Die Schule der Nacht
hat meinen Vater umgebracht?«
Gabriel sah ihr in die Augen und sagte mit fester Stimme: »Du musst mir glauben, April. Ich weiß es nicht. Aber wie schon gesagt, wenn der Regent seinen Tod angeordnet hat, dann spielt es keine große Rolle, wer den Mord ausgeführt hat.«
»Für dich vielleicht nicht«, zischte sie. »Aber ich will, dass derjenige für das bezahlt, was er meinem Vater angetan hat.« Sie wollte aufstehen und streckte die Hand nach dem Halteknopf aus.
»Nicht, April.« Gabriel zog sie auf den Platz zurück. »Du bist schon zu weit gekommen, um jetzt davor wegzulaufen.«
»Ich laufe nicht weg«, entgegnete sie wütend. »Ich werde den Mörder meines Vaters finden, mit oder ohne deine Hilfe!«
Gabriel nickte bedächtig. »Okay. Ich sage dir, was ich weiß, aber ich warne dich: Es wird dir nicht gefallen.«
April verschränkte die Arme. »Warum lässt du mich das nicht einfach selbst entscheiden?«
»Na schön. Wie wär’s damit: Ravenwood ist eine Vampir-schule.«
»Was?« April zog fassungslos die Brauen hoch. »Jetzt nimmst du mich aber wirklich auf den Arm.«
»Willst du, dass ich es dir erzähle, oder nicht?«
April nickte. Sie war sich zwar nicht sicher, ob sie es wirklich hören wollte, aber Gabriel hatte recht: Wenn man erst einmal durch die verborgene Tür in das Paralleluniversum gesogen worden war, konnte man nicht einfach so in sein altes Leben zurückkehren.
»Die Ravenwood ist eine Art Rekrutierungsanstalt«, fuhr Gabriel fort. »Die einzelnen Vampirclans haben so etwas wie ein Bündnis geschlossen, das allerdings auf ziemlich wackeligen Füßen steht.«
»Meinst du mit Clans die Nester?«, hakte April nach.
Gabriel sah sie erstaunt an. »Woher kennst du diesen Begriff? Es ist lange her, seit ich ihn zuletzt gehört habe.«
»Mein Vater hat ihn mal erwähnt«, antwortete April ausweichend. Sie wollte ihm nicht alles erzählen, was sie wusste – weder von dem Notizbuch oder Mr Gill noch von den Theorien, die Inspector Reece aufgestellt hatte. Sosehr sie sich auch wünschte, Gabriel vertrauen zu können, war sie sich immer noch nicht sicher, ob sie das wirklich konnte.
»Ich habe keine Ahnung, wer die Schule im Hintergrund leitet, aber sicher ist, dass diejenigen, die an der Spitze der Nahrungskette stehen, bestens abgeschirmt werden und eindeutig ehrgeizige Ziele verfolgen. Nur die intelligentesten, einflussreichsten und begabtesten Jugendlichen des Landes werden aufgenommen, um dort für ihre Zwecke geschult und eingesetzt zu werden.«
April war fassungslos – dann hatte Caro also die ganze Zeit recht gehabt.
»Willst du damit sagen, dass sie die Schüler in Vampire wandeln?«
»Nur einige von ihnen. Aber alle Schüler sind in Gefahr. Deshalb habe ich dir an deinem ersten Schultag zugeflüstert, dass du verschwinden sollst, verstehst du? Ziemlich blöd von mir, ich weiß, aber ich war so unglaublich wütend. Ich habe es einfach nicht ausgehalten, mitanzusehen, wie wieder jemand für ihre Intrigen missbraucht werden sollte.« Er seufzte. »Dabei hätte ich wissen müssen, dass es nichts bringt. Vampire sind Meister der Manipulation – sie müssen einen Menschen nicht wandeln, um ihn zu beherrschen.«
»Sondern? Hypnotisieren sie ihn?«
Gabriel lachte. »Nein, viel einfacher – sie schaffen Abhängigkeiten durch Sex, Drogen, Erpressung oder Liebe… um nur ein paar ihrer Methoden zu nennen.«
»Liebe?«
»Es gibt nichts Einfacheres, als sich in einen Vampir zu verlieben.«
Wem sagst du das, dachte April, verdrängte den Gedanken aber sofort wieder. Sie durfte sich jetzt nicht von ihren Gefühlen beeinflussen lassen.
»Aber was bezwecken sie damit? Welches übergeordnete Ziel steckt hinter alldem?«
Gabriel zuckte mit den Achseln. »Es geht ihnen natürlich darum, die Macht an sich zu reißen. Sie wollen, dass ihre Leute in allen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen vertreten sind und ganz oben mitmischen – sei es als Ärzte, Richter, Politiker, Generäle, Banker oder in anderen einflussreichen Positionen.«
»Ein Vampir als Premierminister? Wie soll das denn funktionieren? Auf Fotos oder im Fernsehen wäre er doch gar nicht zu sehen.«
»Genau aus diesem Grund konzentrieren sie sich darauf, die Menschen zu verführen und zu manipulieren, statt sie zu wandeln. Sie müssen sie nur davon überzeugen, dass sie die richtige Sache vertreten. In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Vampirismus nicht vom Kommunismus oder vom christlichen Glauben. Und die Menschen,
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