Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
dieser Nummer keine Ester. Mit wem spreche ich denn?«
»Das spielt keine Rolle. Ester Suurna, sie ist da nicht zu sprechen?«
»Nein«, sagte Anna Kristeva. »Und auch keine andere Ester. Sie haben die falsche Nummer gewählt.«
»Oh Scheiße«, sagte der Mann und legte auf.
Merkwürdig, dachte sie, als sie im Bett lag. Hier läuft man rum und wartet seit zwei Tagen, dass diese blöde Ester einen anruft, und das einzige, was passiert, ist, dass so ein Kerl anruft und von einer anderen Ester quatscht.
Und die Unruhe begann wieder, in ihr zu nagen.
Es sollte noch bis Montagmorgen dauern, dann erst ließ Ester Peerenkaas von sich hören. Dafür klang sie dann aber auch aufgekratzt wie ein verdammter Eichelhäher.
»Guten Morgen, meine Schöne. Ich habe dich doch wohl nicht geweckt?«
»Doch.«
»Ich bin erst gestern spät abends nach Hause gekommen. Da wollte ich dich nicht wecken. Wie geht es dir?«
»Habe es heute noch nicht überprüft«, erwiderte Anna Kristeva. »Wie spät ist es denn?«
»Halb acht. Ich muss gleich los zur Arbeit, aber ich dachte, ich sollte lieber erst einmal bei dir durchklingeln. Ich habe dich auf dem Anrufbeantworter gehört. Du bist also immer noch krank?«
Anna kam in halbsitzende Stellung hoch und spürte, dass sie auf keinen Fall schon wieder gesund war. Sie schob das Haar nach hinten, das an der Stirn und an den Wangen klebte, und packte den Hörer fester.
»Ja, ich bin immer noch krank. Es dauert bestimmt eine Woche, wie der Arzt prophezeit hat. Wo treibst du dich rum? Ich habe es mehrere Male versucht.«
»Ich weiß«, sagte Ester. »Ich war bei meinen Eltern in Willby, ich dachte, das hätte ich dir gesagt?«
»Nein, hast du nicht«, brummte Anna Kristeva.
»Na ja, ist ja auch egal. Du willst hören, wie es am Freitag gelaufen ist, nehme ich an?«
»Zum Beispiel, ja.«
»Ja, also, ich bin dann zum Schluss doch ins Keefer’s gegangen.«
»Wirklich?«
»Und er saß da.«
»Und?«
»Mit rotem Schlips und mit Eliot auf dem Tisch.«
Anna wartete. Plötzlich brach die Freundin am anderen Ende der Leitung in lautes Lachen aus.
»Tatsache ist, dass es richtig gut gelaufen ist. Ich habe ihn übernommen.«
»Was?«
»Ich habe ihn übernommen. Ich hatte keine Lust, ihn von dir zu grüßen. Habe stattdessen zwei Stunden lang mit ihm gegessen. Du kriegst meinen Piloten dafür.«
»Deinen Piloten?«, wiederholte Anna ungläubig und nieste in den Hörer.
»Gesundheit. Ja, natürlich, er hat ein Haus in Griechenland, das wird dir gefallen. Wir tauschen ganz einfach.«
»Das geht doch nicht. Du kannst doch nicht einfach…«
»Natürlich geht das«, zwitscherte Ester vergnügt in den Hörer. »Warum sollte das nicht gehen? Es ist alles schon geregelt, da gibt es kein Zurück mehr.«
Anna Kristeva fühlte, wie etwas, das entweder Fieber oder Wut war – oder eine Mischung von beidem –, langsam in ihr aufstieg.
»Was zum Teufel meinst du damit?«, fauchte sie. »Du kannst doch wohl nicht so mir nichts, dir nichts meinen Kerl übernehmen, dem du doch nur ausrichten solltest, dass ich nicht kommen kann. Das ist ja eine nette Art, mir einen Gefallen zu tun und…«
»Ja, sicher«, unterbrach Ester sie. »Aber nun ist es einmal so gelaufen. Meine Kollegin ist Freitag auch noch krank geworden, deshalb hatte ich niemanden, mit dem ich ins Kino gehen konnte. Da fand ich es viel einfacher, wenn ich den Kerl mal teste. Worüber regst du dich eigentlich so auf? Es spielt doch keine Rolle, es ist nicht mehr zu ändern, und außerdem kriegst du meinen Piloten…«
»Ich will deinen blöden Piloten nicht!«
»Warum denn nicht? Es ist doch nichts Schlechtes an einem Piloten dran. Nun reiß dich mal zusammen!«
Anna saß eine Weile schweigend da und versuchte, ein weiteres Niesen zurückzuhalten. Es gelang ihr nicht.
»Gesundheit«, wiederholte Ester. »Es lässt sich nicht mehr rückgängig machen, das kapierst du doch wohl. Er hat ja keine Ahnung, dass wir uns zu zweit auf die Pirsch machen. Und ich glaube nicht, dass er es schätzen würde, wenn nächstes Mal eine ganz andere Frau auftaucht… nimm es nicht persönlich, aber wir sind nun mal keine Zwillinge.«
»Und wann ist nächstes Mal?«, fragte Anna.
»Das zieht sich hin. Wenn du es eilig hast, hast du sowieso nichts verloren. Er ist bis Weihnachten beschäftigt, dann fahre ich für zwei Wochen weg. Ich werde ihn nicht vor Januar wiedersehen.«
»Januar?«
»Ja. Ich verstehe nicht, warum du so sauer bist. Wenn ich
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