Die Schuld
auf diesen Straßen ge joggt, und viele lange Nächte hatte er damit zugebracht, mit seinen Freunden durch die Bars und Kneipen in der Wisconsin Avenue und der Street zu ziehen.
Bald würde er hier wohnen.
Das Stadthaus, das er sich ausgesucht hatte, war für 1,3 Millionen ausgeschrieben. Es war ihm zwei Tage zuvor bei einer Rundfahrt durch Georgetown aufgefallen. In der N-Street gab es noch eines, ein weiteres in der Volta Street, alle nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Clay war fest entschlossen, bis zum Ende der Woche eines davon zu erwerben.
Das Haus in der Dumbarton Street, das ihm am besten gefiel, stammte aus den Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts und war liebevoll gepflegt. Die Backsteinfassade war viele Male überstrichen worden und inzwischen von einem verwaschenen Blau. Es hatte vier Etagen, das Souterrain mitgerechnet, und war tadellos in Schuss. Der Makler hatte erzählt, die Eigentümer, ein Rentnerehepaar, hätten einst die Kennedys und die Kissingers und alle möglichen anderen Berühmtheiten bewirtet. Immobilienmakler in Washington hatten prominente Namen noch schneller bei der Hand als ihre Kollegen in Beverly Hills, besonders wenn es um Objekte in Georgetown ging.
Clay war eine Viertelstunde zu früh dran. Das Haus war leer. Dem Makler zufolge lebten die Besitzer in einer Seniorenresidenz. Clay ging durch ein Seitentor und bewunderte den kleinen Garten hinter dem Haus. Es gab keinen Swimmingpool, und es wäre auch kein Platz gewesen, um einen zu bauen. Immobilien in Georgetown waren etwas Kostbares. Auf der Veranda, die von Unkraut aus den Pflanzbeeten überwuchert war, standen schmiedeeiserne Möbel. Für die Gartenarbeit müsste man höchstens mal ein paar Stunden einkalkulieren, überlegte Clay.
Vielleicht würde er auch einen Gärtnerservice beauftragen.
Das Haus und die Nachbargebäude gefielen ihm sehr. Ebenso die Straße, das ganze gemütliche Viertel, wo man nahe beieinander lebte und doch jeder die Privatsphäre des anderen respektierte. Auf den Stufen zum Vordereingang sitzend, beschloss er, zunächst eine Million zu bieten. Er würde hart verhandeln und bluffen bis zum Äußersten und die ganze Zeit amüsiert beobachten, wie sich der Makler abmühte. Am Ende würde er den geforderten Preis zahlen.
Auf den Porsche starrend, glitt er wieder in seine Fantasiewelt hinüber, wo das Geld auf Bäumen wuchs und er sich alles leisten konnte, was er wollte. Italienische Anzüge, einen deutschen Sportwagen, ein Haus in Georgetown, ein Büro in der Stadtmitte. Darf's noch was sein? Na ja, er dachte zum Beispiel an ein Boot für seinen Vater; ein größeres natürlich, das ihm höhere Einkünfte ermöglichte. Er selbst könnte auf den Bahamas einen Bootsverleih aufmachen und das Boot auf diese Weise abschreiben und die meisten Kosten absetzen. So könnte sein Vater anständig Geld verdienen. Jetzt ging er da unten vor die Hunde. Er trank zu viel, schlief mit jeder Frau, die ihm über den Weg lief, lebte auf einem Boot, das ihm nicht einmal gehörte, und bettelte um Trinkgelder. Clay war entschlossen, ihm das Leben leichter zu machen.
Eine Autotür schlug zu und riss Clay aus seinen Träumen vom Geldausgeben, wenn auch nur für einen Augenblick. Der Immobilienmakler war da.
Auf Pace' Liste der Opfer standen sieben Namen. Sieben, von denen er wusste. Sieben, die er und seine Spitzel entdeckt hatten. Tarvan war inzwischen seit achtzehn Tagen aus dem Verkehr gezogen. Den Studien des Herstellers zufolge ließ die Wirkung, die die Menschen zu Mördern machte, nach zehn Tagen nach. Die Liste war chronologisch geordnet, Ramón Pumphrey Nummer sechs.
Nummer eins war ein Student von der George-Washington-Universität. Er war eben in Bethesda aus einem Starbucks Cafe auf die Wisconsin Avenue hinausgetreten, als er von einem Unbekannten erschossen wurde. Er stammte aus Bluefield in West Virginia; das lag rund fünf Stunden von Washington entfernt. Clay schaffte die Strecke in Rekordzeit. Nicht dass er es eilig gehabt hätte. Trotzdem raste er wie ein Rennfahrer durch das Shenandoah Valley. Mithilfe von Pace' detaillierten Anweisungen fand er das Haus der Eltern, einen ziemlich traurig aussehenden, kleinen Bungalow nahe der Innenstadt. Als er in der Auffahrt stand, sagte er laut: »Ich kann nicht glauben, dass ich das tue.«
Zwei Dinge motivierten ihn zum Aussteigen. Erstens hatte er keine Wahl. Und zweitens war da die Aussicht auf fünfzehn Millionen Dollar. Nicht nur ein oder zwei
Weitere Kostenlose Bücher