eichen, die sich wie ein Tunnel über uns spannten, blühten die Wunderblumen.
    »Warum?«, fragte ich.
    »Sie hat mich angerufen, damit ich Sie aus dem Knast hole. Normalerweise behandelt sie mich wie Kaugummi, der unter dem Kinositz klebt.« Seine Wangen waren gerötet, als er sich zu mir umdrehte, und die bräunlich-schwarzen Haare wehten ihm in die Stirn. »Purcel hat die Schlägerei mitangesehen, ist aber nicht dazwischen gegangen?«
    »Fragen Sie das lieber Clete.«
    »Er würde doch Ihretwegen keinen Meineid schwören, oder?«
    »Clete?«, erwiderte ich.
    Tags darauf, am Mittwochmorgen, meldete ich mich wieder zum Dienst und ging den Korridor zu meinem Büro entlang, als wäre nichts gewesen. Wally, unser Telefonist, winkte mir mit hoch gerecktem Daumen zu, und zwei Deputys in Uniform klopften mir im Vorbeigehen auf die Schulter. Mit dem Sheriff kam ich nicht so gut klar.
    »Sie tun Dienst am Schreibtisch, bis wir den Schlamassel in St. Martinville bereinigt haben«, sagte er durch die Tür gebeugt.
    Ich nickte.
    »Sonst haben Sie nichts dazu zu sagen?«, fragte er.
    »Freunde stehen einander bei«, sagte ich.
    »In meiner Dienststelle wird aber auch nicht Wildwest gespielt«, erwiderte er und ging weg, als ihm das Blut in den Kopf stieg.
    Mittags fuhr ich zu Perry LaSalles Kanzlei bei den Shadows, ohne zu ahnen, dass mir ein Erlebnis bevorstand, bei dem mir wieder einmal bewusst wurde, dass unser Wissen über das menschliche Verhalten immer unzulänglich sein wird, dass wir anscheinend alle unsere Schwächen haben und einen gewissen Hang zur Selbsterniedrigung.
    Perry bat mich um eine schriftliche Stellungnahme zu dem Vorfall in Jimmy Dean Styles’ Nachtclub. Während ich auf einem Anwaltsblock meinen Text schrieb, blickte er auf die Straße hinunter, auf die Caladien vor dem Haus, die immergrünen Eichen, unter denen sich 1863 die Jungs aus Louisiana in ihren zimtbraunen Uniformen den Teche aufwärts zurückgezogen hatten, auf die Häuser mit ihren Säulenportalen, auf deren Balkons man sich nachmittags immer noch Tee und Highballs servieren ließ, ungeachtet der Jahreszeit, unbeirrt von irgendwelchen historischen Ereignissen, die die ganze übrige Welt erschütterten.
    Nachdem ich mit der eher kurz geratenen Darstellung meines Angriffs auf Jimmy Dean Styles fertig war und den Bericht mit dem neutral gehaltenen Hinweis zu Ende gebracht hatte, dass die Polizei unter einem in der Nähe stehenden Tisch ein Schnappmesser gefunden habe, wartete ich, bis Perry sich von dem Anblick losriss, der seine Aufmerksamkeit

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