Die Schuld wird nie vergehen
das widerlegen?«
Morelli schaute Ami an. Er wirkte bedrückt und erschöpft.
»Wenn Sie meinen richtigen Namen wüssten, würde das alles nur noch schlimmer machen.«
»Warum?«
»Ich werde seit 1986 offiziell vermisst. Alle halten mich für tot. Sie haben keine Ahnung, was für einen Wirbel Sie auslösen, wenn bestimmte Leute erfahren, dass ich noch lebe. Deshalb will ich auch nicht, dass mein Bild ins Fernsehen kommt. Und genau darum müssen Sie eine Möglichkeit finden, mich hier herauszuholen, bevor ich vor Gericht gestellt werde. Sobald mein Gesicht in den Nachrichten oder in einer Zeitung auftaucht, wissen diese Leute, dass ich lebe. Sie werden mich erledigen.«
»Wer wird Sie erledigen?« Morelli schloss die Augen, und Ami wartete geduldig. Er tat ihr einfach leid, als sie sah, wie er litt.
»Bei der Army«, fuhr er so leise fort, dass Ami sich vorbeugen musste, damit sie ihn verstand, »wurde ich von einer Geheimdienstorganisation rekrutiert.«
»Der CIA?«
»Nein. Einer Agentur, die Geheimdienstdaten zusammenfasst. Die Agentur zur Koordination von Geheimdienstdaten, die AIDC. Ich bezweifle allerdings, dass es irgendwelche Unterlagen darüber gibt, dass ich für sie gearbeitet habe. Die Statuten dieser Agentur verbieten es, Leute zu beschäftigen, die meine Art von Jobs erledigen, und über meine Einheit gibt es keinerlei schriftliche Unterlagen. Ich habe nur mündliche Befehle erhalten. Offiziell hat diese Einheit niemals existiert.«
»Warum ist das denn ein so großes Geheimnis?«
»Es ging um Mord«, erwiderte er ruhig.
»Sie haben Menschen umgebracht?« Ami war sich nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte.
Morelli nickte.
»Wo?«
»In Südostasien.«
»Das galt doch nicht als Verbrechen, nicht wahr? In Südostasien herrschte damals Krieg.«
Morelli sah Ami nun direkt in die Augen. »Ich habe auch Menschen in Europa ermordet und sogar Amerikaner hier in den Vereinigten Staaten.«
»Aber wenn man Ihnen befohlen hat... so etwas zu tun?«
Morelli lächelte traurig. »Ich will meine Handlungen nicht beschönigen. Es war Mord. Man kann das nicht anders sehen. Und ich habe andere Dinge getan, die ebenso schlimm waren.«
»Was zum Beispiel?« »Was wissen Sie über den Vietnamkrieg?«
»Was ich in der Schule in Geschichte darüber gelernt habe.«
»Haben Sie schon mal etwas von den Shan Hills gehört?«
»Ja. Sie liegen irgendwo in Burma, stimmt's?«
»Sie gehören zum Goldenen Dreieck. Dieses Gebiet erstreckt sich grob gerechnet über einhundertfünfzigtausend Quadratmeilen zerklüfteten Gebirgsmassivs in Burma, Laos und Thailand. In den sechziger und siebziger Jahren kamen etwa siebzig Prozent des weltweiten, illegalen Opiumnachschubs von dort. Als die chinesische Kuomintang-Regierung 1949 zusammenbrach, flohen Scharen von Soldaten der Kuomintang aus China und ließen sich in den Shan-Staaten nieder. 1950 begann die CIA, sie für eine Invasion ins südliche China auszubilden. Das Projekt scheiterte. Dafür gelang es den Soldaten, den Opiumhandel zu monopolisieren.
Eine meiner Aufgaben war es, Maultierkarawanen abzufangen, die den Grundstoff für Morphin aus den Shan Hills transportieren. Wir haben die Wachen ermordet und die Drogen gestohlen.« Morelli lachte plötzlich.
»Was ist daran so komisch?« fragte Ami.
»Wir waren richtige Cowboys. Als ich das erste Mal eine Maultierkarawane überfielen, haben wir alles und jeden in die Luft gesprengt. Ich meine, wir haben die Wachen und die Maultiere getötet.« Er schüttelte den Kopf. »Wie sich herausstellte, haben wir auch die Pakete mit dem Morphinzeug vernichtet und kamen mit leeren Händen von dem Überfall zurück.«
Ami fand es nicht im Geringsten komisch, Menschen und Tiere umzubringen.
»Was haben Sie denn mit diesem Morphinzeug gemacht?« erkundigte sie sich
Morelli wurde wieder sachlich. »Wir haben das Zeug nach Laos geschafft, wo Meo-Stammesmitglieder, die auf der Lohnliste des CIA standen, sie zu Heroin verarbeitet haben. Ein großer Teil des Heroins wurde von Air America nach Saigon geflogen. Diese Fluglinie wird von der CIA finanziert. In Saigon hat das Regime das Heroin dann verkauft. Viele der Menschen, die es kauften, waren amerikanische GIs.«
»Warum sollten wir helfen, GIs drogenabhängig zu machen?«
»Die CIA konnte den Kongress nicht um Geld bitten, um das Regime in Saigon zu unterstützen, also haben sie ihm andere Einkünfte verschafft.«
»Hat Ihnen das nichts ausgemacht?«
»Natürlich,
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