Die Schuld wird nie vergehen
Richter.«
Kirkpatrick hatte Ami zwei Kopien der Anklageschrift ausgehändigt. Während der Gerichtsschreiber seine Maschine aufbaute, gab Ami Morelli eine Kopie und erklärte ihm, worum es bei dieser Anhörung ging. Als Arthur Reid fertig war, verlas Richter Velasco die Überschrift der Anklage.
»Euer Ehren«, begann Kirkpatrick. »Es gab Probleme bei der Feststellung der Identität des Angeklagten. Wir können seine Fingerabdrücke nicht zuordnen, seine Ausweise sind gefälscht, und er taucht in keiner unserer Datenbanken auf. Ich bitte das Gericht, den Angeklagten zu fragen, ob der Name auf der Anklageschrift sein richtiger Name ist.«
Ami bekämpfte ihre aufsteigende Panik. Die Anhörung hatte doch angeblich einfach sein sollen. Sie war nicht darauf vorbereitet, Entscheidungen zu treffen, die sich zu Morellis Nachteil auswirken könnten.
»Der Fünfte Zusatzartikel, Euer Ehren!« rief sie.
»Wie bitte, Mrs. Vergano?« Der Richter war von ihrem Ausbruch sichtlich verblüfft.
»Ich rate meinem Mandanten, sich auf den Fünften Zusatzartikel zur Verfassung zu berufen, der ihm das Recht zusichert zu schweigen.«
Kirkpatrick reagierte verärgert. »Wir müssen den wirklichen Namen des Angeklagten erfahren, Euer Ehren.«
»Das müssen Sie nicht«, widersprach Ami. »Wenn er zum Beispiel unter Amnesie litte? Dann würden Sie ihn als John Doe anklagen. Also brauchen Sie für dieses Verfahren seinen Namen keineswegs.«
Der Richter hob die Hand, bevor Kirkpatrick etwas erwidern konnte. »Mrs. Verganos Argument ist stichhaltig, Mr. Kirkpatrick.«
Der Staatsanwalt warf Ami einen bitterbösen Blick zu, sagte jedoch nichts mehr. Der Richter verlas die Anklageschrift weiter, und der Rest der Anhörung verlief reibungslos.
Als der kurze Auftritt schließlich beendet war, verließen alle bis auf Ami das Krankenzimmer
»Wie geht es Ryan?« erkundigte sich Morelli, sobald sie allein waren.
»Er geht wieder zur Schule. Es hilft ihm, mit seinen Freunden zusammen zu sein. Aber wenn er nach Hause kommt, fragt er immer nach Ihnen.«
»Er ist ein guter Junge. Er wird es überwinden.«
»Sicher.«
Morelli sah, dass sich Ami Sorgen machte. Er lächelte. »Wissen Sie, für jemanden, der angeblich nichts von Strafrecht versteht, machen Sie Ihre Sache wirklich gut.«
Ami lächelte verlegen. »Ich habe diese Sache mit dem Fünften Zusatz aus der Luft gegriffen. So was zitieren sie im Fernsehen immer. Da raten die Anwälte ihren Mandanten auch immer, sich auf den Fünften Zusatz zur Verfassung zu berufen. Bedauerlicherweise habe ich in letzter Zeit nicht mehr viel ferngesehen, also sollte ich schleunigst einen anderen Anwalt hierher beordern.«
»Ich weiß gar nicht, ob ich einen anderen Anwalt will. Sie haben Kirkpatrick so aufgeregt, dass er die Anklage vielleicht fallenlässt, damit er sich nicht weiter mit Ihnen auseinander setzen muss.«
Ami lachte. »Ob Sie es wollen oder nicht, ich steige aus, sobald Ray Armitage den Fall übernimmt.«
»Wer ist das?«
»Einer der besten Strafverteidiger des Landes. Er vertritt gerade einen olympischen Skispringer in einem Mordprozess in Colorado. Wir haben telefoniert, und er ist sehr daran interessiert, Sie zu vertreten. Vermutlich kommt er ab nächster Woche an Bord. Bis dahin müssen Sie sich mit mir zufrieden geben. Außerdem müssen wir reden.«
»Worüber?« fragte Morelli argwöhnisch
»Kurz bevor ich hierher gekommen bin, hat Dr. French mich angerufen. Er hat Freunde beim Militär. Sie haben versucht, Ihre Personalunterlagen einzusehen, aber es gibt keinen Daniel Morelli, der während des Vietnamkrieges bei den Special Forces oder in irgendeiner anderen Abteilung des Militärs gedient hat.«
Morelli wandte den Kopf ab.
»Hören Sie, Dan, Ihr Gesundheitszustand bessert sich zusehends. Man wird Sie ins Gefängnis stecken, es sei denn, wir bekommen Sie gegen Kaution frei. Jemand wie Ray Armitage kann einen Richter überzeugen, eine niedrige Kaution festzusetzen. Sie haben immerhin Ben Branton verteidigt, als sie Barney den Kugelschreiber in den Hals gerammt haben. Ben wäre sicher verletzt worden, wenn Barney ihn geschlagen hätte. Und der Polizist hat sie von hinten gepackt, also können wir argumentieren, dass Sie nicht gesehen haben, dass er ein Cop war. Doch kein Richter wird auf solche Argumente hören, wenn Sie einen falschen Namen und gefälschte Ausweispapiere benutzen. Kirkpatrick wird argumentieren, dass bei Ihnen ein hohes Fluchtrisiko besteht. Wie könnten wir
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