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Die Schuld des Tages an die Nacht

Titel: Die Schuld des Tages an die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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arbeite hart, und ich werd’s schon schaffen. Die Dinge scheinen sich gut zu entwickeln, warum sollte man sich da nicht mal was gönnen? Am Donnerstag treffe ich mich mit einem angesehenen Kaufmann. Der ist seriös, versteht was vom Geschäft. Er nimmt mich zum Teilhaber.«
    »Ich bitte dich, Issa, sprich nicht über deine Pläne, wenn du willst, dass etwas daraus wird. Du hast bisher noch nie Glück gehabt.«
    »Ich verrate dir ja nicht alles. Du wirst noch Augen machen! Mein künftiger Kompagnon hat von mir eine gewisse Summe verlangt, um bei ihm einzusteigen, und diese Summe … nun … ich habe sie! «
    »Ich flehe dich an, kein Wort mehr!« Erschrocken spuckte meine Mutter aus, um die bösen Geister fernzuhalten. »Lass die Dinge im Verborgenen reifen. Der böse Blick verschont die Schwätzer nicht.«
    Mein Vater verstummte, doch in seinen Augen lag ein triumphierender Glanz, wie ich ihn noch nie bei ihm gesehen hatte. In dieser Nacht feierte er seine Aussöhnung mit dem Schicksal. Er schlachtete beim Geflügelhändler einen Hahn, rupfte ihn und nahm ihn noch an Ort und Stelle aus, bevor er ihn ganz unten im Korb versteckt nach Hause brachte. Wir aßen erst spät an diesem Abend, in aller Stille, aus Rücksicht auf die anderen im Patio, die oft kaum etwas zu beißen hatten.
    MeinVater war überglücklich. Eine Clique von Freunden mitten im wildesten Jahrmarktstreiben hätte nicht ausgelassener gewirkt als er. Er zählte die Tage an den Fingern ab. Noch fünf Tage, noch vier, noch drei …
    Er ging weiter zur Arbeit, aber er kam jetzt früher nach Hause. Um zu sehen, wie ich ihm entgegenlief … Mich schlafend vorzufinden hätte seine Freude getrübt. Es war ihm lieber, wenn ich bei seiner Rückkehr noch munter war. Dann konnte er sicher sein, dass ich es mitbekam, wie der Wind sich drehte und die Wolken über unseren Häuptern vertrieb. Und dass mein Vater so robust wie eine Eiche war, fähig, mit der bloßen Faust ganze Berge zu versetzen.
    Und da war er endlich, dieser so sehnsüchtig erwartete Donnerstag.
    Es gibt Tage, die keine Jahreszeit duldet. Tage, vor denen die Vorsehung in Deckung geht und ebenso die Dämonen. Tage, an denen die Schutzpatrone durch Abwesenheit glänzen und in denen die verlassenen Menschen sich für immer verlieren. Dieser Donnerstag war ein solcher Tag. Mein Vater hatte es gleich erkannt. Schon der grauende Morgen trug das Mal auf der Stirn. Mein Leben lang werde ich mich daran erinnern. Es war ein hässlicher, elender, heftiger Tag, der unablässig vor sich hin wütete, mit Gewitterschauern und Donnerschlägen, die wie Bannflüche dröhnten. Der Himmel spann ausweglos finstere Gedanken, die Wolken schienen in Mörderlaune und glühten kupferrot.
    »Du wirst doch bei so einem Wetter nicht nach draußen gehen«, jammerte meine Mutter.
    Mein Vater stand in der Tür zum Patio, den Blick auf die dunklen Wülste geheftet, die den Himmel zupflasterten wie ein böses Omen. Er fragte sich, ob er nicht besser daran täte, seine Verabredung zu verschieben. Aber das Glück lacht nur dem, der es zu packen versteht. Das wusste er, und deshalb dachte er, hinter dem unguten Gefühl, das ihn befallen hatte, stecke der Böse, der nur versuche, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.Nach den ersten Schritten drehte er sich um und befahl mir, mitzukommen. Vielleicht war ihm eingefallen, dass er das Schicksal gnädig stimmen könnte, zumindest die Wucht seiner Schläge mildern, wenn er mich mitnähme.
    Ich schlüpfte rasch in Gandura und Gummistiefel, zog mir die Kapuze über und rannte hinter ihm her.
    Als wir am vereinbarten Treffpunkt ankamen, waren wir bis auf die Knochen durchnässt. Meine Füße quietschten in den wassergefüllten Stiefeln, und die Kapuze lastete schwer wie ein Joch auf meinen Schultern. Die Straße war völlig ausgestorben. Außer einem Eselskarren, der umgekippt auf dem Gehweg lag, war niemand zu sehen – fast niemand. Denn El Moro war da: ein Raubvogel, der Menschen auflauert. Sobald er uns kommen sah, schoss er aus seinem Versteck. Seine Augen glichen dem Lauf eines Jagdgewehrs – in ihren Höhlen lauerte der Tod. Mein Vater hatte nicht damit gerechnet, ihn hier anzutreffen. Und El Moro fackelte nicht lange: ein Kopfstoß, ein Fußtritt, ein Faustschlag. Mein Vater, der völlig überrumpelt war, brauchte eine Weile, um sich zu fangen. Er verteidigte sich tapfer, erwiderte Schlag um Schlag, entschlossen, sich den Schneid nicht so schnell abkaufen zu lassen. Aber El Moro war

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