Die schwarze Hand des Todes
Landrover des Rangers zu, der in der Nähe von Coopers Wägen stand.
»Sind denn bekannte Gesichter unter den Leuten, die da abends zu der Farm kommen?«, fragte Cooper.
»Ach, ein oder zwei Fahrzeuge sind vermutlich von hier. Die meisten kenne ich nicht.«
»War ein weißer Lieferwagen dabei?«
Der junge Ranger nickte. »Ein Ford Transit? So gut wie schrottreif? Die vordere Stoßstange mit Paketschnur festgebunden?«
»Ja, genau.«
»Den kenne ich. Das ist der Rattenmann.«
»Haben Sie ihn auf der Farm gesehen?«
»Mehrmals. Er kommt viel herum.«
Owen Fox und ein uniformierter Beamter traten plaudernd aus der Polizeistation und blieben auf der Treppe stehen. Beim Anblick von Mark huschte ein Schatten über Owens Gesicht.
»Danke für die Mitteilung, Mark«, sagte Cooper.
Mark hielt ihn zurück. »Es wäre mir lieber, wenn niemand erfahrt, von wem Sie das wissen«, sagte er.
»Warum?«
»Ich muss hier weiter leben und arbeiten. Wenn die Leute mich für einen Polizeispitzel halten, bin ich bei ihnen unten durch, ganz egal, ob sie was angestellt haben oder nicht.«
Zuerst wollte Diane Fry einen Anruf erledigen. Die Nummer von Catherine Dyson war in den Akten vermerkt. Maggie Crews Schwester lebte in der südirischen Provinz Cork.
»Ja, ich weiß, Maggie hat enorme Schwierigkeiten, sich zu erinnern«, sagte Catherine auf Frys Eingangsfrage. »Ich schätze, je mehr man sie unter Druck setzt, desto tiefer begräbt sie die Erinnerungen. Das läuft mittlerweile ganz automatisch. Sie verdrängt die Dinge instinktiv, statt sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen.«
»Seit der Attacke leidet sie unter partiellem Gedächtnisschwund«, sagte Fry. »Laut Auskunft der Ärzte wird die Erinnerung an die Stunden unmittelbar vor und nach dem Vorfall wohl nie mehr zurückkehren.«
»Wenn sie das sagen … Aber Mags hat immer Angst vor Erinnerungen gehabt. Dagegen hat sie einen richtigen Abwehrmechanismus entwickelt. Ihre Erinnerungen sind fester unter Verschluss als das Gold von Fort Knox. Manchmal bin ich mir nicht mal mehr sicher, ob sie noch weiß, wer ich bin.«
Catherines Stimme klang ähnlich wie die ihrer Schwester, nur sanfter und wärmer. Aus den Vokalen war sogar ein leichter irischer Akzent herauszuhören. Vor ihrem inneren Auge sah Fry ein Fischerdorf am Atlantik, mit einem weiß getünchten Cottage auf einem sonnigen Hügel, und Catherine Dyson am Fenster in einem Lehnstuhl, eine Katze auf dem Schoß. Fry stellte sie sich behäbig vor: der Leib von vier Geburten schwer geworden, die Tage ausgefüllt mit Waschen und Bügeln, Backen und Gartenarbeit. Eine Frau, die nichts mit Maggie Crew gemein hatte. Eine glückliche Frau.
»Denken Sie dabei an irgendwelche bestimmten Erinnerungen aus der Vergangenheit Ihrer Schwester?«, fragte Fry. »Abgesehen von der Attacke, meine ich?«
»Ja, natürlich«, sagte Catherine. »Ich denke vor allem an ihre Tochter.«
24
Der Wünschelrutengänger arbeitete sich methodisch durch den Saum des Birkengehölzes, den Blick fest auf den gegabelten Zweig geheftet, mit dem er sich wie an der Schnur gezogen den Weg ertastete. Ein ums andere Mal schlug der Zweig aus; dann blieb der Mann stehen und scharrte mit der Stiefelspitze in der Erde herum. Er sah jämmerlich verfroren und trostlos aus.
Diane Fry hatte die neueste Ausgabe der Eden Valley Times dabei. Bei Redaktionsschluss hatte der Bericht von der Attacke auf Karen Tavisker offensichtlich noch nicht vorgelegen; dafür brachten sie eine dreiseitige Reportage über eine öffentliche Versammlung und eine Protestkundgebung vor dem Rathaus und wärmten die alten Schoten über Jenny Weston und Maggie Crew wieder auf, ohne dass etwas Vernünftiges dabei herauskam. Ein Foto zeigte Jepson und Tailby mit schuldbewussten Mienen inmitten einer Menge, die auf Transparenten verkündete: »Wir wollen Taten sehen!«
Ein Artikel mit dem Titel »Der Sabbat-Schlächter?« stellte einen mehr als spekulativen Zusammenhang zwischen der Legende von den Neun Jungfrauen, die für ihren Tanz am Sabbat versteinert worden waren, und den Angriffen auf Crew und Weston her, die beide an einem Sonntag erfolgt waren. Es sei nicht auszuschließen, so der Tenor, dass hier ein religiöser Fanatiker am Werk sei und Frauen bestrafen wolle, die sich am Tag des Herrn weltlichen Vergnügungen hingaben. Als Theorie ein gefundenes Fressen für die Boulevardpresse, letztlich jedoch bar jeder Substanz, auch wenn man Ermittlungsbeamte in Augenblicken
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