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Die Schule der Magier 3 - Die Rückkehr des Bösen

Die Schule der Magier 3 - Die Rückkehr des Bösen

Titel: Die Schule der Magier 3 - Die Rückkehr des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Neff
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fragte er leise.
    Trotzig fluchte Pietro und spuckte Max vor die Füße. Der packte ihn am Handgelenk und schleifte ihn grob durch das
Haus, vorbei an den verdutzten Frauen und zur Tür hinaus. Er schob ihn über den Hof und stieß ihn in den Heuhaufen. Die Kinder hielten abrupt mit ihrer Arbeit inne und starrten Pietro an, der keuchend in der Morgensonne lag.
    »Tut euch dieser Mann etwas?«, fragte Max in die Runde.
    Die Kinder antworteten nicht, sondern wandten ihre Aufmerksamkeit den beiden Frauen zu, die ihm gefolgt waren und ihn von der Tür aus beobachteten. Die jüngere Frau presste ihr Baby an die Brust und schrie Max an, er solle gehen und sie in Ruhe lassen. Sie rief, er solle gehen und sich ihretwegen sein Grab in den Hügeln schaufeln, aber er solle sofort gehen – konnte er denn nicht sehen, dass er Pietro wehtat?
    Es war Unsinn und Max wollte nichts davon hören. Von solch grausigen Dingen hatte er im Krieg gehört, aber selbst hatte er es nie gesehen.
    Als er Mina bei den Kindern sah, rief er sie leise.
    »Mina«, sagte er und sprach erst weiter, als sie ihn ansah. »Tut dieser Mann dir oder den anderen Kindern etwas? Du kannst es mir sagen, Mina.«
    »Nein«, flüsterte sie und sah wieder den alten Mann an, der daraufhin das Gesicht in den Händen barg und zu schluchzen anfing.
    »Was ist dann hier los?«, wollte Max verwundert wissen. »Was ist los mit euch Leuten?«
    Statt ihm zu antworten, halfen ein paar der älteren Kinder Pietro auf die Beine und brachten den schluchzenden Mann ins Haus. Die anderen machten mit ihrer Arbeit weiter und ließen Max stehen, der sich irritiert umsah. Egal, was Mina gesagt hatte, Max wusste, dass etwas nicht in Ordnung war. Die Wicca hatte diesen Ort gefürchtet und das ungewöhnliche Schweigen und die stille Resignation der Kinder wiesen auf ein schreckliches, betäubendes Trauma hin.

    Max stürmte zurück ins Haus, scheuchte den Hund weg und zählte die Schuhe. Es waren siebenundsechzig, aber es waren nur vierzehn Kinder draußen. Pietro war am Tisch zusammengesunken, wo ihn die ältere Frau zu trösten versuchte. Die jüngere hielt ihr Baby im Arm und warf Brot, getrocknete Oliven und ein Stück Pökelfleisch in einen alten Mehlsack, den sie Max vor die Füße schmiss.
    »Wer bist du, dass du über uns urteilst?«, fragte sie mit tränenersticktem Zorn. »Du bist nur ein Bettler – nur ein dreckiger Bettler!«
    »Wem gehören die?«, wollte Max wissen und deutete auf die Schuhe.
    »Anderen Kindern«, antwortete sie und sah weg. »Anderen Kindern, die krank geworden und gestorben sind.«
    »Wo sind ihre Gräber?«, fragte Max und zeigte auf den Hof. »Ich will sie sehen.«
    »Wer bist du, dass du die Toten störst?«, zischte sie ihn an. »Fahr zur Hölle!«
    »Ich glaube, da bin ich schon«, murmelte Max und drängte sich an ihr vorbei, um den Rest des Hauses zu untersuchen.
    Das Erdgeschoss war groß, fast fünfzehn Meter lang und mit einer hohen Balkendecke, die sich bis zu einem Balkon senkte, der teilweise über das große Zimmer ragte. Unter dem widerlichen Schmutz und Dreck, der die Wände überzog, konnte er die Reste von Fresken erkennen. Vor langer Zeit musste das ein reicher Hof gewesen sein, doch Alter und versäumte Reparaturen hatten ihn furchtbar verkommen lassen. Überall sah man Rattenlöcher, und als er sich durch den unerträglichen Gestank in das obere Stockwerk kämpfte, zeugte nur ein Gegenstand davon, dass hier Menschen und nicht Tiere lebten – an einem fleckigen Kissen lehnte ordentlich eine Fetzenpuppe.

    Doch in keinem Raum gab es Knochen oder andere Hinweise auf Kannibalismus. Er hatte ein Beinhaus erwartet, aber er fand nur Bettstätten und zerbrochene Möbel. Und das traf auch auf Keller und Lagerhäuser zu.
    Doch Max konnte das unangenehme Gefühl nicht abschütteln. Die Kinder waren zu ruhig, zu mechanisch in ihren Bewegungen, wenn sie ihre Arbeit verrichteten. Die drei Erwachsenen hatten Max’ Durchsuchung mit resigniertem Schmollen geduldet. Sie saßen am Tisch und unterhielten sich leise miteinander, während die junge Frau versuchte, ihr Baby zu beruhigen und Pietro in düsterem Brüten mit dem Rosenquarzstück auf den Tisch klopfte.
    Am Nachmittag hatte Max das gesamte Haus und die Umgebung gründlich durchsucht. Trotz der niedrigen Temperaturen schwitzte er von der Anstrengung, weil er an Wände gehämmert und in dunkle Winkel gekrochen war und Dreckhaufen durchsucht hatte, die ihn mehr als einmal dazu veranlasst hatten,

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