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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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man wird fotografiert, bekommt eine Reinigungscreme und einen schmutzigen Lappen, um die Tinte von den Händen zu entfernen, wird von Leuten mit tonloser Stimme angesprochen, die sich nie direkt an einen wenden, einen nie anschauen, als ob sie meinten, sie würden einem durch bloßen Blickkontakt eine gewisse Menschenwürde zugestehen, die man nicht verdient hat.
    Dann sitzt man herum. Oder man liegt am Boden. Oder man versucht irgendwo in der überfüllten Zelle einen Platz zu finden, möglichst weit weg von der offenen Toilette, auf die man irgendwann geht, auch wenn einem sämtliche Mitinsassen und alle, die auf dem Flur vorbeigehen, dabei zusehen können. Aber die meiste Zeit wartet man einfach. Keine sexuellen Kontakte in der Dusche, kein Zoff mit Schwarzen oder Marielitos aus Castros Gefängnissen, für deren Unterbringung die Regierung aufkommt, keine Begegnungen mit Vagabunden oder Safeknackern, wie sie ein Damon Runyon oder O. Henry schildern. Die meisten Missetäter sind unglücklich und dumm. Tobsüchtige werden ruhig gestellt, gewaltsam unter die Dusche geschleppt, mit Desinfektionsmitteln eingestäubt und in Kliniken verlegt. Die Wachteln sind für gewöhnlich Blödmänner, die sich Sorgen um ihre Prostata machen.
    Man wartet in einem Vakuum, möglicherweise in einem großen, farblosen Raum, ein weiteres Gesicht unter den Gesichtslosen und Ungebildeten, den Dämlichen und Selbstmitleidigen, ist davon überzeugt, dass man nicht so ist wie die anderen, dass es einen nur durch Missgeschick hierher verschlagen hat. Nach einer Weile fragt man sich, worauf man wartet, dann wird einem klar, dass man an die nächste Mahlzeit denkt, an eine Gelegenheit, auf die Toilette zu gehen oder einen Moment lang an einem Fenster zu stehen, durch das man einen Baum sieht. Eines Morgens fragt man jemanden, welcher Wochentag ist.
    Von dem Leben, das man einst geführt hat, bekommt man nur noch Bruchstücke mit, vielleicht durch einen Brief, einen Besucher, der sich dazu verpflichtet fühlt, oder durch Mitteilungen von der Bank, die einem den Kredit kündigt und das Eigentum pfänden lässt. Der Lärm, die Langeweile und die Gleichförmigkeit im Gefängnis sind mit der Zeit das Einzige, das einem dabei hilft, die Trostlosigkeit zu vergessen, die tagtäglich an einem zehrt.
    Wenn es überhaupt einen Anhaltspunkt gibt, an dem sich erkennen lässt, dass das Leben eines Menschen aus den Fugen gerät, dann ist es meiner Meinung nach der Tag, an dem man sich hinter schwedischen Gardinen wiederfindet.
    Ich rief Bootsie an, aber niemand war zu Hause. Als Alafairs Ansage auf dem Anrufbeantworter endete und der Piepton ertönte, wollte ich erst eine Nachricht hinterlassen, aber dann wurde mir klar, dass eine schlichte Mitteilung nicht genügte, dass dadurch alles nur noch schlimmer werden könnte. Ich legte den Hörer wieder auf und rief in Cletes Apartment an, aber niemand meldete sich. Eine halbe Stunde verging, dann bat ich den Wärter um einen weiteren Gang zum Telefon.
    »Vielleicht brauchen Sie das gar nicht. Sie haben Besuch«, sagte er. Dann schrie er in die anderen Zellen: »Frau am Tor.«
    »Eine Frau?«, sagte ich.
    Barbara Shanahan, deren Parfüm in einem Gefängnis so fremd und unpassend war wie eine Blume in einer Maschinenfabrik, kam in einem rosa Kostüm, weißer Bluse und Stöckelschuhen den Korridor entlang. Sie blieb an der Zellentür stehen, einen Anflug von Mitleid im Blick, der mich die Augen abwenden ließ.
    »Clete hat der hiesigen Polizei erzählt, dass er die Schlägerei mitangesehen hat. Er hat sie dazu überredet, noch mal in den Club zu gehen und den Bereich abzusuchen, wo Styles gesessen hat. Sie haben ein Schnappmesser unter einem Tisch gefunden«, sagte sie.
    »Ein Schnappmesser, sagen Sie?«, sagte ich.
    »Richtig.« Sie ließ den Blick über mein Gesicht schweifen. »Clete sagt, er hätte gesehen, wie Styles Sie damit bedroht hat. Aber im Polizeibericht wird kein Messer erwähnt. Ich frage mich, wie das kommt.«
    »Ich weiß nicht mehr ganz genau, was vorgefallen ist.«
    »Ich habe nicht vor, mich auch nur annähernd damit auseinander zu setzen, aber ich habe zwei Anrufe erledigt. In Kürze wird ein Kautionsadvokat hier eintreffen. Desgleichen Ihr Anwalt.«
    »Mein Anwalt? Ich habe keinen Anwalt.«
    »Jetzt schon. Er ist ein Arschloch, aber er ist der Beste seines Faches.«
    »Warum tun Sie das?«, fragte ich.
    »Sie sind ein guter Cop und haben diesen Mist nicht verdient. Die meisten Menschen halten Sie

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