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Die schwarze Kathedrale

Die schwarze Kathedrale

Titel: Die schwarze Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Palliser
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ja doch«, meinte der andere mit einem unangenehmen Lachen. »Es stinkt dort doch schon seit zwanzig Jahren.«
    »Was meinst du damit?« fragte der junge Mann ärgerlich. Ich glaubte in ihm einen der Kirchendiener wiederzuerkennen, den ich am Abend zuvor im Dom gesehen hatte.
    »Ich rede von dem, was jedem über die Domherren bekannt ist«, erwiderte der alte Mann mit dem Hut und zwinkerte bedeutungsvoll.
    »Du weißt ja nicht, was du da sagst«, antwortete der Mann, der von Gazzard gesprochen hatte. »Sie bewachen sich gegenseitig wie die Schießhunde. Wenn einer von ihnen irgendwas täte, was er nicht soll, würden die anderen ihn dafür aufknüpfen, ertränken und vierteilen.«
    »Natürlich beobachten sie sich gegenseitig«, meinte der erste alte Mann. »Aber sie erwischen sich nicht immer. Und wenn sie sich erwischen, verpfeifen sie sich auch nicht gleich gegenseitig.«
    »Da irrst du dich aber gewaltig! Einer gönnt dem anderen nichts, weil sie so zerstritten sind. Die einen sind die reinsten Papisten, mit ihrem Weihrauch und ihrem römischen Getue, und die anderen führen sich eher wie Methodisten auf als wie anständige Anglikaner.«
    »Das eine kann ich dir sagen«, versicherte der Mann mit dem Hut, »egal, ob sie nun Papisten sind oder gute englische Anglikaner oder sonst was für Protestanten, sie wissen alle, was gut für sie ist, nämlich die Schnauzen so tief wie möglich in den Futtertrog zu stecken.« Er lachte wieder und fügte hinzu: »Und es sind nicht nur ihre Schnauzen, für die sie so liebevoll sorgen.«
    »Du hast doch keine Ahnung«, knurrte der Kirchendiener. »Wenn einer von ihnen sich auch nur einen Pfennig unter den Nagel reißen würde, der ihm nicht zusteht, würden die anderen ihn rausschmeißen, bevor du auch nur piep sagen könntest.«
    »Stell dich doch nicht so dumm. Ich rede nicht von Pfennigen. Was hat es zum Beispiel mit dieser Sache mit der Schule auf sich?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Natürlich weißt du’s.«
    »Was hast du gehört?« wollte der Alte mit der Pfeife wissen. »Dasselbe wie du, nehme ich doch mal an. Über den Domherrn, über den schon immer gern geredet wurde.«
    Die beiden Alten brachen in ein rauhes Gelächter aus. Der Pfeifenraucher zog gedankenvoll an seiner Pfeife, dann stieß er den Rauch wieder aus und meinte: »Der Schuldirektor weiß in der Regel nicht mal, was für ein Wochentag ist.«
    »Außer am Sonntag, wenn der ›Red Lion‹ zu hat. Das ist der einzige Abend, an dem Appleton nicht in der Bar sitzt.«
    Der andere alte Mann grinste. »Darum kann Sheldrick schon so lange machen, was er will.«
    »Ihr solltet euch beide schämen, so ein Geschwätz zu verbreiten«, schimpfte der junge Mann.
    »Der Dekan würde seine Goldplomben dafür geben, wenn er sie loswerden könnte, und am liebsten würde er die Schule einfach schließen und die ganze Bande zum Teufel jagen«, behauptete der Mann mit dem Hut.
    »Das ist doch Blödsinn!« rief der Kirchendiener aus. »Die Kathedrale kommt doch nicht ohne die Schule aus.«
    »Ach so? Blödsinn ist das? Findet morgen früh vielleicht keine extra Konferenz statt wegen der ganzen Geschichte?«
    »Die Konferenz des Domkapitels, meinst du? Ja, natürlich, na und?«
    »Genau darum geht es doch. Nur daß der Dekan nicht so kann, wie er will.«
    »Und wieso soll er nicht können?«
    »Wegen dieses schlauen Teufels Slattery. Er hat alle Trümpfe in der Hand und tut, was er will. Und der Dekan kann nichts gegen ihn machen.«
    »Was meinst du damit? Der Dekan kann so ziemlich alles machen, was ihm in den Sinn kommt.«
    »Nur nicht gegen den Herrn Slattery. Weil der nämlich einen solchen Stunk machen würde, daß sie alle ersticken würden.«
    »Alles, was du redest, ist Unsinn«, rief der Kirchendiener aus.
    Der Alte mit dem Hut beachtete ihn nicht. »Gestern abend hat er anscheinend was aus Sheldricks Haus geklaut, aber bis jetzt kann ihm niemand was nachweisen.«
    »Was denn?« wollte der andere Alte wissen.
    Sein Saufkumpan zuckte die Achseln. »Etwas, das einen Riesenskandal geben würde, wenn es rauskäme, und worüber sie alle miteinander stolpern würden. Deshalb kann der Dekan ja nichts gegen ihn unternehmen, obwohl er ihn am liebsten davonjagen würde. Ihn samt seiner Frau.« Er sah von einem zum anderen und blinzelte so heftig, daß seine Gesichtszüge entgleisten. Der andere Alte lachte über den Witz.
    »Seine Frau? Was soll denn das nun wieder heißen?« fragte der junge Mann verächtlich.
    »Sei

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