Die Schuld wird nie vergehen
Vanessa schrieb sie umständlich in einen Spiralblock, den sie aus ihrer Handtasche zog. Dann steckte sie das Notizbuch wieder ein und stand auf.
»Ich rufe in L. A. an und sage denen, dass Sie Interesse haben. Mein Boss wird sehr erfreut sein. Ich melde mich bald bei Ihnen.«
18. KAPITEL
Auf der Rückfahrt in ihr Büro konnte Ami ihre Erregung kaum im Zaum halten. George French hatte sie davor gewarnt, sich zu weit auf Carls Geschichte einzulassen, aber sie war fest davon überzeugt, dass er nicht log.
Sobald Ami hinter ihrem Schreibtisch saß, wählte sie die Nummer des Gutachters.
»Doktor, ich bin's, Ami. Ich bin gerade aus dem Krankenhaus zurückgekommen.«
»Wie ist es gelaufen?«
»Morelli hat sich mir endlich anvertraut. Allerdings heißt er gar nicht Daniel Morelli.«
»Und wie heißt er jetzt?«
»Das ist höchst vertraulich, Doktor. Sie verstehen bestimmt, warum Sie niemandem etwas davon verraten dürfen, wenn Sie gehört haben, was er mir erzählt hat.«
»Machen Sie sich deswegen keine Sorgen, Ami.«
»Gut. Morelli behauptet, sein richtiger Name sei Carl Rice und er gelte seit 1986 als Deserteur. Wenn er die Wahrheit sagt, wäre das einfach unglaublich.«
»Was meinen Sie damit?«
Ami berichtete French von der geheimen Einheit, in der Carl angeblich unter Morris Wingate gedient hatte. Sie schilderte seine Missionen und schloss mit Carls Behauptung, Morris Wingate habe ihm befohlen, den Kongressabgeordneten Glass zu ermorden.
»Was halten Sie davon, Doktor?« wollte Ami wissen, als sie geendet hatte
»Entweder hat der Junge eine rege Phantasie, oder Sie sind auf einen der größten Skandale in der Geschichte der amerikanischen Politik gestoßen.«
»Was davon trifft Ihrer Meinung nach zu?«
»Wollen Sie meine ehrliche Meinung hören? Ich würde Tür Nummer eins wählen. Einer der aussichtsreichsten Kandidaten für das Präsidentenamt der Vereinigten Staaten hat es ausgerechnet auf ihn abgesehen? Das könnte dem Einleitungskapitel für Paranoides Verhalten für Dummköpfe entsprungen sein. Und solche Gefangenenlager habe ich schon in Dutzenden von Filmen gesehen.«
»Da wir Carls richtigen Namen kennen, könnten wir seine Geschichte zumindest zum Teil überprüfen.«
»Falls es sein richtiger Name ist.«
»Könnten Sie Ihren Freund noch einmal bitten, Carls militärische Laufbahn zu überprüfen?«
»Ja, aber das ist das letzte Mal.«
»Einverstanden. Falls Carl in dem Punkt gelogen hat, will ich nichts mehr mit ihm zu tun haben.«
»Ich rufe Sie an, wenn ich etwas herausgefunden habe.«
Ami legte auf und spielte mit dem Gedanken, Vanessa Kohler anzurufen, entschied sich jedoch dagegen. Sie wollte sich persönlich mit Vanessa treffen und sich außerdem auf diese Begegnung vorbereiten. Ami fuhr ihren Computer hoch. Kurz darauf fand sie die Geschichte eines Karate-Schwarzgurts namens Mark Torrance, der während eines Einbruchs zusammengeschlagen worden war.
Als nächstes suchte sie das Web nach Artikeln über den Mord an dem Kongressabgeordneten Eric Glass ab. Der Politiker war 1985 in Lost Lake, Kalifornien ermordet worden. Eine Zeugin, deren Identität die Polizei geheim hielt, hatte Carl Rice belastet
Es gab noch weitere Artikel darüber, die aber keine neuen Informationen enthielten.
Anschließend rief Ami einige Artikel über die Ermordung von General Peter Rivera auf. In einem fand sie eine beunruhigende Information. General Rivera war in seinem Haus in Bethesda, Maryland aufgefunden worden. Man hatte ihn gefoltert und ermordet, und zwar ganz ähnlich wie den Kongressabgeordneten Glass. Auch hier galt Carl Rice als Hauptverdächtiger. Ein findiger Reporter der Baltimore Sun hatte den Zusammenhang in den Fällen von Rivera und Glass erkannt und den Hintergrund von Carl Rice untersucht. Seinem Artikel zufolge war Rice aus psychologischen Gründen aus der Army entlassen worden.
Amis Telefon summte, und die Empfangsdame meldete, dass Brendan Kirkpatrick in der Leitung wartete. Ami überlegte kurz, den Anruf nicht anzunehmen, aber immerhin vertrat sie Carl Rice noch, bis ein anderer Rechtsanwalt den Fall übernahm.
»Hallo, Mr. Kirkpatrick.«
»Mrs. Vergano, haben Sie sich schon von Ihrer ersten Anhörung erholt?«
Amis Blutdruck schnellte hoch, bis sie begriff, dass die Frage nicht spöttisch gemeint gewesen war, sondern Kirkpatrick einen freundlichen Ton angeschlagen hatte. Trotzdem war sie noch lange nicht bereit, einfach zu vergeben und zu vergessen.
»Was kann ich für
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