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Die schwarze Hand des Todes

Titel: Die schwarze Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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analysieren. Sie wollten, dass ich Stempel, Keimwurzeln und Kelche sehe. Aber ich sah überall nur Wunder. Wunder des Lebens.«
    Er kam aus dem Farnkraut heraus, bückte sich und hob ein kleines Stückchen Quarz vom Boden auf. Er hielt es sanft in der Hand, als wäre es ein lebendes Wesen, das seine Berührung spürte.
    »Sehen Sie sich die Erde an. Sie ist so wunderschön, dass man sie streicheln möchte. Ihr Fell ist wie Samt. Aber sie ist ein wildes Tier, sie kann nicht gezähmt werden. Ein riesiges schlafendes Tier. Aber wer weiß? Vielleicht stellt sie sich ja auch nur schlafend. Dies ist ihr Körper.«
    Cooper schwieg und trat verlegen von einem Bein aufs andere. Er kam sich vor wie ein Mensch, der aus Versehen in den falschen Gottesdienst geraten ist und nicht weiß, was er machen soll, wenn alle anderen beten.
    »Die Tänzerinnen wissen das«, sagte Stride. »Die Tänzerinnen sind Teil ihres Körpers geworden.«
    Cooper glaubte, im Moor eine Bewegung wahrgenommen zu haben. Er sah genauer hin. Einen Augenblick lang wollte es ihm scheinen, als wären dort zwischen den Bäumen am Tatort Menschen zu sehen – graue Gestalten, die sich langsam aneinander vorbeibewegten und über die sandige Lichtung hinweg miteinander flüsterten. Doch dann erkannte er, dass es nur die Neun Jungfrauen waren. So eindringlich waren Strides Ausführungen gewesen, dass er sich hatte täuschen lassen.
    »Ich kann verstehen, warum unsere Vorfahren die Bäume als heilig verehrt haben«, sagte Stride. »Sie auch? Fühlen Sie es nicht, wenn Sie eine Kettensäge im Wald hören, wenn Sie einen Bagger sehen und heißen Asphalt riechen? Hören Sie ihn dann nicht, den stummen Schrei: ›Mord!‹? Begreifen Sie das?«
    Cooper runzelte die Stirn. Er bemühte sich wirklich, ihm zu folgen. »Ich verstehe, dass Sie Ihre eigene Wahrheit gefunden haben.«
    »Glauben Sie denen, die die Wahrheit suchen«, sagte Stride. Aber zweifeln Sie an denen, die behaupten, sie gefunden zu haben.«
     
    Als sie wieder im VW-Bus waren, schienen Strides Kräfte rapide wieder zu schwinden. Schlapp ließ er sich auf die Kissen sinken und streckte sich lang aus. Sein Atem ging stoßweise. Nach ein paar Minuten sagte er etwas, aber so leise, dass er kaum zu verstehen war:
    »Ich kann immer noch ihr Gesicht sehen.«
    Sein eigenes Gesicht lag im Schatten, unnatürlich zuckend im flackernden Kerzenlicht. Cooper war es zu heiß in dem klaustrophobisch engen Wagen. Teppiche und Decken behinderten seine Bewegungsfreiheit. Der Körpergeruch der ungewaschenen jungen Männer war nicht zu ertragen, und die Blechwände schienen immer näher zu rücken. Er sehnte sich nach frischer Luft.
    »Wessen Gesicht?«, fragte er.
    Aber Stride war nicht mehr da. Zwar lag sein Körper noch auf den Kissen, aber sein Geist war abwesend, vielleicht glitt er zusammen mit dem Turmfalken über das Moor. Völlige Erschöpfung hatte ihn übermannt, und als er den Satz noch einmal wiederholte, war es nicht mehr als ein Flüstern, und dieses Flüstern war nur für ihn allein bestimmt.
    »Ich kann immer noch ihr Gesicht sehen.«
    Owen und Cal waren bester Stimmung. Cooper hätte gern gewusst, worüber sich die beiden wohl in der Zwischenzeit unterhalten hatten. Aber vielleicht hatten sie sich auch einfach nur weiterhin gut gemeinte Bosheiten an den Kopf geworfen, während sie ihr Bier tranken. Nachdem Owen seine Dose geleert hatte, gingen sie nach draußen. Stride ließen sie zurück. Cal beäugte Cooper noch immer voller Argwohn.
    »Könnten Sie wirklich nicht in ein anderes Leben zurückkehren, Cal?«, fragte der Polizist.
    »Doch, klar. Wenn ich wollte. Ich könnte zu meinen alten Eltern, falls ich Lust hätte, mich mein ganzes Leben lang belehren zu lassen. Eine Freundin hatte ich auch mal. Aber wie soll ich sagen? Manchmal ist es eben besser, allein zu sein.«
    »Sie sind doch gar nicht allein.«
    »Sie meinen Stride? Stride sagt, es war Karma, dass wir uns getroffen haben. Sie wissen, ja? Dass das Schicksal einen für das belohnt, was man in einem früheren Leben gemacht hat?«
    »Er scheint sich mit Esoterik gut auszukennen.«
    »Er hat nicht den leisesten Schimmer«, sagte Cal.
    »Ach?«
    »Er hat sich bloß das eine oder andere aus Büchern angelesen. Aber das reicht ihm, um seinen inneren Frieden zu bewahren. Und dafür ist die Religion schließlich da. Woran auch immer er glaubt, es hilft ihm.«
    »So wie das aurische Ei?«
    »Ja, genau. Wenn er tatsächlich glaubt, dass es negative

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