Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
fesselte.
    »Sir?«, sagte ich.
    »Oh, ja, tut mir Leid, Dave«, sagte er und runzelte die Stirn, während er den Text auf dem Block las.
    »Hab ich’s nicht gut genug hingekriegt?«, sagte ich.
    »Nein, nein, das ist bestens. Jemand will mich sprechen.«
    Ehe er den Satz zu Ende brachte, stand Legion Guidry im Türrahmen. Seine Khakisachen waren frisch gebügelt, steif gestärkt, und seine Augen waren unter der Krempe des Strohhuts kaum zu sehen. Aber ich nahm seinen Körpergeruch war, eine Mischung aus Männerschweiß, Zwiebeln, Hamburger, Dieselöl, das vermutlich auf seine Stiefel gespritzt war, und dem Zigarettentabak, den er sich gerade von der Zunge zupfte.
    »Was macht der denn hier?«, fragte er.
    »Eine kleine Rechtssache. Damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt«, sagte Perry, ohne auf die unterschwellige Beleidigung einzugehen.
    »Der Hundsfott hat mir ins Essen gespuckt«, sagte Legion.
    »Nehmen Sie unten Platz, Legion. Ich komme gleich zu Ihnen«, sagte Perry.
    »Was macht ihr hier überhaupt? Was steht auf dem Block da?«
    »Das hat nichts mit Ihnen zu tun. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf«, sagte Perry.
    »Gib mir das da«, sagte Legion.
    »Mr. Dave und ich müssen hier eine persönliche Angelegenheit regeln. Legion, tun Sie das nicht. Das ist mein Büro. Das müssen Sie respektieren«, sagte Perry.
    »Sie haben einen Mann in Ihrem Büro, der mich als Schwuchtel bezeichnet hat. Für mich is der kein ›Mister‹«, sagte Legion und stemmte sich mit der Hand auf den Anwaltsblock, dass sich das Blatt unter seinem Daumen wellte. »Was steht da?«
    »Dave, könnten Sie vielleicht unten warten?«, sagte Perry, dessen Gesicht vor Verlegenheit rot anlief.
    »Ich muss wieder ins Büro. Wir sehen uns später«, sagte ich.
    Ich ging aus dem klimatisierten Gebäude hinaus in den Mittagslärm der Stadt, wo mir die Hitze noch drückender als sonst vorkam, der Benzingeruch auf der Straße noch stechender. Ich hörte, wie Perry hinter mir die Tür öffnete und den Gehweg entlangkam. Er versuchte zu lächeln, so viel Würde zu wahren, wie es unter diesen Umständen möglich war.
    »Er ist alt und ungebildet. Alles, was er nicht begreift, erschreckt ihn. Wir haben diesen Leuten jegliche Möglichkeit verwehrt, ihren Horizont zu erweitern. Jetzt müssen wir dafür büßen«, sagte er.
    Falsch, Perry, dachte ich. Nicht wir.
    An diesem Abend saß ich eine ganze Zeit lang allein im Garten hinter meinem Haus. Der Himmel war purpurrot, voller Vögel, und die Sonne glühte wie eine Esse hinter einer dunklen Wolkenbank. Ich spürte Bootsies Hände auf meiner Schulter.
    »Perry LaSalle hat angerufen. Er sagt, die Anklage wegen Körperverletzung lässt sich vermutlich nicht aufrechterhalten. Hat irgendwas damit zu tun, dass Clete ein Messer gesehen hat«, sagte sie.
    »Cletes Aussage ist nicht ganz astrein«, sagte ich.
    »Wieso?«
    »Er war nicht dabei. Er ist später hingegangen und hat ein Schnappmesser unter einen Tisch geworfen.«
    Ich spürte, wie sie die Hände wegzog.
    »Dave, die Sache scheint mir immer schlimmer zu werden«, sagte sie.
    »Clete ist ein Freund, der zu einem hält. Der Sheriff nicht.«
    »Er ist in sein Amt gewählt. Was soll er denn machen? Zulassen, dass du alle Leute, die du nicht leiden kannst, zusammenschlägst?«, sagte sie.
    Ich stand vom Picknicktisch auf und ging die Auffahrt hinunter, zu meinem Pickup. Ich hörte sie hinter mir im Gras, aber ich ließ den Motor an und setzte zur Straße zurück, legte dann den ersten Gang ein und fuhr weg, sah ihr Gesicht am Fenster vorbeigleiten wie einen hellen Ballon, aber ihre Worte verwehte der Wind.
    Die Zusammenkunft der Anonymen Alkoholiker fand an diesem Mittwoch um 19 Uhr im Wohnzimmer eines kleinen grauen Hauses statt, das der Episkopalkirche gehörte und inmitten immergrüner Eichen lag, durch die man das massige Steingemäuer der alten Iberia Highschool auf der anderen Straßenseite sah. In dieser Gegend, mit ihrem Spritzenhaus, den Bäumen rundum, den Straßen, die nach einem Regenschauer feucht schimmerten, den Rasenflächen und kleinen Veranden, auf die ein Junge auf einem Fahrrad die Nachmittagszeitung warf, den blinkenden Lichtern und klingelnden Glocken an einem einsamen Bahnübergang, kam man sich vor, wie in ein Amerika versetzt, nach dem wir uns vermutlich alle sehnen, einem Land, das durch zwei Ozeane geschützt war, in dem auch die kleinen Leute zufrieden waren, weil sie mit ihrer Hände Arbeit etwas erreichen konnten – ein

Weitere Kostenlose Bücher