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Die Schuld einer Mutter

Die Schuld einer Mutter

Titel: Die Schuld einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Daly
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früh am Morgen. Sechsunddreißig Stunden sind vergangen, seit Alexa in der Küche stand und mich eine Hure nannte. Joe ist schon wach. Natürlich gibt er sich in meinem Beisein still und verletzt, so als hätten wir einen Trauerfall in der Familie; ich bete zu Gott, dass er es sich nicht anders überlegt und mich Hals über Kopf verlässt.
    Auch das Wetter steht auf der Kippe. Der Wetterbericht sagt für den Nordwesten Großbritanniens dicke Wolken und grauen Himmel voraus. Der hohe Luftdruck war verantwortlich für die niedrigen Temperaturen, aber die trockene, kalte Luft aus dem Norden wird bald abziehen. Tauwetter ist angesagt. Am Ende werden wir doch keine weißen Weihnachten erleben.
    Ich höre, wie Joe in der Küche die Schubladen öffnet und schließt.
    »Lise?«
    Er steht unten an der Treppe und ruft nach mir. Ich murmele eine Antwort, keinen Satz, nur ein leises Stöhnen, um ihn wissen zu lassen, dass ich wach bin und ihn gehört habe. »Einer der Hunde hat gelben Schleim gekotzt«, ruft er.
    Todmüde rufe ich: »Komme gleich«, und dann ziehe ich mir wieder die Decke über den Kopf.
    Joe will mir nichts heimzahlen. Niemals würde er sagen: »Du hast mit einem anderen geschlafen, deswegen überlasse ich dir von nun an alle unangenehmen Arbeiten im Haus.« So ist er nicht. Nein, er weiß, dass ich derlei Aufgaben lieber selbst übernehme, weil alles, was er zum Aufwischen benutzt – Stofflappen, Wischmopp, Stahlwolle aus der Spüle –, letztendlich in der Mülltonne landet.
    Er schafft es, Küchenhandtücher braun und grün zu beschmieren (Reinigung von Golfschuhen), den Wischmopp pechschwarz einzufärben (Reinigung des Taxis) und so weiter.
    Ich drehe mich noch einmal um und versuche, den kommenden Tag zu planen. Der Gedanke an Kate bedrückt mich, aber nun muss ich mich zuerst einmal um Bluey kümmern.
    Gestern Abend fuhr eine junge Frau in einem unauffälligen weißen Lieferwagen vor, um Bluey abzuholen. Vor ihrer Ankunft war ich ein bisschen nervös bei dem Gedanken, Bluey an die Rechtsmedizin zu übergeben. Die Vorstellung, er könnte das fehlende Glied in der Kette sein, der fehlende Hinweis bei der Suche nach dem Entführer der drei Mädchen … ja, keine Frage, ich war aufgeregt.
    Aber als sie die Rückklappe des Vans öffnete und ich den Käfig auf der Ladefläche sah, wurde ich von einer Panik gepackt, sie könnten irgendwelche Experimente mit ihm anstellen. Dafür bestand überhaupt kein Grund, und die junge Frau war mehr als verwirrt, als ich hysterisch wurde. Aber als ich merkte, dass ich ihr Angst machte, hielt ich den Mund und riss mich zusammen. Betreten überreichte ich ihr die Leine und erklärte ihr, ich hätte eine anstrengende Woche hinter mir. Ich entschuldigte mich für meinen Ausbruch. »Normalerweise werde ich nicht so schnell hysterisch«, sagte ich, aber sie verschwand, so schnell sie konnte. Armes Ding.
    Ich frage mich, wie es Bluey geht. Ich frage mich, ob er in Ordnung ist. Sie versicherte mir, sie würde sich gut um ihn kümmern und ihn vielleicht schon am nächsten Tag zurückbringen. »Vielleicht?«, fragte ich besorgt, und sie antwortete: »Nein, ganz bestimmt.«
    Ich bete zu Gott, dass er heute zurückkommt. Ich würde mir große Vorwürfe machen, sollte dem alten Köter etwas zustoßen. Ich würde es mir nicht verzeihen.
    Joe ruft, ich müsse nun wirklich herunterkommen und mich um die Sauerei kümmern, bevor die anderen Hunde sie auflecken. Also schwinge ich meine Beine aus dem Bett und schiebe meine Füße in die Hausschuhe, und als ich unten in die Küche komme, hat er schon Kaffee gekocht und heißes Wasser in den Putzeimer gefüllt.
    »Hast du Bleiche hineingegossen?«, frage ich und hebe den Eimer aus der Spüle, und Joe sagt: »Ja, ein bisschen.«
    Er trägt schon seine Arbeitskleidung: Jeans, weißes Hemd, Wollpullunder und auf Hochglanz polierte Stiefel. »Gut siehst du aus«, sage ich, aber dann bleibe ich an seinem Gesichtsausdruck hängen. »Alles in Ordnung?«, frage ich, und er sagt: »Klar«, aber ganz offensichtlich ist nicht alles klar. »Du siehst heute so anders aus«, sage ich, aber er zuckt mit den Achseln. Er sieht aus, als wären seine Falten verrutscht. So wie jemand, dessen Runzeln rechts und links des Mundes mit Restylane aufgespritzt wurden und der deswegen völlig fremd aussieht.
    »Ganz sicher?«, frage ich, und für einen kurzen Moment wird er sauer.
    »Ist doch kein Wunder, dass ich keine Luftsprünge vor Freude mache, oder?«
    »Natürlich

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