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Die Schuld einer Mutter

Die Schuld einer Mutter

Titel: Die Schuld einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Daly
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Tisch legen und so tun, als würden sie schlafen. So einen hatte ich neulich. Wenn du ihn lange genug zappeln lässt, wird er dir sagen, was du hören willst.«
    Am hinteren Ende des Korridors erschallt lautes Gelächter, und Joanne und Cynthia drehen sich zu zwei jungen Sekretärinnen um, die den Eingang zu ihrem Büro mit Weihnachtsgirlanden schmücken. Die eine steht auf halber Höhe auf einer Leiter und muss so sehr lachen, dass sie eine Hand zwischen ihre Beine pressen muss. Die andere hält sich zwei Christbaumkugeln vor die Brust. Cynthia schüttelt nachsichtig den Kopf und verabschiedet sich von Joanne.
    Nachdem sie sich einen Kaffee geholt hat, nimmt Joanne sich einen Moment Zeit, um bei Ron Quigley vorbeizuschauen, nur um zu hören, ob es Neuigkeiten gibt.
    Ron hat das Telefon am Ohr und wirkt gehetzt. Er hebt die Hand, damit Joanne nicht den Mund aufmacht, bittet sie aber gleichzeitig mit einer Geste zu warten. Irgendetwas ist passiert. Etwas von Bedeutung. Ron notiert sich eine Adresse und nickt, während er weiter zuhört.
    »Wann war das?«, fragt er. »Ja, ja … ich verstehe. Ich komme sofort rüber.«
    Mit dem Zeigefinger macht er eine rollende Bewegung in der Luft, um Joanne zu signalisieren, dass er gleich auflegen wird. Ron Quigley lässt sich so leicht durch nichts aus der Ruhe bringen, und Joanne spürt ein aufgeregtes Kribbeln in der Magengegend. Und eine Art Furcht. Neuigkeiten, die zu einem so späten Zeitpunkt hereinflattern, bedeuten selten etwas Gutes. Hoffentlich ist nicht noch ein Kind verschwunden. Erstens wäre das natürlich schrecklich. Aber zweitens hätte sie dann keine andere Wahl, als Guy Riverty laufen zu lassen, der diesmal ein wirklich wasserdichtes Alibi hätte: Er sitzt in ihrem Verhörraum.
    Ron legt auf und reißt den Zettel, auf dem er sich die Adresse notiert hat, vom Block.
    Er holt tief Luft, bevor er spricht. »Mädchen Nummer drei ist wieder da. Derselbe Täter. Er hat sie in Bowness ausgesetzt. Sie ist vollkommen orientierungslos und wurde wahrscheinlich vergewaltigt. Vermutlich mehr als einmal. Sie ist in keinem guten Zustand.« Er spannt die Kiefermuskeln an. Die letzten Worte spuckt er aus, als fiele ihm das Sprechen schwer.
    »Was ist mit Mädchen Nummer zwei?«, fragt Joanne, »Lucinda Riverty? Wenn Mädchen eins und Mädchen drei wieder aufgetaucht sind, was ist dann mit ihr?«
    »Das ist ein großes Rätsel«, sagt Ron grimmig. »In fünf Minuten treffen wir uns mit dem Detective Inspector. Vielleicht hat er eine Idee.«
    »Und was mache ich jetzt mit Riverty?«
    »Sitzt er immer noch im Verhörraum?«
    Joanne nickt.
    »Wo war er heute Morgen?«
    »Er hat gesagt, das sei unwichtig für unsere Ermittlungen.«
    »Unwichtig?« Ron legt den Kopf schief. »Dann lass das Schwein warten.«

32
    I ch parke auf der Straße, gleich vor einem Parkscheinautomaten.
    Auf der anderen Straßenseite ziehen sie gerade eine Trage aus einem Rettungshubschrauber. Ich bleibe für einen Moment im Auto sitzen.
    Als Patient und Sanitäter durch die Türen der Notaufnahme verschwunden sind, steige ich aus dem Auto und laufe zum Haupteingang des Krankenhauses. Ich frage mich, ob Kate wieder bei Bewusstsein ist, ob sie sich überhaupt daran erinnern kann, die Tabletten genommen zu haben. Ich habe Geschichten gehört von Leuten, die sich danach nicht mehr erinnern konnten, die aufwachten und ehrlich schockiert waren zu hören, dass sie sich angeblich das Leben nehmen wollten. Wird es Kate ähnlich ergehen?
    Die Sonne hat das Eis an einzelnen Stellen zum Schmelzen gebracht. An manchen Stellen kommt man tatsächlich voran, ohne sich den Hals zu brechen. Oder auch nicht, denke ich, als mir der Rettungshubschrauber wieder einfällt.
    Ich traue dem Frieden nicht so recht, mache winzige, langsame Schritte und halte beide Arme ausgestreckt, um mich notfalls abzufangen. Den Parkplatz hat irgendjemand auf planlose, willkürliche Art gestreut. An manchen Stellen ist überhaupt kein Sand zu sehen, hier muss ich mich auf mein Glück verlassen.
    Auf dem Weg zum Krankenhaus habe ich im Autoradio gehört, dass die Rettungsdienste nach dem Eisregen gestern am Ende ihrer Kapazitäten angelangt sind. Wenn ich Kate nur ein bisschen später gefunden hätte, wären sie vielleicht gar nicht mehr rechtzeitig zur Stelle gewesen.
    Wenn ich sie später gefunden hätte, wäre sie vielleicht schon tot gewesen.
    Vor dem Haupteingang bleibe ich in einer Menschentraube stehen. Manche Leute tragen Morgenmantel und

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