Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
einer der Säulen vor dem Universitätsgebäude gewartet hatte. Wie sie ihren Platz verlassen hatte, kurz nachdem deFraan die Treppe hinuntergegangen war. Wie sie durch Wind und Wetter hinter ihm hergegangen und ins gleiche Restaurant geschlüpft war.
Und wie sie das Lokal nur wenige Sekunden nach ihm wieder verlassen hatte.
Konnte das ein Zufall sein?
Niemals, dachte er.
Nie im Leben.
Außer ihm gab es noch jemanden, der an Professor deFraans Tun und Treiben an diesem düsteren Februarabend interessiert war. So viel stand fest.
Aber eine muslimische, verschleierte Frau?
Die einen Professor der englischen Literatur beschattete?
Das erschien doch gelinde gesagt ziemlich bizarr. Van Veeteren blieb noch eine Weile sitzen, rauchte und trank ein Glas Eiswasser. Dann bezahlte er ohne Hast und beschloss, ein weiteres Gespräch mit Winnifred Lynch zu führen, sobald er zu Hause war.
Vielleicht auch eines mit einem Repräsentanten der ordinären Maardamer Bluthundetruppe.
Denn auch wenn das Gebräu nicht direkt wie erwartet reagiert hatte, so schien es in ihm mehr Zutaten zu geben, als er geahnt hatte.
46
Kriminalkommissar Münster betrachtete den Bauch seiner Ehefrau.
Etwas Schöneres hatte er noch nie gesehen. Doch, vielleicht früher zweimal, als sie mit Bart und Marieke schwanger war. Aber das war Jahre her.
»Ich bin ein blödes Flusspferd«, seufzte Synn. »Nur nicht so gelenkig.«
»Papperlapapp«, widersprach Münster. »Du bist so schön, dass ich fast wünschte, du würdest immer in diesem Zustand sein.«
Sie warf ihm ein Kissen an den Kopf, rollte sich zur Seite und stieg aus dem Bett.
»Das ist ja wohl die Höhe«, sagte sie, »wenn das hier kein Nobelpreisträger wird, dann werde ich nie sagen, dass es die Mühe wert war.«
»Es sind doch nur noch zwei Monate übrig«, tröstete Münster sie und stand auch auf. »Dann werde ich mich um alles kümmern.«
»Um das Stillen auch?«, fragte Synn verwundert.
»Sure«, versprach Münster großzügig und begann, sie zu küssen. »Wie macht man das eigentlich? Ich habe es fast vergessen.«
Sie lachte. Umarmte ihn und spielte mit seiner Zunge.
»Aber ehrlich gesagt mag ich es auch«, murmelte sie. »Und dass es so schön ist, sich zu lieben, wenn man in dem Zustand ist… das ist doch merkwürdig, oder? Das kann doch wohl kaum einen biologischen Grund haben.«
»Es gibt immer einen Grund, um zu lieben«, sagte Münster. »Das ist das Natürlichste auf der Welt, biologisch hin oder her… aber ich fürchte, ich muss jetzt zur Arbeit.«
»Musst du?«
»Ich fürchte, ja. Aber zweimal hintereinander an einem ganz normalen Morgen, das ist auch nicht schlecht… Ist das wirklich dein Ernst?«
Synn schaute auf die Uhr.
»Meine Güte! Sind die Kinder schon wach? Die schaffen es doch nie und nimmer rechtzeitig in die Schule.«
»Ach, lass sie doch«, beruhigte Münster sie. »Als ich jung war, bin ich auch mal zu spät in die Schule gekommen, daran erinnere ich mich noch genau.«
Im Auto auf dem Weg zum Polizeipräsidium kam ihm der Gedanke, dass er noch nie in seinem Leben so glücklich gewesen war.
Und das nicht nur an diesem Morgen. Es waren die Tage, die Wochen, die ganze Zeit. Er hatte es bereits in sein gelbes Notizbuch geschrieben, in dem er die schönsten und die schlimmsten Perioden seines Lebens notierte. Natürlich war es schwer, das Heute gegen das Gestern in die Waagschale zu werfen, die Zeiten zu vergleichen, aber das war auch nicht nötig. Ein Glück konkurrierte nicht mit dem anderen, das hatte er gelernt. Das Wichtigste war, dass es anhielt und dass er ernsthaft, absolut ernsthaft zu glauben begann, dass es sein Leben lang halten würde.
Er und Synn. Und die Kinder. Marieke und Bart, und noch eins, von dem er bis jetzt weder Geschlecht noch Namen wusste.
Dieses gute, tiefer liegende Gefühl, das war das Neue. Er würde nie wieder nach einer anderen Frau suchen müssen. Synn würde sich nie einen anderen Mann als ihn besorgen. In dreißig Jahren oder so würden sie nebeneinander auf ihren Liegestühlen am Strand sitzen und zurückdenken. Einander fest an den faltigen Händen halten, eine Million an Details, Episoden und Gedanken erinnern, die ihr Leben miteinander verwoben hatten… und in die Sonne blicken, die langsam hinter dem Horizont versank.
Ich bin doch ein verdammt romantisches Weichherz, dachte Münster und fuhr in die Garage des Polizeipräsidiums. Aber das ist mir scheißegal.
Die Bilder von Synn, der Familie und der
Weitere Kostenlose Bücher