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Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
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fragte der alte Mann skeptisch. Wahrscheinlich waren seine sonstigen Kunden alle über siebzig. April kramte ihre Leseliste aus der Tasche und zeigte ihm den Buchtitel, den Miss Holden ihr notiert hatte.
    »Ich gehe auf die Ravenwood School«, erklärte sie in fast schon entschuldigendem Ton. »Mrs Townley schickt mich. Ich soll Ihnen Grüße von ihr bestellen.«
    Als der alte Mann den Namen der Bibliothekarin hörte, ging ein kurzes Leuchten über sein Gesicht. »Mrs Townley? Warum haben Sie das denn nicht gleich gesagt! Wie geht es der guten Marjorie?«
    Marjorie?
    »Ich… ich glaube, es geht ihr gut, Sir«, antwortete sie höflich.
    »Ah, herrliche Zeiten waren das, die wir am Ufer des Serpentine verbracht haben«, sagte Mr Gill mehr zu sich selbst als zu ihr.
    April wartete einen Moment, doch Mr Gill blickte verträumt ins Leere und schwelgte offensichtlich in Erinnerungen.
    »Ähm… haben Sie das Buch denn da?«, sagte sie.
    »Ach ja, das Buch«, erwiderte der Buchhändler, dessen Gesicht wieder einen mürrischen Ausdruck bekam. »Ich nehme an, wir haben so etwas in der Abteilung für Heimatkunde stehen. Sie befindet sich im hinteren Bereich des Leseraums«, sagte er und deutete auf eine schmale Tür neben dem Ladentisch.
    April ging hindurch und fand sich in der Miniaturausgabe einer altmodischen Bibliothek wieder, die mit ihren bis zur Decke reichenden Holzregalen und zwei Lesepulten in der Mitte des Raumes gut in ein Landhaus aus dem neunzehnten Jahrhundert oder in einen Agatha-Christie-Roman gepasst hätte. An den Regalen waren handgeschriebene Schildchen befestigt, auf denen Begriffe wie »Antike«, »Naturgeschichte« und »Psychologie« standen. April ging die Regalreihen langsam ab und las die Buchrücken. Sie war zwar keine Gelehrte, aber ein paar der Titel kannte selbst sie: »Die Entstehung der Arten« von Charles Darwin, »Die Anatomie des Pferdes« von George Stubbs oder »Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie« von Albert Einstein.
    »Wow«, flüsterte sie beeindruckt. Auch wenn sie nicht genau wusste, wie selten oder kostbar diese Bücher waren, war ihr klar, dass sie mehrere Tausend Pfund oder sogar mehr wert sein mussten. Die engen, verwinkelten Gänge zwischen den Regalen verliehen dem Raum, der wesentlich größer war, als es die kleine Ladenfront hätte vermuten lassen, etwas beinahe Labyrinthartiges.
    In einer Ecke versteckt stieß sie schließlich auf die heimatkundliche Abteilung. Dort standen Dutzende Bildbände mit alten Karten und Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Gegend von vor hundert Jahren und Bücher mit verblasstem Goldschnitt, die »Dr. Crippen – Der Giftmörder von Holloway«, »Die Schlacht um Churchyard Bottom Wood« oder »Leben und Sterben des Samuel Taylor Coleridge« hießen. Überall nur Mord und Tod. April zog ein paar Bücher heraus und überflog die Stichwortverzeichnisse, aber in keinem von ihnen wurden Vampire erwähnt, und das Buch, das Miss Holden ihr empfohlen hatte, konnte sie auch nirgends entdecken. Trotzdem hatte sie das Gefühl, bereits ein Stückchen weitergekommen zu sein, und freute sich, diesen versteckten Laden entdeckt zu haben, von dem ihr Vater mit Sicherheit absolut begeistert sein würde. Sie nahm sich vor, ihm später gleich davon zu erzählen, und schlenderte dann weiter in die medizinische Abteilung, wo ihr Blick von einem sehr alt aussehenden, in schwarzes Leder gebundenen Buch mit einem kleinen Scharnierverschluss angezogen wurde. Auf dem Titel stand nur ein einziges Wort: »Necronomicon«.
    »Bitte nicht berühren«, ertönte plötzlich Mr Gills laute Stimme hinter ihr. April fuhr erschrocken zusammen. Sie hatte ihn überhaupt nicht kommen gehört. Der alte Mann schob sich an ihr vorbei und bedeckte das Buch mit einem Tuch. »Einige dieser Werke sind äußerst empfindlich.«
    Kein Grund, sich wie ein Gespenst von hinten an mich ranzuschleichen, dachte sie.
    »Kann ich Ihnen vielleicht bei der Suche behilflich sein?«, fragte er spitz.
    April hätte zwar eigentlich lieber allein weitergestöbert, hatte aber das deutliche Gefühl, dass dieser Mr Gill sie aus seinem Laden werfen würde, wenn sie nicht gleich irgendetwas Kluges sagte. »Ich suche nach einem Buch über Krankheiten und Seuchen oder Mythen über die Gegend hier.«
    Mr Gill ging zu einem der Bücherregale und zog ein schmales Büchlein mit grünem Einband heraus. »Vielleicht hilft Ihnen das hier weiter«, sagte er und deutete auf ein Lesepult, vor dem ein hoher Hocker

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