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Die schwarze Hand des Todes

Titel: Die schwarze Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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ist Baumkunst«, antwortete Hitchens. »Bevington hat selbst geschriebene Gedichte an die Windspiele geklebt. Dadurch soll eine Stimmung des Friedens und der Harmonie entstehen. Wollen Sie es sich mal aus der Nähe ansehen?«
    »Nein, danke. Zu viel Harmonie bekommt mir nicht.«
    Tailby starrte auf den Wagen hinunter. Cooper hatte das Gefühl, dass Cal sich sehr beherrschen musste, um nicht zu ihnen hinaufzusehen.
    »Können wir sie als Tatverdächtige ausschließen?«, fragte Tailby.
    »Offenbar gibt es keinerlei Verbindung zum Opfer und auch kein erkennbares Motiv. Niemand hat sie am Tatort gesehen.«
    »Was ist mit ihren Schuhen?«
    »Ich habe schon einen Blick darauf geworfen«, sagte Cooper. »Calvin Lawrence trägt Turnschuhe, Bevington trägt Doc Martens. Keine Übereinstimmung mit dem Teilabdruck, den wir gefunden haben.«
    »Vielleicht haben sie ihre Stiefel im Wägen. Sie sehen zwar nicht gerade so aus, als ob sie im Geld schwimmen, aber trotzdem könnten sie mehr als nur ein Paar Schuhe besitzen.«
    »Um in dem VW-Bus nachzusehen, bräuchten wir einen Durchsuchungsbefehl. Aber es besteht kein hinreichender Tatverdacht.«
    Stride streckte sich rücklings auf dem Felsen aus, so dass sein Mantel aufsprang, legte den Kopf nach hinten und sah zum Himmel hinauf. Seine Hände ruhten neben seinen Augen, aber seine Finger bewegten sich nicht. Der Rauch der Selbstgedrehten stieg gut einen halben Meter senkrecht empor, wurde vom Wind erfasst und verweht. Was auch immer er hoch über sich sah, veranlasste ihn, mit tiefer innerer Freude zu lächeln. Sein Lächeln kam so plötzlich, dass die Beamten nicht umhin konnten, ebenfalls zum Himmel zu sehen. Doch dort war nichts, nur die immer dunkler werdenden Wolken, die über das Moor hinwegzogen. Vielleicht würde es bald regnen.
    »Sie finden die Windspiele seltsam?«, fragte Hitchens. »Dann sollten Sie erst mal sehen, was Cooper gefunden hat.«
    Sie gingen um den Steinbruch herum, bis sie zu einer geschützten Stelle zwischen zwei Felsen kamen. Einer der Steine hatte eine flache Mulde, aus der Objekte aufragten, die man im ersten Augenblick für große Kerzen hätte halten können. Sie waren gut dreißig Zentimeter hoch und aus Wachs geformt. Alle hatten die gleiche, unverkennbare Form, einen langen, geraden Schaft, der mit Adern überzogen war, und einen geblähten, runden Kopf, der wie eine Kapuze aussah und oben ein kleines Loch hatte. Sie leuchteten in den unterschiedlichsten Farben – wirbelnde Rot- und Blautöne, Buttergelb, Braun und Grün in zarten Schattierungen, Schneeweiß mit goldenen Äderchen. Sie standen da wie Soldaten bei einer Parade, unverwandt zum Himmel gereckt.
    »Widerwärtig«, sagte Tailby.
    »Sie repräsentieren den Phallus«, erklärte Hitchens.
    »Ich sehe genau, was sie repräsentieren«, antwortete Tailby. »Und Phallus war nicht das Wort, das mir dabei in den Sinn kam.«
    »Wahrscheinlich war es eine Heidenarbeit, die Form so genau hinzukriegen. Ich spiele mit dem Gedanken, dieses Kunstwerk für den Turner-Preis zu nominieren.«
    »Und welchem Leonardo da Vinci haben wir diesen Schund zu verdanken?«
    »Calvin Lawrence. Er ist richtig stolz auf sein Werk. Den Felsen hier hat er Phallusfarm getauft.«
    »Das ist obszön.«
    »Aber gesetzwidrig ist es wohl nicht«, sagte Cooper.
    »Ich will das nicht sehen. Kommen Sie, gehen wir wieder zurück.«
    Als sie den Weg erreichten, tauchten auf der gegenüberliegenden Seite des Steinbruchs ein paar bunt gekleidete Frauen in Regenjacken und Leggings auf. Sie blickten einen Augenblick auf Cal und Stride hinunter, dann gingen sie an der Birke vorbei und sahen sich die Windspiele an.
    »Wo steckt Sergeant Fry?«, fragte Tailby. »War sie nicht vorhin hier?«
    »Sie hat mal wieder ein Gespräch mit Maggie Crew«, antwortete Hitchens.
    »Ach ja«, ächzte Tailby. Es klang eher wie ein Seufzer, als ob er sich kaum noch Hoffnungen machte, von Maggie Crew irgendetwas Brauchbares in Erfahrung zu bringen.
    Er starrte auf den VW-Bus und die beiden jungen Männer. »In einer halben Stunde muss ich eine Pressekonferenz geben«, sagte er schließlich. »Was soll ich den Reportern bloß sagen?«
    »Vielleicht, dass sie uns bei unserer Arbeit nicht in die Quere kommen sollen?«, schlug Hitchens vor.
    »Mir reicht’s«, sagte Tailby. »Gehen wir.«
    Man hörte die Frauen noch eine Weile miteinander reden. Doch als sie den Felsen mit der Phallusfarm erreichten, verstummten sie auf einen Schlag.
     
    In der West

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