Die Schule der Robinsons
Genugthuung, ein tüchtiges Feuer aufflammen zu sehen, ohne daß der Rauch davon das Innere des Will-Tree verpestete.
Er hatte sehr recht daran gehandelt, diese Einrichtung zu treffen, und noch mehr recht, sich mit der Vollendung derselben zu beeilen.
Vom 3. bis zum 10. November nahm ein wahrer Platzregen gar kein Ende. Das Feuer unter freiem Himmel zu erhalten, wäre ganz unmöglich gewesen. Während dieser traurigen Tage mußten Alle in der Wohnung bleiben; nur die dringendsten Obliegenheiten, wie die Besorgung des Federviehs und der anderen Hausthiere, erforderten einen kurzen Ausgang.
Unter diesen Umständen fing der Vorrath von Camas an auszugehen. Gerade diese Wurzeln aber vertraten die Stelle des Brotes, und der Mangel derselben machte sich recht fühlbar.
Er machte die tollsten Sätze und Luftsprünge. (S. 173.)
Godfrey erklärte also Tartelett eines Tages, am 10. November, daß, wenn die Witterung sich einigermaßen aufklären sollte, er mit Carefinotu zur Einsammlung von Camas ausgehen werde. Tartelett, welcher sich niemals aufdrängte, einen Weg von zwei Meilen durch aufgeweichtes Wiesenland zu machen, übernahm es, das Haus während Godfreys Abwesenheit zu bewachen.
Im Laufe des Abends fing der Himmel an, sich von den schweren Wolken zu entlasten, welche der Westwind seit Anfang des Monats zusammengetrieben hatte; der Regen ließ ein wenig nach, und die Sonne sandte zur Zeit der Dämmerung noch einzelne freundliche Strahlen herab. Das gab Hoffnung, daß der folgende Tag sich etwas besser gestalten werde, wovon man sofort Nutzen ziehen wollte.
»Morgen, sagte Godfrey, brech’ ich früh morgens auf, und Carefinotu wird mich begleiten.
– Einverstanden!« erwiderte Tartelett.
Am Abend, nach Vollendung des Nachtessens, als der dunstfreie Himmel einige Sterne durchschimmern ließ, wollte der Schwarze seinen gewöhnlichen Posten draußen wieder einnehmen, den er während der vergangenen regnerischen Nächte hatte aufgeben müssen. Godfrey bemühte sich zwar, ihm zu verstehen zu geben, daß er besser thue, in der Wohnung zu bleiben, daß nichts eine strengere Bewachung erheische, da sich kein weiteres wildes Thier gezeigt hatte; doch Carefinotu bestand auf seiner Idee. Man mußte ihn eben gewähren lassen.
Am nächsten Morgen hatte es, wie Godfrey vorausgesehen, wirklich seit dem vorigen Tage nicht wieder geregnet, und als er gegen sieben Uhr den Will-Tree verließ, vergoldeten die ersten Strahlen der Sonne die dichten Kronen der Sequoias.
»Ich wünschte meiner Wege gehen zu können.« (S. 181.)
Carefinotu befand sich auf der Stelle, wo er die Nacht verbracht. Er wartete. Sofort nahmen Beide, wohl bewaffnet und mit Säcken versehen, von Tartelett Abschied und begaben sich nach dem Bache zu, an dessen linkem Ufer sie bis zu den Camabüschen hinwandern wollten.
Eine Stunde später waren sie ohne jedes gefährliche Rencontre an Ort und Stelle angelangt.
Schnell wurden die Wurzeln ausgezogen und zwar in solcher Menge, daß sie die zwei Säcke füllten. Das erforderte drei Stunden, so daß es etwa um elf Uhr Vormittags war, als Godfrey und sein Begleiter den Rückweg nach dem Will-Tree einschlugen.
Sie gingen nebeneinander, begnügten sich umherzublicken, da sie mit einander nicht sprechen konnten, und waren so an eine Biegung des kleinen Wasserlaufes gekommen, über welchen sich hier die Baumkronen in Form einer Laube von einem Ufer zum andern vereinigten, als Godfrey plötzlich stehen blieb.
Dieses Mal war er es, der Carefinotu ein unbewegliches Thier wies, das am Fuße eines Baumes stand, und dessen beide Augen in wahrhaft unheimlichem Glanze leuchteten.
»Ein Tiger!« rief er.
Er täuschte sich nicht. Es war ein sehr großer, auf den Hintertatzen stehender Tiger, der sich mit den Krallen an einen Baumstamm stützte und zum Sprunge bereit schien. – In einem Augenblick hatte Godfrey seinen Sack mit den Wurzeln fallen lassen. Die geladene Flinte glitt in seine rechte Hand, er spannte das Schloß, schlug an, zielte und gab Feuer.
»Hurrah! Hurrah!« rief er.
Dieses Mal war nicht daran zu zweifeln. Der von der Kugel getroffene Tiger hatte einen Satz nach rückwärts gemacht. Vielleicht war er aber doch nicht tödtlich verwundet, vielleicht konnte er, durch die Verletzung gereizt, nur desto wüthender hervorbrechen….
Godfrey hatte das Schloß in Ruhe gestellt, hielt aber immer einen zweiten Schuß für das Raubthier fertig.
Ehe Godfrey ihn davon zurückhalten konnte,
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