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Die schwarze Hand des Todes

Titel: Die schwarze Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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schuldbewussten Eindruck«, sagte Fry.
    »Oh, das kann sie gut – die Schuld abwälzen. Dass sie es letztlich zu nichts gebracht hat, liegt nicht an ihr, sondern immer an anderen: an ihren Lehrern, ihren Kollegen, an unseren Eltern, an mir. Und an ihren Freunden, falls noch welche übrig sind. Sie hat es einem nie leicht gemacht, sie zu mögen, aber mit der Zeit wurde sie so kratzbürstig, dass die Leute lieber ganz die Finger von ihr ließen.«
    »Und ihre Tochter? Fühlt sie sich ihretwegen schuldig?«
    »Na, was meinen Sie wohl?«, entgegnete Catherine leichthin. Und mit diesem einen Satz erschloss sich für Fry der ganze Hintergrund des Lebens von Maggies Schwester – all die Kinder, die ihr am Rockzipfel hingen und ihr stolz ihre neuesten Schätze zur Begutachtung brachten. Jedes einzelne Kind eine Miniaturreplik von Catherine. Und jedes einzelne Kind, von Geburt an, Salz in Maggies Wunden. Wie hatte sie neulich im Derwent Court gesagt? »Vielleicht wache ich eines Tages auf und stelle fest, dass ich doch einen Mutterinstinkt habe.«
    »Mags hat bestimmt viel über ihre Tochter nachgedacht«, sagte Catherine. »Wie sie sich wohl entwickelt hat und wo sie jetzt ist. Und ob sie sich je nach ihrer leiblichen Mutter erkundigt hat.«
    »Wahrscheinlich hat Maggie sich auch die Frage gestellt, wie es wäre, mit einer Tochter zu leben und nicht so ganz allein?«, sagte Fry.
    »Genau. Und dafür kann sie niemand anderem die Schuld geben. Nur sich selbst.«
    Fry schwieg einen Augenblick lang. Ihr Bild von Maggie Crew hatte sich verändert; in der düsteren Wohnung im Derwent Court hing mehr Tragik, als sie bisher wahrgenommen hatte.
    Catherine Dyson brach nun ihrerseits das Schweigen mit einer Frage, deren Unverblümtheit Diane Fry überraschte.
    »Haben Sie meine Schwester in letzter Zeit häufiger gesehen?«
    »Doch, schon«, sagte Fry. »Sie wissen ja, in welchem Zusammenhang?«
    »Natürlich. Es gehört zu Ihrem Job, das ist mir klar. Aber …«
    »Ja?«
    »Ihre Stimme verrät mir nichts«, sagte Catherine, »aber dürfte ich Sie fragen, wie alt Sie sind?«
    »Was um Himmels willen spielt das für eine Rolle?«
    »Oh, schon gut«, sagte Catherine hastig. »Es spielt sicher überhaupt keine Rolle.«
     
    Die Kanzlei Quigley, Coleman & Crew lag in der Peveril Street. Im Empfang saß eine künstlich sonnengebräunte Blondine hinter einem Tresen mit Rauchglasverkleidung. Sie würdigte Diane Frys Dienstausweis keines Blickes und betrachtete stattdessen in Muße den Terminkalender, der vor ihr auf dem Schreibtisch lag.
    »Es tut mir Leid, aber Ms Crew ist nicht zu sprechen.«
    »Was?« Fry erstarrte. Ursprünglich hatte sie ja absagen wollen, aber sie war einfach nicht dazu gekommen. »Was soll das heißen? Wir waren verabredet.«
    Die Empfangsdame ließ den Blick über den Terminkalender hinweggleiten. »Ich bedauere, aber es ist ihr wohl etwas dazwischen gekommen.«
    Ihre Miene sprach Bände. Eine Besucherin, deren Termin in letzter Minute abgesagt wurde, ohne sie zu benachrichtigen, musste ein sehr unbedeutendes Licht sein.
    »Hat sie einen Grund angegeben?«, fragte Fry.
    »Nein, tut mir Leid.«
    »Wo ist sie im Augenblick?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Können Sie ihr dann wenigstens etwas ausrichten?«
    »Ich denke schon.«
    Fry lehnte sich über den Schreibtisch. »Nur einen Satz: ›Was ist, wenn er auch mit Jenny noch nicht genug hatte?««
    Das Mädchen wurde nervös. »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Nicht notwendig. Schreiben Sie es einfach auf und legen Sie es Ihrer Chefin hin.«
    »Ich glaube, Sie sollten lieber gehen.«
    »Sobald Sie es aufgeschrieben haben.«
    Das Mädchen notierte den Satz auf einem Zettel. Ihre Hand zitterte leicht. »So. Ich gebe ihn Ms Crew, wenn sie in die Kanzlei kommt.«
    »Tun Sie das. Und sagen Sie ihr, sie soll mich anrufen, aber sofort.«
    »Ich muss Sie jetzt wirklich bitten zu gehen.«
    »Sie wissen, dass ich von der Polizei bin?«
    »Ja. Aber deshalb muss ich mich noch lange nicht von Ihnen belästigen lassen.«
    »Sie haben keine Ahnung, was Belästigung ist. Noch nicht.«
     
    Fry fuhr auf direktem Weg zum Derwent Court. Wie erwartet, erfolgte auf ihr Klingeln keine Antwort. Also versuchte sie es nebenan und stellte sich einer Dame namens Mrs Dean vor, die gern bereit schien, sich mit ihr über Maggie Crew zu unterhalten.
    »Ich weiß nicht, wo sie heute ist«, sagte sie. »Ich dachte, sie hätte wieder angefangen, in ihrer Kanzlei zu arbeiten.«
    »Hat sie

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