Die Schuldlosen (German Edition)
meinen», sagte Dina Brelach, schoss aber trotzdem noch eine Frage ab: «Wann haben Sie bemerkt, dass Ihr Freund Steffens eine Affäre mit Heike Jentsch hatte?»
Sekundenlang schaute Alex drein, als hätte man ihm eine Ohrfeige verpasst, dann lachte er unsicher. «Ist nicht wahr, oder?»
Er blickte zwischen Dina Brelach und Bernd Leunen hin und her, blieb am Gesicht des Polizisten hängen und wiederholte: «Das ist doch nicht wahr, oder? Jetzt sag doch was, Bernd. Hat er mich deshalb so abgekanzelt? Weil er Angst hatte, dass ich ihn kastriere, wenn ich dahinterkomme, dass er meine Frau fickt?»
«Heike Jentsch war nicht Ihre Frau», korrigierte Dina Brelach.
Bernd Leunen gewann den Eindruck, dass sie jetzt einen Konfrontationskurs steuerte, um Alex aus der Reserve zu locken. Wie es schien, mit Erfolg.
«Doch», widersprach Alex. Sein Ton war mit einem Mal ein ganz anderer. Hart und kalt, das lässig Jungenhafte wie weggewischt. Bernd Leunen dachte unwillkürlich, dass jetzt der sprach, der die letzten sechs Jahre im Knast gelernt hatte, wie man sich durchbeißt.
«Doch, das war sie. Damals war sie das. Und sie wäre es heute noch, wenn ich an dem Ostersamstag sofort nach Hause gefahren wäre, statt Lothar in die Linde zu begleiten. Dann hätten wir jetzt zwei Kinder, die mir bestimmt mit Feuereifer beim Plätzchenbacken helfen würden.»
Er schaute an sich hinunter, zog das Geschirrtuch aus dem Hosenbund und wischte sich damit das Mehl von den Händen.
«War’s das?», fragte er, wieder ausschließlich auf Dina Brelach konzentriert. «Wollten Sie nur sehen, wie ich auf die Mitteilung reagiere, dass meine Frau einen Trost gefunden hatte? Gut, dann merken Sie sich fürs Protokoll: Es kratzt mich nicht, sticht auch nirgendwo. Weitere Fragen beantworte ich nur noch in Gegenwart meiner Anwältin.»
Wieder lachte er, nicht verunsichert diesmal, nur hart und abfällig. «Lothar und Heike. Darauf hätte ich auch von allein kommen können. Er hat doch selber gesagt, dass er alle hatte. Alle, mit Ausnahme von Janice, die hätte er nicht mal mit Gummihandschuhen angefasst, sagte er. Und Heike gab ihm recht. Weiß Silvie das schon? Wenn nicht, wäre es mir ein besonderes Vergnügen, sie aufzuklären. Sie wird ausrasten.»
«Sie werden Frau Steffens in Ruhe lassen», verlangte Dina Brelach ebenfalls in härterem Ton.
«Wollen Sie mir jetzt den Umgang mit der einzigen Freundin verbieten, die ich noch habe?», fragte Alex. «Überschätzen Sie Ihre Möglichkeiten nicht, junge Dame. Ich glaube nämlich kaum, dass Silvie mich in Ruhe lässt. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden? Ich muss die nächste Ladung Sterntaler aus dem Backofen nehmen, bevor die so schwarz geworden sind, dass ich mir den Schokoladenguss sparen kann.»
Er ließ sie im Fernsehzimmer stehen, durchquerte die Halle, verschwand in der Küche und tat, was er angekündigt hatte.
«Kess», murmelte Dina Brelach beinahe anerkennend und wollte von Bernd Leunen wissen: «Was sind Sterntaler?»
«Plätzchen», sagte er.
Offenbar fühlte sie sich von dieser Auskunft gekränkt, erklärte patzig: «Darauf wäre ich jetzt nicht gekommen», ließ ihn ebenfalls stehen und folgte Alex.
Bernd Leunen schloss sich ihr an. Als er die Küche erreichte, war Alex dabei, abgekühltes und schon mit Schokoladen- oder Zuckerguss und bunten Zuckerstreuseln verziertes Gebäck aus einer Schüssel in einen Frischhaltebeutel zu füllen. Er verschloss den Beutel mit einem Clip und hielt ihn Bernd Leunen hin.
«Für deinen Kleinen», sagte er. «Die kann ich doch nicht alle alleine essen. Das Beste wird sein, ich bringe Silvie auch welche, ehe Lothar von der Arbeit kommt. Süßes ist gut für die Nerven. Ich schätze, gute Nerven braucht sie jetzt.»
Ob Alex kurz darauf tatsächlich einen Beutel selbstgebackener Sterntaler bei Silvie ablieferte oder ob er sie ohne Plätzchen besuchte, erfuhr Bernd Leunen nicht. Als er am späten Nachmittag vom Dienst kam, waren seine Frau und der Kleine unterwegs, um irgendeine Besorgung zu machen. Silvie saß bei seiner Mutter im Wohnzimmer und wollte unbedingt wissen, ob ihr Mann vormittags in Köln ein Verhältnis mit Heike Jentsch gestanden hatte.
«Das kann ich Ihnen leider nicht sagen», versuchte Bernd Leunen sich herauszureden. «Ich war nicht dabei, Frau Steffens.»
«Aber Sie waren mit der Kommissarin unterwegs», hielt Silvie dagegen. «Ich war zufällig bei meinen Großeltern und hab Sie vorbeifahren sehen – mit der Frau.
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