Die schwarze Hand des Todes
gestriegelt, ein schönes Tier.«
»Sie waren damit auf der Ausstellung in Bakewell.«
»Und haben einen Preis gewonnen.«
»Sie haben sich ja so gefreut«, sagte sie mit kippender Stimme, als ob sie die Kontrolle darüber verloren hätte. Sie wischte sich mit dem Taschentuch an den Lippen herum.
»Sie müssen sehr stolz auf sie sein.«
Mrs Leach nickte.
»Und jetzt sind sie sicher noch in der Schule«, sagte Cooper.
Sie nuschelte etwas in das Taschentuch, vermutlich ein Ja.
»Wie alt sind die zwei?«
»Sechs und neun – ach nein, zehn.«
»Dann gehen sie noch auf die Grundschule in Cargreave?«, fragte er.
Sie nickte.
»Dann kommt Will ja wohl im nächsten Jahr auf die weiterführende Schule. Zu welchem Einzugsbereich gehören Sie hier? Matlock oder Bakewell?«
»Das weiß ich gar nicht.«
Cooper warf einen Blick zu Fry hinüber, die ungeduldig am Tor wartete und angewidert den verdreckten Hof betrachtete. Es war nur der Lehm, den die Kühe, die zum Melken von der nassen Weide gekommen waren, mit den Hufen hereingetragen hatten. Normalerweise hätte er längst beseitigt sein müssen. Ansonsten machte die Ringham Edge Farm einen durchaus gepflegten Eindruck. Haus und Wirtschaftsgebäude waren in gutem Zustand, der Traktor, den er in der Scheune sah, noch fast neu. Aber daneben stand der ausgebrannte Pick-up, und der Lehm im Hof war seit Tagen nicht mit dem Schlauch weggespritzt worden.
»Ist bei Ihnen alles in Ordnung, Mrs Leach? Keine Probleme?«
Yvonne Leach lachte und sah ihn erstaunt an. »Was wollen Sie eigentlich von mir?«, sagte sie.
»Wir versuchen, den Weg zurückzuverfolgen, den die Frau genommen hat, die gestern im Moor ermordet wurde. Sie könnte hier bei Ihnen vorbeigekommen sein.«
»Ach?« Sie schlug die Hand vor den Mund, vielleicht so, als ob sie ein Lächeln verbergen wollte. Aber Cooper konnte ihre Miene nicht deuten. Ihre Augen jedenfalls lächelten nicht. Er beschrieb ihr Jenny Weston. Er zeigte ihr das Foto. Sie nahm es in die Hand und sah es sich lange an. Als sie es ihm zurückgab, war der Rand mit Lippenstift verschmiert.
»Nein, nein«, sagte sie. »Die hab’ ich noch nie gesehen.«
»Haben Sie gestern Nachmittag sonst jemanden bemerkt?«
»Hier kommen dauernd irgendwelche Leute durch. Das ist ein öffentlicher Weg da drüben. Solange sie uns in Frieden lassen, kümmern wir uns nicht um sie.«
»Gestern waren bestimmt nicht so viele Wanderer unterwegs.«
»Stimmt, es war ein ruhiger Tag.«
»Wenn es so ruhig war, wäre Ihnen ein Fremder doch sicher aufgefallen.«
Yvonne Leach schien das Interesse an dem Gespräch zu verlieren. Oder sie war mit ihren Gedanken woanders. »Sie war die Zweite. Vor ein paar Wochen ist so was doch schon mal passiert.«
»Ja, das erste Opfer wurde vermutlich bei den Katzensteinen überfallen. Oben beim Turm.«
»Ich habe sie nämlich gefunden, wissen Sie. Die Erste.«
»Ja, ich weiß.«
»Sie war fürchterlich zugerichtet. Welcher Mensch ist bloß zu so was fähig?«
»Wenn wir das wüssten.«
»War es wieder der gleiche Täter?«, fragte sie, und wieder hielt sie sich den Mund zu; diesmal mit beiden Händen, als müsse sie ihn unter Kontrolle halten.
»Das können wir leider noch nicht sagen«, antwortete Cooper.
Er sah, dass sie sich die Reste des Lippenstiftes vom Mund gerieben hatte. Nachdem er sich verabschiedet hatte, drehte er sich noch einmal um. Yvonne Leach faltete das Taschentuch zusammen und tupfte hektisch auf ihren Lippen herum.
Cooper war überzeugt, dass die Frau in Nöten steckte, doch was sollte er tun? Natürlich könnte er Warren Leach auf die schlechte Verfassung seiner Frau ansprechen, aber er glaubte kaum, dass ihm der Mann zuhören würde. Oder er wandte sich an die Sozialfürsorge. Aber was konnte er groß sagen? Dass er um das Wohl der beiden Jungen besorgt war? Bestimmt gab es wesentlich dringendere Fälle, um die sich die Sozialarbeiter kümmern mussten. Sie waren so überlastet, dass sie immer erst eingreifen konnten, wenn das Unglück schon geschehen war. Wenn es zu spät war.
Aber Ben Cooper verstand das. Bei der Polizei war es auch nicht anders.
Diane Fry genoss es, dass Cooper ausnahmsweise mal den Mund hielt. Insgeheim war sie überzeugt, dass sie mit diesem Auftrag nur ihre Zeit verschwendeten. Es würden sich keine Spuren ergeben, indem man durch die Landschaft stapfte. Zwischen Jenny Westons Tod und der vorhergegangenen Messerattacke musste es eine Verbindung geben – die Katzensteine,
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