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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Lebensgefühl, das mich immer an eine Zeit erinnert, in der ein Baseballspiel in der Juniorenliga oder eine Radiosendung am Abend etwas Besonderes waren.
    Es war ein so genanntes Buch-Meeting, bei dem jeder Teilnehmer aus dem Blauen Buch vorlas, in dem die Grundsätze der Gemeinschaft enthalten sind, die sich Anonyme Alkoholiker nennt. Aber ich war hierher gekommen, weil ich das tun wollte, was man unter Anonymen Alkoholikern als fünften Schritt bezeichnet. Oder, um es genauer zu sagen, weil ich all meine Verfehlungen eingestehen wollte.
    Bei den Teilnehmern handelte es sich größtenteils um Menschen aus der Mittelschicht, die bei den Meetings weder Kraftausdrücke gebrauchten noch ihr Privatleben ausbreiteten. Im Großen und Ganzen waren es die gleichen Leute, denen man auch bei einem Elternabend begegnete. Als ich an der Reihe war, wurde mir klar, dass die Welt, in der ich lebte und arbeitete und die in meinen Augen ziemlich normal war, nicht das geringste mit dem Alltag dieser Menschen zu tun hatte, die sich allenfalls einmal einen Strafzettel einhandelten.
    Ich erzählte ihnen alles. Dass ich die Diätpillen meiner Frau geklaut hatte, weil sie Amphetamin enthielten, mich dann mit weißem Speed aufgeputscht hatte, das aus der Asservatenkammer stammte. Dass ich mit beiden Fäusten auf Jimmy Dean Styles Gesicht eingedroschen, ihm Nase und Lippen zerschlagen, die Brücke in den Rachen getrieben, seinen Kopf gepackt und immer wieder auf die Bar geschmettert hatte, bis meine Hände von seinem Blut und dem Schweiß aus seinen Haaren glitschten, während mir ein unersättlicher weißer Wurm ein Loch ins Hirn fraß und ich die Zähne zusammenbiss, weil mich eine Gier gepackt hatte, gegen die weder Sex noch Gewalt oder Dope halfen, die nichts als Whiskey, Whiskey und nochmals Whiskey stillen konnte.
    Als ich fertig war, herrschte rundum Stille. Eine gut gekleidete Frau stand auf und ging auf die Toilette, und wir hörten, wie das Wasser ins Waschbecken lief, während sie sich hinter der Tür wiederholt räusperte.
    Der Gesprächsleiter an diesem Abend war ein pensionierter Zugführer aus Mississippi, ein freundlicher Mann mit silbergrauen Haaren.
    »Nun denn, Sie haben es sich von der Seele geredet, Dave. Wenigstens haben Sie jetzt nicht vor, jemand umzubringen«, sagte er und fing an zu lächeln. Dann sah er mir ins Gesicht und senkte den Blick.
    Als das Meeting beendet war, blieb ich allein in dem Wohnzimmer sitzen, während das Licht zwischen den Bäumen fahler wurde. Als ich aufbrach, war der Parkplatz verlassen, und die Straßen waren menschenleer. Ich fuhr zu einem Poolsalon in St. Martinville, trank an der Bar einen Kaffee und sah ein paar alten Männern beim Bouree-Spielen zu, sah, wie die Schatten des Deckenventilators über ihre Gesichter und Hände strichen, regelmäßig wie eine Uhr, auf die niemand achtete.

18
    Im Lauf der Nacht meldete jemand über Notruf, dass in einer schwarzen Slumgegend nahe der Loreauville Road ein Überfall mit einem Messer als Waffe stattgefunden habe. Ein gewisser Antoine Patout, ein aus New Orleans stammender Mann mit orange-roten Haaren, hatte mit seiner Freundin im Haus seiner Tante geschlafen, als ein Eindringling durch das Fenster kletterte, das Laken von Patouts Hintern zog und ihm einen fast anderthalb Zentimeter tiefen Schnitt quer über beide Backen zufügte.
    Während Patout schrie und seine Freundin das Bettzeug zusammenknüllte und die Wunde zu schließen versuchte, stieg der Eindringling seelenruhig durch das Fenster hinaus in die Dunkelheit, klappte dabei sein Messer zusammen und steckte es in die Gesäßtasche. Niemand hörte ein Auto wegfahren. Die Freundin erzählte dem Polizisten, der als Erster am Tatort eintraf, dass sie weder das Gesicht noch die Hautfarbe des Angreifers habe erkennen können, aber ihrer Ansicht nach handelte es sich um einen der Nachbarn, mit dem sich Patout gestritten habe, weil er immer bis ein Uhr nachts mit voller Lautstärke Rap-Musik spielte.
    Helen Soileau kam am frühen Donnerstagmorgen in mein Büro.
    »Weißt du, wie der Typ mit den scheckig gefärbten Haaren heißt, der immer mit Jimmy Dean Styles rumzieht?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Du weißt nicht, wie der Typ heißt, dem du eine 45er übers Gesicht gezogen hast?«
    »Nein, ich habe mich nicht danach erkundigt.«
    »Ist das nicht derselbe Typ, der Marvin Oates eine Bierflasche über den Schädel geschlagen hat?«
    »Schon möglich, Helen. Ich sitze am Schreibtisch

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