Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
verstummen.
»Dies ist der einzige Weg hinein«, widersprach sie.
»Es muß doch noch eine andere Möglichkeit…«
Ihre Stimme schwankte. »Es gibt keinen anderen Weg hinein.
Keine Straßen, keine Wege. Nichts. Da gibt es nur dieses eiserne Tor, und sobald man die Straße verläßt, gibt es nur noch Gebüsch und dichtes Unterholz.«
Sie konnte nicht hinzusetzen: jungfräulich und dicht und voller Giftsumach.
Selbst wenn sie gerufen hätte, Ham hätte sie von hier aus nicht hören können.
Bell rüttelte am Tor. Es ließ ein leises, metallisches Rasseln hören, bewegte sich aber keinen Zentimeter. »Ich werde mich auf die Hupe setzen müssen – damit er weiß, daß wir hier sind.«
»Chris, ich glaube, du verstehst nicht.«
Sie war innerlich zu kalt, um sich zu bewegen, erfroren in der Hitze der Sonne. Ham war in Schwierigkeiten. Sie konnte es an der Farbe der Luft sehen, im Wogen der Eichen in der leichten Brise konnte sie es erkennen.
Irgend etwas – ein häßlicher, vernichtender Schlag, so ungerecht wie die Rachsucht eines brutalen Götzen – war dabei, Hamilton Speke auszulöschen.
35
Asquiths Gesicht war voller Blasen und Narben. Die Haut glitzerte und war übersät mit rostroten Flecken. Er sah aus wie ein Ketzer, der zu spät vom Scheiterhaufen gerettet worden war. Es schien, als habe der Körper gebrannt und sei gerade noch rechtzeitig vom Spieß genommen worden, bevor sich die Flammen endgültig in das Fleisch fressen konnten.
Sein Gebaren allerdings war leicht und locker, der Körper entspannt, und die eine Hand fiel leger auf die Rücklehne des Schreibtischstuhls. Alles in allem machte er ganz den Eindruck eines Mannes, der sich anschickt, zu seinen Studien zurückzukehren, oder eines Managers, der sich einen Untergebenen vorknöpfen will. Seine Augen waren klar, die alten Asquith-Augen, die Augen, die ihn auch von draußen her beobachtet hatten. Die Augen eines toten Mannes, der ohne jeden Zweifel sehr lebendig war.
Er bewegte sich nicht. Er sprach nicht. Du hast das Leben, aber ich habe die Magie, schien er zu sagen.
Wenn nichts passiert, dachte Speke sich zu seiner eigenen Überraschung, wenn nichts passiert, dann wird alles in Ordnung sein. Wenn wir beide so verharren, sogar auf ewig.
»Ich fühle mich gar nicht einmal unwohl«, sagte Asquith.
Seine geschliffene Aussprache kontrastierte auffallend mit der zerschundenen Maske seines Gesichts.
Speke erinnerte sich daran, daß er schweigen wollte. Worte mit dieser Erscheinung zu wechseln, das würde sich unweigerlich zu einem endlosen Streitgespräch ausweiten.
»Ich habe, und ich hoffe, du verzeihst mir, Codein und diverse andere Drogen aus deinem persönlichen Medikamenten-Schrank genommen. Sie wirken in der Tat sehr beruhigend. Aber eines muß von allem Anfang an zwischen uns klar sein.«
Speke tat nicht einen einzigen Schritt, und er schaute auch nicht einen Moment zur Seite. Solange ich mich nicht bewege oder etwas sage, erinnerte er sich, hat er keine Macht über mich.
»Das Messer«, sagte Asquith.
Speke verstärkte den Druck seiner Finger um den Griff des Küchengerätes. Aber schon diese winzige Reaktion war eine Schwächung seiner Position, ein Nachgeben. Stille und Schweigen sind meine Waffen, sagte er sich selbst. Das ist nicht der alte Asquith. Das hier ist etwas Neues, etwas jenseits aller Erfahrung.
»Du glaubst doch nicht wirklich, daß du es nötig haben könntest, oder?«
Speke bewegte sich nicht, obwohl der Geist in seinem Körper immer mehr in sich zusammensank. Asquith erspürte sich seinen Weg durch diesen Raum und mitten hinein in Spekes Seele.
Die blasige Maske, die von Asquiths Gesicht geblieben war, verzog sich einen Augenblick lang zu so etwas wie einem Lächeln. »Bestimmt glaubst du nicht, ich könnte etwas unternehmen, das dir weh tun würde.«
Unternimm nichts, befahl Speke sich selbst. Antworte ihm nicht.
Und doch – er mußte einfach die thespische Klarheit von Asquiths Rede bewundern, die präzise Diktion, die feste, klare Stimme des hervorragend ausgebildeten Schauspielers.
»Ich bin ein wenig wie Giselle, vom Tode erwacht, um die Nacht durchzutanzen. Ich wollte, auch ich hätte eine Waffe«, sagte Asquith fast träumerisch. »Ich konnte noch nie sicher abschätzen, wann du die Selbstbeherrschung verlierst.«
Keiner von beiden sprach, und Asquith schien das Schweigen um sich zu sammeln wie eine Abwehrwaffe. Irgendwann hob er die Hand an sein Gesicht und widerstand nur mit Mühe dem
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