Die Schule der Robinsons
kleiner Aepfel angezogen, welche an den Zweigen gewisser Sträucher hingen, die hundertweise auf der Düne verstreut standen. Er erkannte darin sofort jene »Manzanillas«, deren Früchte die Indianer in gewissen Theilen Californiens mit Vorliebe als Nahrung verwenden.
»Endlich, rief er, doch etwas, in unsere einfachen Mahlzeiten von Eiern und Muscheln einige Abwechslung zu bringen.
– Wie, das kann man essen? fragte Tartelett, der seiner Gewohnheit gemäß wieder anfing, ein saures Gesicht zu machen.
– Das werden Sie gleich sehen!« antwortete Godfrey.
Er pflückte also einige der Manzanillas und biß gierig hinein.
Es waren das zwar nur wilde Aepfel und ihr herber Geschmack nicht besonders angenehm. Der Professor zögerte nicht, es seinem Begleiter nachzuthun, und zeigte sich nicht allzu unzufrieden mit dem Funde. Godfrey dachte mit Recht, daß sich aus diesen Früchten ein gegohrenes Getränk werde herstellen lassen, welches doch dem bloßen Wasser vorzuziehen wäre.
Sie setzten ihren Weg fort. Bald ging das Ende der sandigen Düne in grünes Wiesenland über, das ein munterer Bach mit plätscherndem Gewässer durchzog. Das war derselbe, den Godfrey vom Gipfel des Kegels gesehen hatte. Die großen Bäume erhoben sich noch ein Stück weiter im Norden, und die beiden Wanderer kamen, nach einem Marsche von ungefähr neun Meilen, sehr ermüdet von dieser vierstündigen Promenade, gegen Mittag bei denselben an.
Die Gegend hier bot einen prächtigen Anblick, der es verdiente, sie zu sehen, zu besuchen und als Wohnstätte zu wählen.
Dort am Rande einer geräumigen Wiese, auf welcher da und dort Manzanillas und andere Gesträuche standen, erhoben sich etwa zwanzig riesenhafte Bäume, die einen Vergleich mit denselben Arten der californischen Wälder nicht zu scheuen brauchten. Sie nahmen einen Halbkreis ein. Der grüne Teppich, der sich zu ihren Füßen ausdehnte, zog sich noch einige hundert Schritte an dem Bache hin und machte dann einem mit Felsstücken, Strandkieseln und Seeeichen überstreuten Vorlande Platz, das sich als spitzere Landzunge von der Nordküste der Insel in’s Meer hinaus verlängerte.
Diese Riesenbäume, diese »
Big-trees
« (das ist die großen Bäume), wie man sie gewöhnlich im westlichen Amerika bezeichnet, gehörten der Gruppe der Mammuths, das sind Coniferen aus der Familie der Fichten, an. Fragte man einen Engländer, welchen speciellen Namen er denselben gäbe, so würde er »Wellingtonias« antworten; fragte man aber einen Amerikaner, so würde dessen Antwort »Washingtonias« lauten.
Der Unterschied liegt klar vor Augen.
Ob sie jedoch das Andenken an den phlegmatischen Sieger von Waterloo oder das an den berühmten Gründer der Freistaaten Amerikas auffrischen, es bleiben immer die allergewaltigsten Erzeugnisse, welche man in der Flora von Californien und Nevada kennt.
In einzelnen Theilen der genannten Staaten giebt es nämlich ganze Wälder dieser Bäume, von denen z. B. aus der Mariposa-und Calaveragruppe einige bei einer Höhe von dreihundert einen Umfang von vierundsiebzig Fuß aufweisen. Einer derselben am Eingange des Thales von Yosemiti hat sogar hundert Fuß Umfang; während seines Lebens – denn er ist jetzt niedergelegt – hatten seine obersten Zweige die Höhe des Münsters zu Straßburg, das heißt über vierhundert Fuß, erreicht. Man erwähnt noch die »Mutter des Waldes«, die »Schönheit des Waldes«, die »Hütte des Pionniers«, die »Beiden Schildwachen«, den »General Grant«, »Mademoiselle Emma«, »Brigham Young und seine Frau«, die »drei Grazien«, den »Bär« und andere, welche alle wahrhafte vegetabilische Phänomene darstellen. Auf dem an seiner Basis durchsägten Stamme eines dieser Bäume ist ein Kiosk errichtet worden, in dem sechzehn bis zwanzig Personen bequem Quadrille tanzen konnten. Der Riese aller Riesen aber befindet sich inmitten eines, den Vereinigten Staaten gehörigen Waldes, etwa fünfzehn Meilen von Murphy entfernt, das ist der »Vater des Waldes«, ein gegen viertausend Jahre alter Mammuthbaum; er erhebt sich vom Boden vierhundertzweiundfünfzig Fuß, höher als das Kreuz der Peterskirche in Rom, höher als die große Pyramide von Gizeh, und höher endlich als der eiserne Glockenthurm, der jetzt von dem einen der beiden Thürme der Kathedrale von Rouen emporsteigt und gegenwärtig als das höchste Bauwerk der Welt gilt.
Wie erwähnt, fand sich hier eine Gruppe von etwa zwanzig dieser Kolosse, von der Laune der Natur an
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